Lexikon der Kartographie und Geomatik: Behördliche Kartographie
Behördliche Kartographie, amtliche Kartographie, staatliche Kartographie, E official cartography, die regelmäßige Bearbeitung, Herstellung und Herausgabe von Karten und Kartenwerken zur öffentlichen Daseinsvorsorge als hoheitliche Aufgabe durch Verwaltungsbehörden. Hierzu gehören, mancherorts schon seit über 200 Jahren, die großmaßstäbigen Flur- und Katasterkarten des Liegenschaftskatasters, ursprünglich zur Besteuerung von Grund und Boden (Steuerkataster), später als Grundstücksnachweis (Eigentumskataster) und heute für weitgehende Bedürfnisse von Recht, Verwaltung und Wirtschaft (Mehrzweckkataster). Gleichfalls weit zurück reichen die eigentlichen Landkarten, d. h. die topographischen Karten vom Grundmaßstab bis 1 : 1 Mio., ursprünglich vor allem zur Landesverteidigung. Für sie waren daher in den meisten Ländern und sind heute noch in vielen die Streitkräfte zuständig (Bundesamt für Landestopographie), seit Ende des 1. Weltkrieges aber zunehmend eigens errichtete Behörden (RfL, LVA, Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen, IGN). Gleiches gilt für die Seekarte, heute hergestellt beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie. Andererseits legten sich die Streitkräfte eigene Dienststellen zur Herstellung von Karten ausschließlich für ihre Zwecke zu (MilGeoA). Im 19. und vor allem im 20. Jh. erfuhr die behördliche Kartographie eine gewaltige Ausweitung wegen volkswirtschaftlicher Aufgaben einschließlich des Umweltschutzes. Die für Bau und Unterhaltung der Verkehrswege geschaffenen Behörden, d.h. im Zuge der technischen Entwicklung für die natürlichen und künstlichen Wasserstraßen, die Überlandstraßen und Eisenbahnen sowie die Luftfahrt brachten und bringt sie zahlreiche Karten der Verkehrsanlagen heraus. Schon früh liegen die Anfänge geodätischer und kartographischer Aktivitäten der Forstwirtschaftsverwaltung als auch der Wasserstraßenämter und der Wasserwirtschaft. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts begann die Gründung der geologischen Landesanstalten, Vorläufer der geologischen Landesämter, die Karten zu Geologie (vgl. geologische Karte), Bodenkunde (vgl. Bodenkarte) und Rohstoffsicherung (Lagerstättenkarten) erarbeiten. Ebenfalls liegen in dieser Zeit die Ursprünge der Stadtkarte, zunächst einzelner Großstädte und heute auch anderer kreisfreier Städte. Im 20. Jh. werden die Behörden für Landesplanung, Raumordnung und Raumforschung errichtet, die ihre Tätigkeit außer durch Karten und Kartenwerke in besonderem Maße durch Atlanten (vgl. Planungsatlas) darstellen. Dasselbe gilt für die Meterologie (Wetter und Klimakarten). Die Flurverfassung wird seit langem den Anforderungen der Zeit angeglichen, in Deutschland zuletzt durch Gesetze von 1937, 1953 und 1976. Die zur Durchführung gebildeten Behörden geben eine Fülle von Verfahrens- und Sonderkarten heraus. War es anfangs nötig, in den Behörden eigene kartographische Abteilungen aufzubauen, so wurden in den letzten Jahrzehnten immer mehr Arbeiten im Auftrag und auf Rechnung der Behörden von einer leistungsfähigeren gewerblichen Kartographie erledigt. In der jüngsten Zeit wandelt sich die behördliche Kartographie durch stetig stärkere Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher Gesichtspunkte bis hin zur Führung als Wirtschaftsbetrieb. Zugleich erlaubt der technische Fortschritt ihr Angebot zu vermehren: außer den herkömmlichen gedruckten Karten, Luftbildern usw. in digitalen Ausgaben (digitale Karten, Geodaten, Geomodelle, Geoinformationssysteme). Schließlich ist die behördliche Kartographie wie andere Arbeitsfelder auch gekennzeichnet durch zunehmende weltweite Zusammenarbeit und insbesondere in Europa (CERCO).
JNN
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