Lexikon der Geowissenschaften: Wasserschall
Wasserschall, Schallwellen im Wasser. Da elektromagnetische Wellen im Wasser stark gedämpft werden, dient dort der Schall dem Zweck der Ortung und Kommunikation. Meerestiere orientieren sich und kommunizieren mit Hilfe von Schall. Mit dem auf jedem Schiff vorhandenen Echolot wird die Wassertiefe gemessen. Ein dem Radar entsprechendes akustisches Unterwassersystem heißt Sonar (sound navigation and ranging). Sonargeräte dienen zur Vermessung der Topographie und Struktur des Meeresbodens, der Auffindung von Fischschwärmen und der Ortung von U-Booten. Wasserschall wird mit Schallwandlern künstlich erzeugt und mit Hydrophonen (Unterwassermikrophon) aufgezeichnet.
Die Schallausbreitung wird durch die Schallgeschwindigkeit bestimmt. Sie hängt im Wasser von Temperatur, Salzgehalt und Druck ab und steigt mit allen drei Parametern. Im offenen Ozean ist die Schallgeschwindigkeit im wesentlichen eine Funktion der Temperatur und des Druckes und somit der Wassertiefe. In warmen und gemäßigten Breiten nimmt die Temperatur unterhalb der Meeresoberfläche mit der Tiefe ab und damit auch die Schallgeschwindigkeit. Ab einer gewissen Tiefe überwiegt der Druckeinfluß, und die Schallgeschwindigkeit nimmt wieder zu. Wenn sich die Schallgeschwindigkeit auf der Strecke einer Wellenlänge nur wenig ändert, und das ist im Ozean im allgemeinen der Fall, kann die Schallausbreitung durch Strahlen beschrieben werden. Da die Schallgeschwindigkeit im wesentlichen eine Funktion der vertikalen Koordinate ist, breiten sich die Schallstrahlen in vertikaler Richtung auf Geraden aus. Damit ist die Echolotung auch in einem geschichteten Ozean möglich. In von der Vertikalen abweichenden Richtungen verlaufen die Schallstrahlen auf gekrümmten Kurven. Für die horizontale Schallausbreitung ergeben sich Schattenzonen, in die die Schallstrahlen nicht dringen, aber auch sog. Kanäle, in denen der Schall gebündelt wird und sich über große Entfernungen ausbreitet. Das Minimum der Schallgeschwindigkeit in warmen und gemäßigten Breiten liegt bei 1000 ± 300 m Wassertiefe und bildet die Achse des sog. SOFAR-Kanals (sound fixing and ranging).
Durch Beugung kann (in geringem Maße) Schallenergie auch in Bereiche gelangen, die im Schallschatten liegen. An der Meeresoberfläche und am Meeresboden gilt das Reflexionsgesetz. Die Schallenergie wird total reflektiert (an der Meeresoberfläche und bei flachem Einfall am Meeresboden) oder ein Teil der Schallenergie dringt durch Brechung in den Meeresboden ein. Eine punktförmige Unterwasserschallquelle erzeugt eine Kugelwelle. Durch Reflexionen an Meeresoberfläche und -boden bildet sich in großer Entfernung (verglichen mit der Wassertiefe) eine Zylinderwelle aus. Durch Brechung am Meeresboden geht Energie verloren, durch Streuung an der rauhen Meeresoberfläche und auch am -boden wird dem Ausgangssignal Energie entzogen und in abweichende Richtungen abgestrahlt. Das Streusignal erzeugt den Nachhall, den man auch am Ort des Senders registriert. Neben den geometrischen Einflüssen wird die Reichweite auch durch Schallabsorption (Umwandlung von Schallenergie in Wärme) beeinflußt. Die Absorption bewirkt eine exponentielle Abnahme der Schallintensität I mit der Entfernung x:
I(x)=I0 exp(-γx),
wobei der Absorptionskoeffizient γ mit der Frequenz stark zunimmt. Um große Reichweiten von z.B. 1000 km im SOFAR-Kanal zu erreichen, sind tiefe Frequenzen unter 500 Hz erforderlich, d.h. Wellenlängen über 3 m.
In der ozeanographischen Forschung kommen verschiedene akustische Fernmeßverfahren zur Anwendung. Sie können von Schiffen oder von festinstallierten Plattformen aus eingesetzt werden. Eine Erweiterung des Echolots ist das Fächerlot (Echolot), das durch Schwenken des akustischen Senders einen Streifen quer zur Fahrtrichtung abtastet, d.h. ein zweidimensionales Bild der Wassertiefe liefert. Ein wichtiges Instrument ist das ADCP (Acoustic Doppler Current Profiler) (ADCP-Meßverfahren), das die Strömungsgeschwindigkeit in verschiedenen Tiefen gleichzeitig mißt. Die geneigt zur Vertikalen ausgestrahlten Schallwellen werden von kleinen mit der Strömung driftenden Partikeln zurückgestreut. Aus der gemessenen Frequenzverschiebung (Doppler-Effekt) läßt sich die Strömungsgeschwindigkeit berechnen. ADCPs können vom Schiff aus eingesetzt oder für Langzeitregistrierungen am Meeresboden verankert werden.
Die akustische Tomographie basiert auf der Temperaturabhängigkeit der Schallgeschwindigkeit. Durchstrahlt man eine Wassermasse auf verschiedenen Wegen, so kann man aus den gemessenen Laufzeiten Informationen über die Temperaturverteilung in der Wassermasse gewinnen. Es ist geplant, Langzeitmessungen im SOFAR-Kanal durchzuführen, um seine Veränderung zu studieren und daraus Schlüsse auf die globale Erwärmung zu ziehen. [HHE]
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