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Lexikon der Geowissenschaften: Weichgelinjektion

Weichgelinjektion, Injektionsverfahren (Injektion) für Abdichtungszwecke bei Baugruben. Die Erstellung tiefgründender Bauwerke erfordert besonders bei hohen Grundwasserständen eine zeitweilige Trockenlegung der Baugruben bis zum Erreichen eines auftriebssicheren Bauzustandes. Wegen der erheblichen quantitativen Eingriffe in den Grundwasserhaushalt und der begrenzten Möglichkeiten zur Verminderung negativer Auswirkungen zum Beispiel über die Reinfiltration werden für das Bauen im Grundwasser vermehrt alternative Verfahren zur Grundwasserhaltung (Wasserhaltung) angewandt. Grundprinzip dieser alternativen Verfahren ist die Erstellung eines „wasserdichten Troges”, der im Untergrund verankert wird, in dem – nachdem dieser entwässert und ausgekoffert wurde – das Bauwerk errichtet wird.

Art und Anwendungsmöglichkeiten des Einpreßgutes hängen wesentlich vom Untergrundaufbau ab ( Tab. 1 u. 2). Aus der Verwendung von organischen Härtern resultieren die früher zur Baugrundverfestigung angewandten Hartgele, durch Verwendung der anorganischen Härter entstehen die überwiegend für Abdichtungszwecke verwendeten Weichgele. Da durch den Einsatz von organischen Härtern merkliche und andauernde Grundwasserverunreinigungen auftraten, werden für Abdichtungszwecke heute nur noch anorganische Härter eingesetzt.

Die Injektionsmittel ändern ihre Eigenschaften von einer flüssigen Phase zu einem unterschiedlich durchlässigen und festen Zustand. Einige Injektionsmittel besitzen die gewünschten bautechnischen Eigenschaften für sich allein, wie z.B. Zementsuspensionen, andere entwickeln diese Eigenschaften nur zusammen mit dem Baugrund, wie z.B. viele Chemikaliengemische. Alle Injektionsmittel sind während der Verarbeitungszeit fließfähig und ermöglichen somit das Eindringen in Poren und Klüfte. Die Fließeigenschaften und die Dauer der Verarbeitbarkeit sind durch die Viskosität und die Fließgrenze sowie deren zeitliche Veränderung vorgegeben. Diese Eigenschaften können in der Regel durch eine geeignete Rezeptur verändert und optimiert werden. Bei Suspensionen hat das Sedimentationsverhalten eine große Bedeutung.

Die Bedeutung aller anderen chemischen Injektionsmittel tritt im Bauwesen gegenüber derjenigen der Silicatgele weit zurück. Eine Unterteilung ist schwierig. Die DIN 4093 spricht nur von „Silicatgel” und „Harz”. Die ausgehärteten Produkte der Injektionsmittel auf Silicat-, Acrylamid- und Lignosulfonatbasis werden als Gele bezeichnet und diejenigen auf der Basis von Phenoplast und Aminoplast als Harze. Hinzu kommen die Schaumstoffe, welche meist auf Polyurethan basieren, sowie die unter dem Namen Polythixon im Handel befindlichen Fettsäurederivate.

Im unverarbeiteten Zustand sind alle chemischen Injektionsmittel in irgendeiner Weise toxisch. Vor dem vollkommenen Abschluß der chemischen Reaktionen bringen eine Veränderung des Baugrunds und des Grundwassers mit sich, deren Ausmaß von den Randbedingungen des Einzelfalls abhängt. Dazu gehören z.B. die Reaktionsdauer, die Chemikalienmenge, der Chemismus von Baugrund und Grundwasser. Nach vollkommenem Reaktionsabschluß sind viele chemische Injektionsmittel unbedenklich oder werden in verschiedenen Ländern als unbedenklich eingestuft. Ein vollkommener Reaktionsabschluß ist in der Praxis aber nur schwer zu erreichen. Kommt es zu keiner vollständigen Mineralisierung, kann nicht ausgeschlossen werden, daß Veränderungen des Grundwassers über längere Zeit eintreten. Wegen der nicht stöchiometrischen Reaktionsgleichung bei der Weichgelbildung läßt sich jedoch der Anteil der jeweiligen Reaktionsprodukte nicht exakt berechnen. Neben den durch die Weichgelinjektion in den Untergrund eingetragenen Reaktionsprodukten können theoretisch ebenso Nebenprodukte wie beispielsweise Verunreinigungen der Ausgangskomponenten mitverfrachtet werden. Auch können im Natronwasserglas und Natriumaluminat geringste Spuren von As, Cu, Fe, Mg, Hg, Ti und Zn (wenige ppm) vorhanden sein.

