Direkt zum Inhalt

Lexikon der Kartographie und Geomatik: Globus

Globus, E globe, Plural Globen, verkleinertes, kugelförmiges Modell der Erde (Erdglobus), des Mondes (Mondglobus) oder eines anderen Himmelskörpers (z. B. Marsglobus), bei traditioneller Herstellung als materieller analoger Globus aus Kunststoff, Pappe (Pappmaché), Holz (mit Gipshaut), Metall oder Glas gefertigt, als virtueller multimedialer Globus (Hyperglobus, virtueller Globus) in digitaler Form.
Auf Globen wird die Erdoberfläche bzw. die Oberfläche des jeweiligen Himmelskörpers unverzerrt, d. h. längen-, flächen- und winkeltreu abgebildet. Zur Benutzung werden traditionell-analoge Globen mit einer Armierung versehen. Von einem Fuß mit aufgesetztem halbkreisförmigen Meridian mit Gradteilung wird die mit 23° 27′ gegen die Senkrechte geneigte Achse, die durch die Pole führt, drehbar gelagert gehalten.
Kleine Globen können als Rollgloben auf Kugeln oder Filzstreifen lagern; sie sind in alle Richtungen drehbar und zur Streckenbestimmung mit zwei gekreuzten Quadrantenbogen mit Gradteilung versehen.
Himmelsgloben verkörpern die scheinbare Himmelskugel, auf der die am Nachthimmel sichtbaren Sterne eingebettet in ein Gradnetz dargestellt und graphisch zu Sternbildern vereinigt sind. Wegen der Betrachtungsweise "von außen" (statt wie in Wirklichkeit "von innen") werden die Sternbilder seitenverkehrt aufgetragen. Serienmäßig hergestellte traditionelle Erdgloben zwischen etwa 25 cm und 50 cm Durchmesser bilden die Erdoberfläche in Maßstäben zwischen etwa 1 : 25 Mio. und 1 : 50 Mio. und damit stark vereinfacht ab. Großgloben bis zu 1 : 1 Mio. werden zu verschiedenen Anlässen als Unikate hergestellt.
Bei Globuskugeln lässt sich die Abplattung der Erde nicht veranschaulichen (bei 1 : 40 Mio.= 32 cm Globusdurchmesser beträgt sie 1 mm).
Erdgloben stellen im Gradnetz der Erde die Verteilung von Land und Meer dar. Bei politischen Globen wird die Staatengliederung farbig herausgehoben und im Weltmeer werden oft Schifffahrtsrouten gezeigt. Physische Globen zeigten früher meist Höhen- und Tiefenschichten, in jüngerer Zeit auch Vegetationszonen mit Naturfarbenaspekt und im Weltmeer die Meeresströmungen.
Duogloben (Leuchtgloben) zeigen in von innen beleuchtetem und in unbeleuchtetem Zustand je einen unterschiedlichen Gegenstand, meist unbeleuchtet die politische Gliederung und beleuchtet ein physisch-geographisches Bild.
Bei einer dreidimensionalen Modulierung des Reliefs spricht man von Reliefgloben. Diese erfordern allerdings eine außerordentlich starke Überhöhung (bei 1 : 40 Mio. hätte z. B. der Mt. Everest ohne Überhöhung eine Höhe von nur 0,22 mm). Ferner gibt es thematische Globen, meist geowissenschaftlichen Inhalts (geologische Globen bereits seit 1900, Klimagloben seit 1907), aber auch Verkehrsgloben. Als Induktionsgloben werden Kugeln oder Rotationsellipsoide mit dunkler Beschichtung mit oder ohne Gradnetz bezeichnet, die der geographischen, nautischen oder geodätischen Lehre dienen.
Die Herstellung von traditionellen Globen hat mit der Einführung thermoplastisch verformbarer Folie zur Rohkugelherstellung (Plastikglobus) zur Massenproduktion geführt. Das Kartenbild wird vorher in einer speziellen Projektion auf die ebene Folie farbig gedruckt; nach dem Tiefziehen werden zwei Halbkugeln am Äquator verklebt. Zur Aufbewahrung praktisch sind pneumatische Globen, die allerdings meist nur ein sehr grobes Kartenbild aufweisen. Die traditionelle gewerbliche Globenfertigung benutzte vom Anfang des 16. Jhs. an bis heute Globuskarten, die aus einer Folge von meist 12 sphärischen Zweiecken bestehen.
Mit der philosophischen Erkenntnis der Erde als Kugel wurde in der Antike durch Krates von Mallos um 150 v. Chr. ein Erdglobus geschaffen zur Veranschaulichung der Lage der Ökumene, begrenzt von zwei sich kreuzenden Ozeangürteln und den drei "gegenüberliegenden Erdgegenden". Ein antiker Himmelsglobus, der ursprünglich wohl um 300 v. Chr. geschaffen wurde, ist als erhaltene Kopie in der Marmorskulptur des Atlas Farnese mit erhaben gezeichneten Sternbildern aus der Zeit um 100 n. Chr. erhalten. Ein Erdglobus mit einem Durchmesser von 51 cm entstand unter maßgebender Beteiligung von M. Behaim 1492 in Nürnberg (Behaimglobus). Erste Globen mit gedrucktem Kartenbild kamen Anfang des 16. Jhs. auf. Für Fürstenhäuser wurden mehrfach Riesengloben als Einzelstück oder Globenpaar geschaffen, so von V.M. Coronelli 1681-83 für den französischen Hof mit 3,80 m Durchmesser. Im 19. Jh. nimmt die Globenproduktion für die Schule – ab etwa 1860 im lithographischen Farbendruck ausgeführt – einen beachtlichen Umfang an. Zu allen Zeiten wurden zu den traditionellen Globen Texthefte mit Erläuterung der vielseitigen Nutzungsmöglichkeiten angeboten.
Von 1997-1999 wurde von A. Riedl, Wien, ein multimedialer virtueller Globus entwickelt und damit der Durchbruch zum digitalen Produkt mit zahlreichen neuen Nutzungsmöglichkeiten auch auf dem Gebiet der Globen erreicht.

