Lexikon der Geowissenschaften: thematische Karte
thematische Karte, Themakarte, eine Karte, auf der Objekte oder Sachverhalte (Themen) nichttopographischer Art aus der natürlichen Umwelt und aus dem Wirtschafts- und Sozialbereich der menschlichen Gesellschaft abgebildet werden. Thematische Karten sind vereinzelt bereits im Altertum hergestellt worden, doch setzte ihre eigentliche Entwicklung erst im 18. Jh. ein (Edmund Halley: 1701 erste Isogonenkarte (Isolinien) für den Atlantischen Ozean, 1702 für die Weltmeere; Christopher Packe: 1743 geologische Karte von East Kent, England). Ein Markstein im deutschen Sprachraum war die Herausgabe des Physikalischen Atlasses, eines breit angelegten geowissenschaftlichen Kartenwerks, durch Heinrich Berghaus 1838-1848. Seit Beginn des 20. Jh., insbesondere aber seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist die Fülle thematischer Karten und Atlanten kaum mehr zu überblicken. Die thematischen Kartierungen erstrecken sich weltweit und erfassen die verschiedensten Zweck- und Fachgebiete. Thematische Karten dienen der Lösung vielfältigster Aufgaben in Bildung, Planung, Verwaltung und Marketing, in der Wissenschaft (insbesondere in den Geowissenschaften), in der Politik, im Verkehrswesen, im Militärwesen, im Tourismus usw. Dadurch, daß thematische Karten immer häufiger als Bildschirmkarten erzeugt und genutzt werden bzw. in Informations-, Auskunfts-, Navigations-, Lernsysteme usw. integriert sind, lassen sich die fachübergreifenden Anwendungsgebiete dieser Karten vielfach nicht eindeutig abgrenzen. Auch ist eine scharfe Trennung der thematischen von den vornehmlich orts- und lagebeschreibenden topographischen Karten nicht möglich, zumal im strengen Verständnis die topographischen Objekte (Topographie) gleichfalls ein „Thema” darstellen und zudem verschiedene Übergangsformen (z.B. Liegenschaftskarten (Liegenschaftskataster), Wanderkarten, Stadtpläne) existieren. Die Besonderheit thematischer Karten liegt u.a. darin, daß sie weit mehr als topographische Karten zum Zweck der Erkenntnis der in ihnen abgebildeten Darstellungsgegenstände, die zu einem großen Teil abstrakte raumbezogene Sachverhalte sind, bearbeitet und genutzt werden. Je nach thematischer Aussage, die in den Darstellungsgegenständen bzw. im Skalierungsniveau der Ausgangsdaten zum Ausdruck kommt, weisen sie selbst bei gleichen oder ähnlichen Maßstäben eine große kartographische Gestaltungsvielfalt auf (kartographische Darstellungsmethoden). Je nach Thema und Zweckbestimmung besitzen sie einen unterschiedlichen Grad geometrischer Genauigkeit, der mitunter nur raumtreu sein kann (Kartogramm). Als topographische bzw. geographische Lokalisierungsgrundlage und sachinhaltliche Bezugsbasis für den thematischen Karteninhalt wird jeweils eine geeignete Basiskarte verwendet. Entsprechend der Inhaltsstruktur thematischer Karten (Darstellungsschicht) können diese als analytische Darstellung (monothematische Darstellung), Komplexkarten (polythematische Darstellung) oder Synthesekarten gestaltet sein. Nach dem sachlichen Bezug kann die Modellierung der thematischen Informationen als quantitative Darstellung (Absolutwertdarstellung oder Relativwertdarstellung) und als qualitative Darstellung erfolgen. Letzterer sind auch die in den Geowissenschaften relativ häufigen Verbreitungskarten zuzuordnen. Bei der Bearbeitung der meisten thematischen Karten ist eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Vertreter des jeweiligen Fachgebietes und dem Kartographen unerläßlich (thematische Kartographie). In gleicher Weise trifft dies auf die thematische Generalisierung zu. Die gegenwärtig existierenden thematischen Karten weisen eine Vielfalt auf, die sich nach verschiedensten Gesichtspunkten systematisieren läßt. Der Kartenklassifikation kommt deshalb eine nicht geringe Bedeutung zu. Verbreitet ist vor allem die Gliederung thematischer Karten nach ihrem Inhalt bzw. Thema. Hier bilden die geowissenschaftlichen Karten neben den wirtschafts- und sozialgeographischen Karten, den Geschichtskarten u.a. eine bedeutende Gruppe. Von zunehmender Bedeutung ist die Gliederung thematischer Karten nach funktions- und tätigkeitsbezogenen Gesichtspunkten (Bildung und Lernen, Navigation und Orientierung, wissenschaftliche Information und Simulation, Planung usw.). Immer häufiger werden heute thematische Karten flexibel und hocheffizient im Rahmen von Geoinformationssystemen bzw. speziellen Fachinformationssystemen erzeugt und als Bildschirmkarten interaktiv genutzt. Die Möglichkeiten der kartographischen Animation werden dabei für die Wiedergabe von räumlichen und zeitlichen Entwicklungen ausgenutzt, wobei der Multimedia-Kartographie eine immer größere Rolle zukommt. Nicht zuletzt ist das Internet häufig sowohl Datenlieferant für die Herstellung thematischer Karten als auch eine Art Kartenarchiv, auf das kurzfristig zugegriffen werden kann (Internetkarte). [WGK]
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