Lexikon der Geowissenschaften: Wasserdruck-Test
Wasserdruck-Test, WD-Test, Wasserdruckversuch, Lugeon-Versuch, im Jahr 1933 von Lugeon erarbeiteter Versuch, bei dem Wasser in einem mit 1 oder 2 Packern abgedichteten Bohrlochabschnitt verpreßt wird. Der Versuch wird deshalb z.T. auch als Packertest bezeichnet. Sein Hauptanwendungsgebiet liegt in der Wasserdurchlässigkeitsmessung von Festgesteinen (z.B. für den Staudammbau). Die Auswertung erfolgt über während des Versuchs aufgezeichnete Kurven von aufgenommener Wassermenge und Verpreßdruck. Je nach Durchführung unterscheidet man Einfach- und Doppelpackertests sowie Ein- und Mehrstufentests.
Der Versuch wird in einem Bohrloch von 50-100 mm Durchmesser durchgeführt. Das Bohrloch muß dabei ganz oder zumindest im Bereich der Versuchsstrecke unverrohrt sein. Weiterhin ist ein mechanischer oder hydraulischer bzw. pneumatischer Einfach- oder Doppelpacker oder ein Packersystem zur Abdichtung des beprobten Bohrlochabschnittes nötig sowie bei hydraulischen bzw. pneumatischen Packern Flüssigkeit bzw. Druckluft zur Expansion des Packers. Zum Einpressen des Wassers verwendet man eine gleichmäßig arbeitende, d.h. druckstoßfreie Pumpe von für den Versuch ausreichender Stärke. Die Pumpe wird angeschlossen an Meßeinrichtungen zur Aufzeichnung der Einpreßraten und des Einpreßdruckes. Der Aufbau eines WD-Versuchs ist in Abbildung 1 dargestellt.
Der WD-Versuch kann prinzipiell nach drei verschiedenen Methoden durchgeführt werden. Die genauesten Ergebnisse liefert dabei die Methode des abschnittsweisen Bohrens. Dabei wird das Bohrloch jeweils bis zum Ende der Versuchsstrecke abgeteuft, nach oben hin mit einem Einfach-Packer abgedichtet und der WD-Test durchgeführt. Danach wird das Bohrloch weiter vertieft und die eben beschriebene Meßprozedur im neuen Meßabschnitt wiederholt ( Abb. 2a). Dies ist jedoch sehr aufwendig, da ständig Bohrgestänge und Versuchsgestänge ein- und ausgebaut werden müssen. Eine weitere Methode ist die Messung verschieden langer Bohrlochabschnitte im fertig erstellten Bohrloch, die nach oben ebenfalls mit Einfach-Packern abgedichtet sind ( Abb. 2b). Bei längeren Bohrlochabschnitten kann dabei jedoch schnell die Leistungsfähigkeit der Pumpe erreicht werden. Der Einsatz von Doppel-Packern ermöglicht dagegen die abschnittsweise Messung von komplett abgeteuften Bohrlöchern, da sie einen Bohrlochabschnitt sowohl nach oben als auch nach unten hin abdichten können ( Abb. 2c). Die Wahl eines Einfach- oder Doppelpackersystems hängt also von der Art der Versuchsdurchführung ab.
Relativ große Fehler werden neben den Wasserverlusten durch Undichtigkeiten ( Abb. 3a) am Packer durch sog. Umläufigkeiten erzeugt. Diese beschreiben den Effekt, daß das Wasser nicht nur radial in den Grundwasserleiter gepreßt wird, sondern über stärker durchlässige Trennflächen auch nach oben und unten am Packer vorbei strömen kann ( Abb. 3b). Dieser Effekt kann dadurch erkannt werden, daß man oberhalb des Packers den Wasserspiegel mißt und beim Auftreten von Umläufigkeiten die Anordnung des Packers ändert. Dies ist jedoch bei Doppelpacker-Systemen am unteren Packer nicht möglich und somit sind Umläufigkeiten auch nicht mehr zu kontrollieren. Eine gute Möglichkeit zur Verminderung der Umläufigkeitseffekte bietet der Einsatz von speziellen Packersystemen, bei denen mit mehreren Verpreßabschnitten gearbeitet wird. Der Testabschnitt wird dabei von einem oder zwei weiteren Verpreßabschnitten umgeben, so daß es nicht oder nur zu geringen Umläufigkeiten kommt, da kein Druckgefälle herrscht.