WSS, MBR

Literatur: [1] FAUSER, A. (1973): Kulturgeschichte der Globen, München. [2] STAMS, W. (1967): Der thematische Globus, eine aktuelle Aufgabe der Kartographie. In: Veröff. d. Staatl. Math.-Phys. Salons. Bd. 5, 37-54, Berlin. [3] JENSCH, G. (1970): Thematische Globen. In: Grundsatzfragen der Kartographie, Wien, 140-149. [4] RIEDL, A. (2000): Virtuelle Globen in der Geovisualisierung. In: Wiener Schriften zur Geographie und Kartographie, Bd. 13, 13-140.

  • Die Autoren

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lexikons der Kartographie und Geomatik

Herausgeber und Redaktion (jew. mit Kürzel)

JBN

Prof. Dr. Jürgen Bollmann, Universität Trier, FB VI/Kartographie

WKH

Prof. Dr. Wolf Günther Koch, Technische Universität Dresden, Institut für Kartographie

ALI

Dipl.-Geogr. Annette Lipinski, Köln

Autorinnen und Autoren (jew. mit Kürzel)

CBE

Prof. Dr. Christoph Becker, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Fremdenverkehrsgeographie

WBE

Dipl.-Met. Wolfgang Benesch, Offenbach

ABH

Dr. Achim Bobrich, Universität Hannover, Institut für Kartographie und Geoinformatik

GBR

Dr.-Ing. Gerd Boedecker, Bayrische Akademie der Wissenschaften, Kommission für Erdmessung, München