Nach Stand der Technik existieren verschiedene Verfahren zur Herstellung tief in das Grundwasser reichender Baugruben, wobei die Schaffung tiefliegender, künstlicher Injektionssohlen, die seitlich an eine laterale Baugrubenumschließung anbinden, das heutzutage am häufigsten angewendete Verfahren darstellt. Diese sog. Trogbauweise mit tiefliegenden Dichtungssohlen wurde in jüngerer Vergangenheit zu einer relativ ökonomischen Bauweise mit vielen Vorzügen entwickelt. Die Dichtungssohlen können prinzipiell mit unterschiedlichen Einpreßmitteln hergestellt werden. Für klastische Lockergesteine kommen vorzugsweise Zementsuspensionen oder sogenannte chemische Injektionsmittel auf Wasserglasbasis (Weichgele) in Betracht. Bei den Zementmilchinjektionen handelt es sich um das Einpressen von in Wasser aufgeschlämmten Zementpartikeln in das Porengefüge der klastischen Sedimente. Bei Sanden gewisser Feinkörnigkeit sind die relativ groben Feststoffpartikel gewöhnlicher Zementsuspensionen jedoch nicht im Stande, in die feinen Poren des Untergrundes einzudringen. Für feinkörnige Sande können deshalb nur Feinstbindemittel (Feinstzemente) und Weichgele eingesetzt werden. In der Bundesrepublik Deutschland kamen deshalb Weichgelinjektionssohlen in größerem und in jüngerer Zeit zunehmendem Umfang zur Ausführung.

Bei fachgerechter Planung und Durchführung einer Weichgeleinpressung gehen auch von den durch die Gelbildungsreaktion mobilisierten Stoffen keine nachhaltigen oder etwa besorgniserregenden Beeinträchtigungen der Grundwasserqualität aus. Zwar führt eine Weichgelinjektion zur kurzfristigen Anhebung des pH-Wertes im angrenzenden Grundwasser, jedoch laufen die zu erwartenden Reaktionen infolge rascher Neutralisierung durch stetige Pufferung im Grundwasserabstrom sehr rasch ab. Daraus resultiert eine zügige und sehr weitgehende Immobilisierung der zuvor freigesetzten Inhaltsstoffe. Die hydrochemischen Umsetzungen laufen daher in räumlich sehr eng begrenzten und vorhersehbaren Bereichen ab.

Im Idealfall wird bei der Bauweise mit wasserdichtem Trog lediglich das in der Baugrube befindliche Grundwasser entnommen. Hierin liegt aus Sicht des Grundwasserschutzes der wesentliche Vorteil der „wasserdichten Baugrube” gegenüber der „Grundwasserhaltung”. Allerdings ergeben sich durch den Bau von wasserdichten Baugruben ebenfalls Risiken für das Grundwasser, die je nach Bauverfahren unterschiedlich hoch sind. Im Zusammenhang mit wasserdichten Baugruben sind vier wesentliche Auswirkungen zu benennen, von denen Risiken für das Grundwasser ausgehen können:

a) Barrierewirkung im Untergrund: In Abhängigkeit von der Größe und Form der unterirdischen Bauwerke sowie je nach Art der Untergrundverhältnisse wirken wasserdichte Baugruben im Grundwasserstrom als Barriere. Im Extremfall kann der Grundwasserleiter durch das Bauwerk horizontal und/oder vertikal vollständig abgesperrt sein.

b) Eintrag wassergefährdender Stoffe bei der Baugrubenerstellung: Zur Erstellung wasserdichter Baugruben werden unterschiedliche Materialien und Dichtstoffe in den Untergrund eingebracht. Durch die eingesetzten Materialien und Dichtstoffe können Stoffe im Grundwasser freigesetzt werden, die in Abhängigkeit von Art und Menge sowie von den hydrogeologischen und hydrochemischen Verhältnissen das Grundwasser beeinträchtigen können. Zusätzlich können Folgeprozesse durch die eingebrachten Materialien induziert werden. So kann es z.B. zur Auflösung organischer Verbindungen (Fulvinsäuren) durch das Einbringen von Silicatgelen kommen.

c) Grundwasserentnahmen im „Normalbetrieb”: Auch bei wasserdichten Baugruben kann Grundwasser in die Baugrube gelangen. Das Grundwasser sickert hierbei zum Beispiel durch feinste Risse und muß aus der Baugrube herausgepumpt werden (Restwasserhaltung). Die Höhe der Restwassermenge wird bestimmt durch die Anzahl und Größe der Fehlstellen sowie durch den hydraulischen Druck, der von außen auf den Fehlstellen lastet (Lage unter Grundwasseroberfläche). Aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre in Berlin liegt im Normalfall der Restwasserzutritt in eine wasserdichte Baugrube im Durchschnitt bei etwa 1,5 l/s je 1000 m2 benetzter Baugrubenfläche. Im Einzelfall, z.B. bei sorgfältiger Bauausführung, günstigen Untergrundverhältnissen und geringen Bautiefen, können auch Baugruben erstellt werden, die wesentlich geringere Restwassermengen aufweisen. Bei besonderen Gefahrenherden (z.B. im Grundwasser liegende Verkehrsanlagen) sind entsprechende Vorbereitungen zu treffen.

d) Grundwasserentnahmen im Störfall: Großflächige Undichtigkeiten in der Baugrubenumschließung (Leckagen) oder gar das Bersten der Dichtflächen unter der hydraulischen Last (Havarie) stellen Situationen dar, in denen erhebliche Wassermengen in die Baugrube gelangen. Dieses Wasser muß aus der Baugrube abgepumpt werden. Die Höhe der Entnahmemenge hängt im wesentlichen davon ab, wie schnell und auf welche Weise der Wasserzutritt in die Baugrube begrenzt werden kann. Im ungünstigsten Fall muß während der ersten Bauzeit eine Grundwasserhaltung mit hohen Entnahmemengen durchgeführt werden, um die Grundwasseroberfläche bis unter die Baugrubensohle abzusenken.

