Lexikon der Geowissenschaften: visuelle Assoziation
visuelle Assoziation, Verknüpfung zwischen Einheiten im Gedächtnis und über die visuelle Wahrnehmung aufgenommenen optischen Reizen. Der Begriff Assoziation läßt sich bis auf Aristoteles zurückführen, der als Urheber des Assoziatismus angesehen wird. Einheiten im Gedächtnis sind danach über Ähnlichkeit, Kontrast sowie zeitliche oder räumliche Kontiguität assoziiert. Assoziationen können dadurch entstehen, daß beginnend von einem Hinweisreiz eine Assoziationskette bis hin zum gesuchten Element aufgebaut wird. Neuere Gedächtnistheorien (Gedächtnis), die auf Gedächtnisrepräsentationen in Form semantischer Netze beruhen, knüpfen an diese Tradition an, erweitern jedoch den Begriff Assoziation. Danach sind Einheiten im Gedächtnis über Relationen miteinander verknüpft, die verschiedene Assoziationstypen darstellen und gerichtet sein können. Im Rahmen der Kartennutzung werden Zeichen gedanklich in visuelle Assoziationen und Analogien überführt. Visuelle Assoziationen entstehen immer dann, wenn in Zeichen visuell wahrnehmbare Merkmale von Gegenstandsbereichen graphisch reproduziert sind. Dies sind zum einen Grundrißformen von Objekten, denen in der Kartographie eine grundlegende Funktion zukommt, und zum anderen sind es Gegenstandsfarben, visuelle Oberflächenstrukturen und Aufrißformen. Visuelle Assoziationen führen bei der Wahrnehmung dieser Strukturen zur gedanklichen Reproduktion der entsprechenden Merkmale. Der zugehörige Gegenstandsbereich bzw. die entsprechende gedankliche Reproduktion von Begriffen und Sachverhalten ergibt sich in der Regel erst aus dem thematischen Gesamtkontext der Karte. Im Gegensatz zu dieser bei Assoziationen unmittelbaren gedanklichen Ableitung von Merkmalen können bei visuellen Analogien die aus Zeichen reproduzierten Merkmale nur mittelbar auf den abgebildeten Begriffs- oder Sachverhaltsbereich übertragen werden.
Vier grundlegende semantische Relationen können unterschieden werden, die den Zusammenhang zwischen Zeichen und der gedanklichen Reproduktion von in Zeichen repräsentierten Merkmalen beschreiben. Bei der ersten semantischen Relation, der ikonischen Referenz, werden bildhafte visuelle Ansichten von Gegenstandsbereichen reproduziert und dadurch visuelle Assoziationen hervorgerufen. Bei der symbolischen Referenz werden kulturell beständige oder bekannte Zeichen aus Gegenstandsbereichen reproduziert. Dieses sind beispielsweise Symbolfarben wie schwarz für Trauer oder geometrische Formen wie Kreuz für Christentum. Mit Hilfe der graphischen Zeichen kann dann gedanklich unmittelbar ein Begriff- oder Sachverhaltsbereich assoziiert werden. Konventionelle Referenzen ergeben sich aus fest definierten kartographischen Wert-Zeichen-Beziehungen, die allgemein oder in speziellen Bevölkerungsgruppen bekannt sind bzw. sich dort bewährt haben. Beispiel hierfür sind konventionelle und normierte Zeichen in der Geologie, Meteorologie oder in der Schiffahrt. Auch die konventionelle Referenz führt unmittelbar zu Assoziationen aus dem Gegenstandsbereich. Bei der vierten semantischen Relation, der offenen- oder abstrakten Referenz, können aus Zeichenstrukturen nur mittelbar, z.B. über eine zusätzliche sprachliche Erläuterung in der Legende oder über gedankliche Wertsysteme, visuelle Analogien zu Merkmalbereichen hergestellt werden. Bei der offenen Referenz werden keine Merkmale aus einem Gegenstandsbereich durch Zeichen reproduziert. Die Auswahl der Zeichen erfolgt häufig nach graphischen Aspekten, um beispielsweise optische Beziehungen in Zeichenreihen hervorzuheben. Bei der abstrakten Referenz werden in Zeichen abstrakte, nicht unmittelbar einem Gegenstandsbereich zugehörende Merkmale reproduziert. Diese Merkmale können gedanklich nur indirekt mit dem Gegenstandsbereich in Verbindung gebracht werden. [FH]
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