Lexikon der Kartographie und Geomatik: Flächenmuster
Flächenmuster, Graphikmuster, Rastermuster, Strukturraster, E symbol screen, neben der Farbfläche (Flächenton) das wichtigste graphische Mittel zur Darstellung von Flächen (vgl. Flächenfüllung). Sein Hauptmerkmal ist die regelhafte, jedoch nicht zwangsläufig gleichabständige Anordnung zahlreicher, meist identischer graphischer Grundelemente (gGE) in einer Fläche. Die gGE sind klein, aber noch einzeln wahrnehmbar. Sie können äußerst vielgestaltig sein. Dem auszudrückenden Sachverhalt entsprechend, wird die Fläche mit oder ohne Kontur dargestellt.
Allgemeine Merkmale von Flächenmustern sind die Helligkeit bzw. der Tonwert (Dichte, Flächendeckungsgrad), die Feinheit (Korn), die Winkelung (Orientierung) und die Farbe. Diese allgemeinen Merkmale hängen direkt oder indirekt von folgenden Parametern der gGE ab, die weitgehend den graphischen Variablen entsprechen: 1. Abstand der gGE (Rasterweite, Rasterperiode), der sich aus den Seitenlängen der sie umschließenden, auch als Kachel bezeichneten Einheitsfläche (Quadrat, Rechteck, Dreieck) ergibt (Abb. 1 ). Muster werden in Papierkarten bei Abständen der gGE von mehr als 0,5 mm wahrgenommen. Zwischen 0,5 und 0,3 mm Abstand tritt als Sekundärwahrnehmung der Tonwert hinzu, der bei weiterer Verringerung der Rasterweite dominiert (Abb. 2). Flächenmuster mit unregelmäßigem Abstand der gGE sind wegen ihrer aufwendigen Herstellung seltener anzutreffen (z. B. Punktmuster für Sand, für Laubwald). 2. Veränderliche Größe des gGE bei konstanter oder veränderter Einheitsfläche (Abb. 3). 3. Abwandlung der Form des gGE (Abb. 4); es sind zu unterscheiden: a) geometrische gGE; darunter punkthafte, deren Breiten-Höhen-Verhältnis variieren kann, und linienhafte (Schraffur) sowie b) bildhaft-ikonische, auch symbolische gGE (vgl. Ikonizität), die eine Vielfalt gestalterischer Möglichkeiten eröffnen. 4. Anordnung und Orientierung (Winkelung) von Einheitsfläche und/oder gGE, die sich wechselseitig beeinflussen (Abb. 4, Abb. 5). Die gGE lassen sich in Form von Quadraten (auch Rechtecken), versetzten Quadraten oder dreieckförmig anordnen. Als Sonderfall ist die Kombination mehrerer gGE in einer Einheitsfläche (alternierende Muster) anzusehen (Abb. 6). 5. Farbe des gGE, die als Strichfarbe wirkt und in dunklen Flächen auch negativ verwendet werden kann.
Die Abwandlung eines oder mehrerer Parameter beeinflusst die o. g. allgemeinen Merkmale des Flächenmusters; z. B. hat die Maßstabsänderung von Einheitsfläche und gGE eine Vergröberung oder Verfeinerung bei gleichbleibendem Tonwert zur Folge (Abb. 3). Die 45°-Winkelung von Einheitsfläche und punkthaftem gGE bewirkt einen Versatz (Abb. 6).
Wegen der komplexen Wechselbeziehungen der Merkmale existieren kaum empirisch abgesicherte Anwendungsregeln. Als Faustregel kann gelten, ordinalskalierte Werte durch den Tonwert (Dichte), qualitative Unterschiede (nominale Skalierung) durch Farbe, Form oder Orientierung der gGE wiederzugeben. Zweckmäßig abgestufte Flächenmuster eignen sich als Ergänzung oder als Ersatz für Grauskalen in einfarbigen Darstellungen. Ebenso vermögen sie farbige Flächentöne (Flächenfüllung) zu ersetzen. Dabei erreichen sie nicht immer deren trennende Wirkung, als gefügegerechte Flächenmuster von hohem Ikonizitäs- bzw. Assoziationsgrad machen sie jedoch natürlich gegebene Strukturen sehr anschaulich (Abb. 6). Auf Farbflächen gedruckt, ermöglichen Flächenmuster die mehrschichtige Darstellung deckungsgleicher oder sich schneidender Flächen (Darstellungsschicht). In einigen geowissenschaftlichen Fachbereichen, z. B. in der Geologie, werden sie in standardähnlicher Weise verwendet.
In der konventionellen Kartographie kann man meist auf Kollektionen vorgefertigter Flächenmuster (Filme) zurückgreifen, die einkopiert werden. Kartenkonstruktionsprogramme verfügen häufig über ein entsprechendes, anwendungsbereites Zeichenrepertoire. Programme des desktop-publishing und des desktop mapping bieten eine mitunter große Auswahl von Mustern an, von denen allerdings nur wenige für Karten infrage kommen. Meist lassen sich aber mit einer speziellen Programmfunktion alle benötigten Muster konstruieren. Sie sollten für die zielsichere Vorauswahl in einem (aus)gedruckten Katalog zusammengestellt werden.
KGR
Literatur: [1] BERTIN, J. (1974): Graphische Semiologie. S.86ff, 377ff, Berlin/New York. [2] GROSSER, K. (1994): Zur Theorie graphischer Muster. In: Kartosemiotik, Internationales Korrespondenz-Seminar, Heft 5, S. 75-84 Bratislava – Dresden. [3] METZ; R. (1961): Gefügegerechte Signaturen auf geologischen und geomorphologischen Karten. In: Geographisches Taschenbuch 1960/61, S. 494-498, Wiesbaden. [4] SCHOPPMEYER, J. (1978): Die Wahrnehmung von Rastern und die Abstufung von Tonwertskalen in der Kartographie, Diss. Univ. Bonn. [5] SPIESS, E. (1978): Graphische und technische Aspekte bei der Konzeption thematischer Karten. Thematische Kartographie, Graphik – Konzeption – Technik, Referate der kartographischen Dreiländertagung 1978. In: Kartographische Schriftenreihe Nr. 3, hrsg. von der Schweizerischen Gesellschaft für Kartographie.
Flächenmuster 1:Flächenmuster 1: Einheitsflächen verschiedener Größe und Form und ihr Einfluss auf die Rasterweite und den Tonwert.
Flächenmuster 2:Flächenmuster 2: Variationsbreite der Raster für sichtbare Flächenmuster.
Flächenmuster 3:Flächenmuster 3: Wirkung der Skalierung von Flächenmustern auf den Tonwert und den Feinheitsgrad.
Flächenmuster 4:Flächenmuster 4: Formen graphischer Grundelemente und Abwandlung ihrer graphischen Variablen.
Flächenmuster 5:Flächenmuster 5: Änderung der Orientierung von Einheitsfläche (Versatz) und graphischem Grundelement.
Flächenmuster 6:Flächenmuster 6: Beispiele bildhafter, alternierender und unregelmäßiger Flächenmuster.
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