In der Abb. sind exemplarisch vier Bauweisen für wasserdichte Baugruben mit ihrer Einbindung in das anstehende Gestein und den entsprechenden Höhenangaben dargestellt. Bei allen Baugrubenvarianten werden Stahlbetonschlitz- oder Stahlspundwände in den Untergrund eingebracht. Die einzelnen Varianten unterscheiden sich im Hinblick auf die Konstruktion der Baugrubensohle. Es handelt sich um folgende Bauweisen: a) Einbindung der Baugrubenwände in eine geringdurchlässige und oberflächennahe Schicht (z.B. Geschiebemergel), b) Einbindung der Baugrubenwände in eine oberflächenfern liegende Tiefeninjektionssohle, c) Einbindung der Baugrubenwände in eine Betonsohle und d) Einbindung der Baugrubenwände in eine tiefliegende geringdurchlässige Schicht (z.B. Tonsteine).

Der Eintrag wassergefährdender Stoffe in das Grundwasser ist bei den Bauweisen vergleichsweise niedrig, deren Sohle aus natürlichen geringdurchlässigen Gesteinen besteht (Bauweisen a) und d)). Hierbei ist das Risiko von Stoffeinträgen bei der Bauweise a) aufgrund der kleineren wasserbenetzten Baugrubenflächen geringer als bei der Bauweise d). Bei der tiefliegenden Injektionssohle wird das Risiko eines Eintrags wassergefährdender Stoffe mit gering bis mittel bewertet. Das Risiko von Stoffeinträgen bei den hochliegenden Betonsohlen (Unterwasserbeton oder Hochdruckinjektion) wird im Vergleich mit mittel bewertet.

Die Höhe der Restwassermengen in der Baugrube ist im wesentlichen abhängig von der benetzten Baugrubenfläche. Bei den Bauweisen a) und c) ist die benetzte Baugrubenfläche vergleichsweise klein. Die Restwasserzutritte können insbesondere auch aufgrund der Einsehbarkeit und Zugänglichkeit der Dichtflächen geringgehalten werden. Aufgrund der Größe der benetzten Baugrubenflächen werden die Restwassermengen bei der Bauweise d) als hoch und bei der Bauweise b) als mittel bewertet.

Die Wahrscheinlichkeit von Havarien ist bei den Baugrubensohlen aus natürlichen geringdurchlässigen Gesteinsschichten (Bauweisen a) und d)) vergleichsweise hoch. Bei den künstlich hergestellten Baugrubensohlen wird die Wahrscheinlichkeit von Havarien demgegenüber mit mittel bewertet. Da je nach Bauweise bei Havarien unterschiedliche Sanierungsmöglichkeiten bestehen (Einbringen einer zusätzlichen Dichtungsschicht), wird das havariebedingte Risiko für das Grundwasser bei der Bauweise b) (Tiefeninjektion) mit gering bis mittel bewertet. Bei den Bauweisen c) und d) wird das havariebedingte Risiko mit mittel bis hoch und bei der Bauweise a) mit hoch bewertet.

Eine abschließende Bewertung der Umweltverträglichkeit einzelner Baugrubenbauweisen erfordert immer die Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse. So ist beispielsweise das erhöhte Risiko von Schadstoffausträgen einzelner Baugrubenbauweisen besonders kritisch zu bewerten, wenn sich das Bauvorhaben im (näheren) Einzugsgebiet von Wassergewinnungsanlagen befindet. Ebenso kann bei entsprechender Ausprägung des Grundwasserleiters die Barrierewirkung der wasserdichten Baugruben eine vorrangige Priorität bei der Bewertung der Umweltverträglichkeit erforderlich machen. Dies wäre zum Beispiel bei geringmächtigen Grundwasserleitern der Fall. [ME]


Weichgelinjektion : Bauweisen zur Herstellung (nahezu) wasserdichter Bauten. Weichgelinjektion :

Weichgelinjektion (Tab. 1): Arten und Anwendungsmöglichkeiten des Einpreßgutes in Fels, Lockergestein und Bauwerken. Weichgelinjektion (Tab. 1):

Weichgelinjektion (Tab. 2): Vergleich der grundwasserbezogenen Risiken unterschiedlicher Baugrubenbauweisen. Weichgelinjektion (Tab. 2):
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