JBN

Prof. Dr. Jürgen Bollmann, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

WBO

Dr. Wolfgang Bosch, Deutsches Geodätisches Forschungsinstitut, München

CBR

Dr. Christoph Brandenberger, ETH Zürich, Institut für Kartographie, (CH)

TBR

Dipl.-Geogr. Till Bräuninger, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

KBR

Prof. Dr. Kurt Brunner, Universität der Bundeswehr, Institut für Photogrammetrie und Kartographie, Neubiberg

MBR

Prof. Dr. Manfred F. Buchroithner, TU Dresden, Institut für Kartographie

EBN

Dr.-Ing. Dr. sc. techn. Ernst Buschmann, Potsdam

WBH

Prof. Dr. Wolfgang Busch, TU Clausthal-Zellerfeld

GBK

Dr. Gerd Buziek, München

ECS

Prof. Dr. Elmar Csaplovics, TU Dresden, Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung

WDK

Prof. Dr. Wolfgang Denk, FH Karlsruhe, Hochschule für Technik, FB Geoinformationswesen

FDN

Doz. Dr. Frank Dickmann, TU Dresden, Institut für Kartographie

RDH

Prof. Dr. Reinhard Dietrich, TU Dresden, Institut für Planetare Geodäsie

DDH

Dr. Doris Dransch, Berlin

HDS

Prof. Dr. Hermann Drewes, Deutsches Geodätisches Forschungsinstitut, München

DER

Dr. Dieter Egger, TU München, Institut für Astronomische und Physikalisch Geodäsie

RET

Dr. jur. Dipl.-Ing. Rita Eggert, Karlsruhe

HFY

Dipl.-Geogr. Holger Faby, Europäisches Tourismus Institut GmbH an der Universität Trier

GGR

Univ. Ass. Dr. MA Georg Gartner, TU Wien, Institut für Kartographie und Reproduktionstechnik, (A)

CGR

Prof. Dr. Cornelia Gläßer, Martin-Luther-Universität, Halle/S.-Wittenberg, Institut für Geographie

KGR

Dr. Konrad Großer, Institut für Länderkunde, Leipzig

RHA

Dr. Ralph Hansen, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

HHT

Dipl.-Met. Horst Hecht, Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, Hamburg

BHK

Prof. Dr.-Ing. Bernhard Heck, Universität Karlsruhe, Geodätisches Institut

FHN

Dr. Frank Heidmann, Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation, Stuttgart

RHN

Prof. Dr. Reinhard Hoffmann, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Didaktik der Geographie

KIK

Prof. Dr. Karl-Heinz Ilk, Universität Bonn, Institut für Theoretische Geodäsie

WKR

Dipl.-Geol. Wolfgang Kaseebeer, Universität Karlsruhe, Lehrstuhl für Angewandte Geologie

KKN

Prof. Dr. Ing. Karl-Hans Klein, Bergische Universität Wuppertal, FB 11, Vermessungskunde/ Ingenieurvermessung

AKL

Dipl.-Geogr. Alexander Klippel, Universität Hamburg, FB Informatik

CKL

Dr. Christof Kneisel, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

WKH

Prof. Dr. Wolf Günther Koch, Technische Universität Dresden, Institut für Kartographie

IKR

Prof. Dr. Ingrid Kretschmer, Universität Wien, Institut für Geographie und Regionalforschung, (A)

JKI

Dr. Jan Krupski, Universität Wroclaw (Breslau), Institut für Geographie, (PL)

CLT

Dipl.-Geogr. Christian Lambrecht, Institut für Länderkunde, Leipzig

ALI

Dipl.-Geogr. Annette Lipinski, Köln

KLL

Dr. Karl-Heinz Löbel, TU Bergakademie Freiberg

OMF

Dr. Otti Margraf, Beucha

SMR

Prof. Dr. Siegfried Meier, TU Dresden, Institut für Planetare Geodäsie

SMI

Dipl.-Geogr. Stefan Neier-Zielinski, Basel (CH)