Die Wassermenge pro Zeiteinheit ist, anders als bei Pump- und Auffüllversuchen, eine Meßgröße und kein vorgegebener Wert, der eingehalten werden soll. Deswegen ist die manuelle Messung über Wasseruhren meist zu ungenau und zu umständlich. Die Aufzeichnung der Werte sollte mit Präzisionsmeßgeräten, zum Beispiel volumetrischen Trommelscheibenzählern (Impulse eines Wasserzählers werden in elektrische Signale umgewandelt) oder induktiven Durchflußmeßgeräten, automatisch erfolgen. Bei kleinen Raten ist eine Messung über eine Wasserspiegelabsenkung in einem Vorratsbehälter sinnvoll. Größere Probleme bereitet die Messung des Verpreßdruckes. Der Druck, mit dem das Wasser an der Oberfläche in das Bohrloch eingepreßt wird, entspricht nicht dem Wasserdruck im Verpreßabschnitt. Zu dem Einpreßdruck PM, der an der Oberfläche mit einem Manometer gemessen wird, addiert sich der hydrostatische Druck PH der im Bohrloch stehenden Wassersäule. Entgegen wirken der Druck einer eventuell vorhandenen Wassersäule im Grundwasserleiter PW sowie ein Druckabfall infolge von Umlenk- und Reibungsverlusten PR (Umlenkverluste im Druckschlauch zwischen Pumpe und Bohrloch, Reibungsverluste in Druckschlauch und Bohrlochgestänge, Energieverlust durch die Erweiterung des Fließquerschnitts an der Unterkante des Packers, Umlenk- und Einlaufverluste beim Eintritt des Wassers in den Grundwasserleiter). Der Druck in der Teststrecke PT setzt sich also folgendermaßen zusammen:
PT=PM+PH-PW-PR.
Eine Quantifizierung der einzelnen Komponenten und damit eine rechnerische Bestimmung von PT ist sehr aufwendig. Deshalb mißt man den Druck direkt im Verpreßabschnitt, wodurch alle Komponenten bis auf den Druckverlust beim Übertritt in den Grundwasserleiter berücksichtigt werden. Dies geht z.B. über den Einbau von Druckmessern mit elektrischer Fernübertragung direkt in den Testabschnitt, häufiger aber benutzt man eine sog. Druckluftwaage ( Abb. 4). Dazu wird ein dünnes Meßröhrchen über die Wasserzuleitung mit dem einen Ende bis in den Testabschnitt und dem anderen Ende in ein verschlossenes Beobachtungsglas an der Erdoberfläche eingebracht. In das Beobachtungsglas wird nun über eine Preßluftflasche soviel Luft in das Glas eingepreßt, bis kein Wasser mehr aus dem Meßröhrchen austritt, d.h. Wasserdruck und Luftdruck im Beobachtungsglas gleich groß sind. Dieser Druck wird von einem Druckschreiber aufgezeichnet. Die Druckverluste, die durch das Meßröhrchen auftreten, sind wegen dessen geringen Durchmessers vernachlässigbar gering.
Bei der Versuchsdurchführung wird über eine Verpreßstrecke von 2-5 m (Einfach-Packer) bzw. 1-2 m (Doppel-Packer) jeweils Wasser unter verschiedenen Druckstufen eingepreßt. Typisch ist z.B. eine auf- und absteigende Druckstufenfolge in der Form a-b-c-d-c-b-a (z.B. 2-4-6-8-6-4-2 bar bzw. 0,2-0,4-0,6-0,8-0,6-0,4-0,2 MPa) oder zur Verkürzung nur eine absteigende Druckstufenfolge, z.B. c-b-a. Dabei wird jede Druckstufe so lange gehalten, bis die beim jeweiligen Druck in den Grundwasserleiter eintretende Wassermenge pro Zeiteinheit konstant ist, also stationäre Verhältnisse eingetreten sind. Die höchste Druckstufe sollte dabei beim ca. 1,3-1,5fachen des maximal zu erwartenden Wertes in der Praxis betragen, da es sonst zu irreversiblen Prozessen im Gebirge kommen kann. Dabei werden die Wassereinpreßraten und die angelegten Drücke über die Zeit in einem p-Q-t-Diagramm aufgezeichnet.
