Lexikon der Geowissenschaften: Walter
Walter, Heinrich, deutscher Geobotaniker und Ökologe, * 21.10.1898 in Odessa, † 15.10.1989 in Stuttgart. Studium der Botanik und Zoologie in Tartu und Jena. Dozent in Heidelberg, 1927 Berufung nach Stuttgart als Leiter des Botanischen Instituts. 1945 folgte die Berufung nach Hohenheim bei Stuttgart, wo Walter an der Landwirtschaftlichen Hochschule den Lehrstuhl für Botanik bis zu seiner Emeritierung 1966 innehatte. 1969 wirkte er als Gastprofessor in Utah. Entscheidend für die wissenschaftlichen Leistungen Walters waren seine ausgedehnten Forschungsreisen in alle Teile der Welt. Walter verband vegetationskundliche Erhebungen mit ökologischen und klimatischen Meßmethoden. Dadurch erhellte er den Zusammenhang der Geoökofaktoren Wasser und Wärme mit der Physiologie der Pflanzen und der räumlichen Verteilung der Vegetation.
Die Quellung des Zellplasmas als Ausdruck des Wasserzustandes der Pflanze, der Hydratur, war Ausgangspunkt der ökophysiologischen Messungen Walters. Dazu entwickelte er eine kryoskopische Methode zur Bestimmung der Zellsaftkonzentration und befaßte sich mit dem Problem der Xerophyten. Seine vegetationsökologischen Untersuchungen fanden praktische Anwendung für die Farmwirtschaft in Namibia. Aus dem Zusammenhang zwischen Trockenheit, der Ausbildung der Vegetation und ihres Nährwertes erarbeitete Walter Nutzungsformen der Weidewirtschaft und des Ackerbaus in ariden Gebieten, die an das Naturraumpotential angepaßt sind. Die Darstellung von thermischen und hygrischen Jahreszeiten in Klimadiagrammen und deren Konsequenz auf die Vegetation ist ein Hauptbestandteil der wissenschaftlichen Leistungen Walters. Walter wandte diese Klimadiagramme als Grundlage für die ökologische Gliederung der ganzen Erde in Zonobiome und Zonoökotone (Ökoton) an. Die Analyse von Arealen, den Verbreitungsgebieten von Pflanzenarten, führte Walter zur Definition des Geoelements. Er beobachtete, daß Gruppen von Pflanzen kongruente Hauptverbreitungsgebiete haben und sich in regionaler Hinsicht deutlich von anderen Gruppen abheben. So bilden Pflanzen im westlichen Küstenbereichs Europas das atlantische Geoelement, die Pflanzen im Mittelmeergebiet das mediterrane Geoelement. Aus der Beobachtung, daß bei entsprechenden klimatischen und edaphischen Verhältnissen auch ein Geoelement aus einem fremden Gebiet auftreten kann, folgerte Walter das Gesetz der relativen Standortkonstanz. Das Geoelementspektrum, die prozentuale Aufschlüsselung der in einem Raum vorkommenden Geoelementvertreter, liefert einen Ansatzpunkt für die ökologische Raumbewertung. In seiner „Arealkunde” (1945, 1970) leistete Walter einen entscheidenden Beitrag an die ökologische Beschreibung der Vegetation nach den primären Standortfaktoren Wärme, Wasser, Licht, chemische und mechanische Einflußgrößen.
Die Forschungsreisen nach Australien und Neuseeland (1958/59), Afrika (1963) und Südamerika (1965/66, 1968) ermöglichten Walter die Herausgabe seines Hauptwerkes „Die Vegetation der Erde”. Werke (Auswahl): „Die Hydration und Hydratur des Protoplasmas der Pflanzen und ihre ökophysiologische Bedeutung”. Protoplasmatologia II, Wien – New York 1970 (1. Aufl. 1929). „Die Vegetation der Erde in ökophysiologischer Betrachtung. Band I: Die Tropischen und Subtropischen Zonen”, Jena 1962, 1973; „Band II: Die Gemäßigten und Arktischen Zonen”, Jena 1968. „Vegetation und Klimazonen”. Stuttgart 1970, 1973, 1977-1990. „Arealkunde (floristisch-historische Geobotanik)”. Stuttgart 1954, 1970. & Breckle, S.: „Ökologie der Erde – Geo-Biosphäre”. Stuttgart – New York 1968-1991. „Band I: Ökologische Probleme in globaler Sicht”, 1983, 1991; „Band II: Spezielle Ökologie der Tropischen und Subtropischen Zonen”, 1984; „Band III: Spezielle Ökologie der Gemäßigten und Arktischen Zonen Euro-Nordasiens”, 1986, 1994; „Band IV: Spezielle Ökologie der Gemäßigten und Arktischen Zonen außerhalb Euro-Nordasiens”, 1991. Neben Walters Publikationen in Buchform erschienen über 160 Beiträge in wissenschaftlichen Zeitschriften. [MSch]
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