GML

Dr. Gotthard Meinel, Institut für Ökologische Raumentwicklung, Dresden

RMS

Roland Meis, Puls

BMR

Prof. Dr. Bernd Meißner, Technische Fachhochschule Berlin, FB 7

MMY

Doz. Dr. Dipl.-Ing. Miroslav Miksovsky, TU Prag, Fakultät Bauwesen, (CZ)

AMR

Dr. Andreas Müller, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt.Kartographie

JMR

Dr.-Ing. Jürgen Müller, TU München, Institut für Astronomische und Physikalische Geodäsie

MND

Dr. Maik Netzband, Universität Leipzig, Institut für Geographie

JNN

Prof. Dr. Joachim Neumann, Wachtberg

ANL

Dr. Axel Nothnagel, Universität Bonn, Geodätisches Institut

FOG

Prof. Dr. Ferjan Ormeling, Universität Utrecht, Institut für Geographie, (NL)

NPL

Dr. Nikolas Prechtel, TU Dresden, Institut für Kartographie

WER

Dr. Wolf-Dieter Rase, Bundesamt für Städtebau und Raumplanung, Abt. I, Bonn

KRR

Prof. Dr. em. Karl Regensburger, TU Dresden, Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung

WRT

Prof. Dr. Wolfgang Reinhardt, Universität der Bundeswehr, Institut für Geoinformation und Landentwicklung, Neubiberg

HRR

Heinz W. Reuter, DFS Deutsche Flugsicherung GmbH, Offenbach

SRI

Dipl.-Geogr. Simon Rolli, Basel (CH)

CRE

Dipl.-Ing. Christine Rülke, TU Dresden, Institut für Kartographie

DSB

PD Dr. Daniel Schaub, Aarau (CH)

MST

Dr. Mirko Scheinert, TU Dresden, Institut für Planetare Geodäsie

WSR

Dr.-Ing. Wolfgang Schlüter, Wetzell

RST

Dr. Reinhard-Günter Schmidt, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

JSR

PD Dr. Ing. Johannes Schoppmeyer, Universität Bonn, Institut für Kartographie und Geoinformation

HSN

Prof. Dr. Heidrun Schumann, Universität Rostock, Institut für Computergraphik, FB Informatik

BST

PD Dr. Brigitta Schütt, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

HSH

Prof. Dr.-Ing. Harald Schuh, TU Wien, Institut für Geodäsie und Geophysik, (A)

GSR

Prof. Dr. Günter Seeber, Universität Hannover, Institut für Erdmessung

KSA

Prof. Dr. Kira B. Shingareva, Moskauer Staatliche Universität für Geodäsie und Kartographie, (RU)

JSS

Dr. Jörn Sievers, Bundesamt für Kartographie und Geodäsie, Frankfurt

MSL

Prof. Dr. Michael H. Soffel, TU Dresden, Lohrmann-Observatorium

ESS

Prof. Dr. em. h.c. Ernst Spiess, Forch (CH)

WSS

Doz. i.R. Dr. Werner Stams, Radebeul

MSR

Dipl.-Geogr. Monika Stauber, Berlin

KST

Prof. Dr. em. Klaus-Günter Steinert, TU Dresden, Lohrmann-Observatorium

PTZ

Dr. Peter Tainz, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

ETL

Dr. Elisabeth Tressel, Universität Trier, FB VI/Physische Geographie

AUE

Dr. Anne-Dore Uthe, Institut für Stadtentwicklung und Wohnen des Landes Brandenburg, Frankfurt/Oder

GVS

Dr.-Ing. Georg Vickus, Hildesheim

WWR

Dipl.-Geogr. Wilfried Weber, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

IWT

Prof. Dr. Ingeborg Wilfert, TU Dresden, Institut für Kartographie

HWL

Dr. Hagen Will, Gießen

DWF

Dipl.-Ing. Detlef Wolff, Leverkusen

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.