Für die Auswertung und die Dokumentation der Ergebnisse eines Wasserdruckversuches gibt es verschiedene Möglichkeiten: 1) Zusammenfassende p-Q-t-Diagramme: Für diese Darstellungsform werden die einzelnen Druckstufen und die zugehörigen Durchflußraten in einem zeitlichen Diagramm dargestellt. Es stellt im Prinzip nur eine geglättete Form der Originalaufzeichnung dar. 2) p-Q-Diagramme: In einem p-Q-Diagramm (auch WD-Diagramm) werden die Wasseraufnahmen in den stationären Strömungsphasen der einzelnen Druckstufen gegen den jeweils angelegten Druck als Punkte aufgetragen (z.T. auch umgekehrt) und zu einer Kurve verbunden ( Abb. 5). Aus dieser Kurve lassen sich wichtige Erkenntnisse über die Beschaffenheit des Untergrundes, wie z.B. die Gebirgsfestigkeit und die Trennfugenausbildung, ableiten. Prinzipiell kann man zwischen drei verschiedene Grundformen der p-Q-Kurve unterscheiden: a) Die Wasseraufnahme wächst linear mit dem Druck und fällt auch wieder linear mit diesem zum Ausgangspunkt zurück. Das Korngerüst oder Kluftnetz verändert sich nicht ( Abb. 5a). b) Beim Verpressen kommt es zu einer Aufweitung des Korngerüsts bzw. zum Aufreißen oder zu Erosion der Klüfte. Die Wasseraufnahme steigt überproportional zum Druck und beim rückläufigen Durchfahren der Druckstufen bleiben die Werte größer als vor dem Aufreißen ( Abb. 5b). c) Beim Verpressen kommt es zum Eintrag von Feinmaterial in das Korngerüst bzw. die Klüfte und schließlich zum Verstopfen. Die Wasseraufnahme steigt nur unterproportional zum Druck und beim rückläufigen Durchfahren der Druckstufen bleiben die Werte kleiner als vor dem Verstopfen ( Abb. 5c). Neben diesen Grundtypen können noch viele weitere Verläufe unterschieden werden, die Rückschlüsse auf die jeweilige Situation zulassen. Aus der p-Q Darstellungsform läßt sich eine weitere wichtige Größe, der sog. WD-Wert oder Lugeon-Wert, ableiten. Dazu werden die Punkte der Auf- und Abwärtsmessung in einem p-Q-Diagramm mit einer Geraden angenähert, diese Gerade bis zu einem Wert von 10 bar (1 MPa) verlängert und der zugehörige Wert für Q abgelesen. Dieser Wert für Q wird dann noch auf eine Einheitslänge der Teststrecke von 1 m umgerechnet. Der WD-Wert ist folglich die bei einem Druck von 10 bar (1 MPa) verpreßte Wassermenge pro Minute und Meter Teststrecke. Seine Einheit ist Lugeon:
bei 10 bar bzw. 1 MPa. Der WD-Wert ist ein wichtiges Kriterium (Lugeon-Kriterium) für die Dichtigkeit bzw. die Durchlässigkeit des Untergrundes. Er wird z.B. bei Stauseen als Beurteilungsgrundlage für die Notwendigkeit von Abdichtungsmaßnahmen im Felsuntergrund einer Staumauer herangezogen. Ein Wert von ca. 3 Lugeon gilt im allgemeinen als „kritische Aufnahmemenge”. Allerdings sind weltweit verschiedene Grenzwerte für tolerable WD-Werte in Gebrauch, die bis zu einem Faktor von 15 variieren.
Die teufenabhängige Darstellung der Versuchsergebnisse gibt direkt Aufschlüsse über die Lagerungsverhältnisse im Untergrund. Sie kann als Darstellung der p- und Q-Werte oder der WD-Werte erfolgen . Die Ergebnisse aus einem Wasserdruckversuch lassen sich auch zur vergleichenden Bestimmung von Durchlässigkeiten in Form von kf-Werten heranziehen. Eine absolute Bestimmung sollte aber kritisch betrachtet werden, da die Genauigkeiten wesentlich geringer sind als bei mit Pumpversuchen ermittelten Werten und da Festgesteinsgrundwasserleiter (bei denen WD-Versuche vor allem eingesetzt werden) im allgemeinen weder homogen noch isotrop sind. Die Bestimmung der kf-Werte kann mit verschiedenen theoretischen oder empirischen Verfahren erfolgen. [WB]
Literatur: [1] Heitfeld, K.H. (1979): Durchlässigkeitsuntersuchungen im Festgestein mittels WD-Testen. – Mitt. Ing.- u. Hydrogeol. 9. Aachen. [2] Lugeon, M. (1933): Barrages et Géologie. – Paris. [3] Prinz, H. (1991): Abriß der Ingenieurgeologie, mit Grundlagen der Boden- und Felsmechanik, des Erd-, Grund- und Tunnelbaus sowie der Abfalldeponien. – Stuttgart. [4] Stober, I. (1986): Strömungsverhalten in Festgesteinsaquiferen mit Hilfe von Pump- und Injektionsversuchen. – Geol. Jb., C 42. Stuttgart, Hannover.
Wasserdruck-Test 1: Versuchsaufbau eines Wasserdruck-Tests. Wasserdruck-Test 1:
Wasserdruck-Test 2: Durchführungsmethoden von WD-Tests: a) abschnittsweises Abteufen des Bohrloches mit anschließenden Einfachpacker-Versuchen, b) Einfachpacker-Versuch im fertigen Bohrloch mit verschieden langen Teststrecken, c) Doppelpackerversuch im fertigen Bohrloch. Wasserdruck-Test 2:
Wasserdruck-Test 3: Verfälschung der Versuchsergebnisse durch a) Undichtigkeit des Packers oder b) Umläufigkeiten (GW=Grundwasser). Wasserdruck-Test 3:
Wasserdruck-Test 4: Druckmessung in der Teststrecke mit Hilfe einer Druckluftwaage. Wasserdruck-Test 4:
Wasserdruck-Test 5: p-Q Diagramme mit verschiedenen Kurvenverläufen: a) vollkommen elastisches Verhalten des Gebirges, b) Öffnung von Klüften aufgrund des Einpreßdruckes, c) Verstopfung von Klüften während der Versuchsdurchführung. Wasserdruck-Test 5:
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.