Lexikon der Kartographie und Geomatik: digitale Kartographie
digitale Kartographie, Computerkartographie, rechnergestützte Kartographie, E digital cartography, computer aided cartography, computer assisted cartography, allgemeiner Begriff für den Entwurf und die Bearbeitung, die Vervielfältigung (vgl. Kartenherstellung) und Verbreitung von Karten unter Anwendung digitaler Techniken. Die auf herkömmlichen Techniken beruhende Kartographie wird zumeist als konventionelle, traditionelle oder analoge Kartographie bezeichnet (vgl. kartographische Informatik). Die Anfänge der digitalen Kartographie lassen sich für die Industrieländer in den sechziger Jahren des 20. Jhs. ansetzen (erste Verwendung von Vektorplottern und Schreibwerkdruckern für kartographische Zwecke). Vor allem in den neunziger Jahren hat sie sich stürmisch entwickelt und beherrscht heute die meisten Bereiche der Kartographie. Folgende Richtungen der digitalen Kartographie lassen sich unterscheiden:
1. das desktop mapping (DTM), d. h. die Bearbeitung von Karten mittels kommerzieller Graphikprogramme. Die Neubearbeitung einer Karte im DTM erfolgt i. d. R. durch manuelles Nachzeichnen einer gescannten Vorlage am Graphikbildschirm. Die Effektivität des DTM resultiert u. a. aus den komfortablen und vielseitigen Zeichen- und Editierfunktionen sowie aus der mehrfachen Verwendung einmal geschaffener Kartengrundlagen bzw. Ebenen, die in gewissem Sinne den Folien der konventionellen Kartographie gleichkommen.
2. die rechnergestützte Kartenkonstruktion erlaubt eine relativ rasche Umsetzung raumbezogener statistischer Daten in kartographischen Darstellungen. Allerdings setzen sie entsprechende digitale Geometrien (Bezugspunkt, -linien, Bezugsfläche) und Sachdaten sowie die Verfügbarkeit der Programm-Module für die angestrebten kartographischen Darstellungsmethoden voraus. Die Schaffung und Laufendhaltung konsistenter (d. h. widerspruchsfreier) Geometrie- und Sachdatenbasen erfordern einen hohen Aufwand. Dem steht der Vorteil kartengestalterischer Flexibilität gegenüber.
3. Für die kartographische Anwendung von GIS-Software gelten hinsichtlich der Datenbasen die gleichen Voraussetzungen wie unter 2. angeführt. Ihre Bedeutung liegt vor allem in den Möglichkeiten der raumbezogenen Datenanalyse während der Erarbeitung von Karteninhalten. Darüber hinaus werden einschlägige Programmpakete in breitem Umfang für den Aufbau digitaler topographischer Datenbasen (ATKIS) benutzt. Unter Umständen verfügen GIS nicht über das volle Spektrum kartographischer Darstellungsmethoden bzw. sind die graphischen Gestaltungsmöglichkeiten etwas eingeschränkt. Typisch für die unter 1. bis 3. beschriebenen Möglichkeiten ist die Verwendung von Vektordaten (vgl. Vektordatenmodell), d. h. von Koordinaten. Damit verbunden ist eine Strukturierung der Graphik in mehrere Ebenen (vgl. Layer).
4. Rasterdaten (Rasterdatenmodell) werden vornehmlich für die Kartenreproduktion und die zeitsparende Laufendhaltung analoger Karten und Kartenwerke verwendet, u. U. in Kombination mit Vektordaten.
Die beschriebenen vier Hauptbereiche der digitalen Kartographie lassen sich nicht scharf voneinander trennen. Häufig werden in technologischen Linien Programme aus mehreren o. gen. Bereichen benutzt. Ebenso fließend sind die Übergänge zu benachbarten Arbeitsfeldern, darunter zum Satz und Layout des desktop-publishing (DTP), zur rasterdatenorientierten digitalen Bildverarbeitung in der Werbe- und Druckbranche, aber auch in der Fernerkundung. Selbst Programme der Tabellenkalkulation und der Geschäftsgraphik kommen für redaktionelle Aufgaben und für die Vorkonstruktion zum Einsatz.
Einen neuen Entwicklungsschub erfährt die digitale Kartographie durch die zunehmende Herstellung elektronischer Atlanten und Karten, mit der Verbreitung kartographischer Produkte über das Internet (Internet-Kartographie) sowie durch die Möglichkeiten der Animation von Karten.
KGR
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