Lexikon der Kartographie und Geomatik: Gradnetz der Erde
Gradnetz der Erde, E graticule of the Earth, das bereits in der griechischen Antike entstandene und definierte System zur eindeutigen Festlegung der Position eines Punkts auf der Erdoberfläche. Zur Begriffsbestimmung wird zunächst die Erde als homogene Kugel angesehen. Tatsächlich ist das Gradnetz ein sphärisches Polarkoordinatensystem mit den Koordinaten geographische Breite φ und geographische Länge λ (Abb. 1 ). Die Lage eines Punktes A wird durch zwei Winkel fixiert. Die Grundebene des Gradnetzes ist die Äquatorebene. Der Schnittpunkt des Äquators mit dem Meridian von Greenwich (Großkreis zwischen Nordpol P und Südpol P') ist nach internationaler Konvention von 1884 der Nullpunkt P0 dieses Koordinatensystems. Die geographische Breite φ ist der Winkel zwischen der Äquatorebene und dem Kugelradius OA. Alle Kugelpunkte der Breite φ liegen auf einem Parallelkreis. Die geographische Länge λ ist der Winkel, der zwischen der Ebene des Meridians von Greenwich und der Ebene des Meridians von A oder am Pol, im Parallelkreis von A oder in der Ebene des Äquators als Winkel im Kugelmittelpunkt gezählt wird. Die geographische Länge wird zweckmäßig westlich und östlich des Greenwicher Meridians von 0° bis 180° gezählt. Für geodätische Berechnungen reicht das Modell einer Kugel mit dem Radius R=6.371 km nicht aus. Vielmehr muss die Erdoberfläche durch ein Rotationsellipsoid approximiert werden, welches im Geodetic Reference System 1980 definiert ist mit den Maßen: große Halbachse a=6.378.137 m, kleine Halbachse b=6.356.752 m
Abplattung
Auf dem Ellipsoid werden die Polarkoordinaten geodätische Breite B und geodätische Länge L zur Positionierung eines Punkts A auf der Ellipsoidfläche verwendet (Abb. 2). Jetzt ist die Breite B der Winkel, den die Ellipsoidnormale in A mit der Rotationsachse des Ellipsoids einschließt. Die Verbindung von A mit dem Ellipsoidmittelpunkt schließt den Winkel β mit der Äquatorebene ein (geozentrische Koordinaten). Die Länge L ist wiederum als Winkel zwischen der Meridianebene von Greenwich und derjenigen des Punkts A festgelegt.
Bei der Festlegung einer Position auf der Oberfläche eines zweiachsigen Ellipsoids ist zu berücksichtigen, dass in jedem Punkt die Krümmung der Bezugsfläche von der Richtung abhängt. Entsprechend wählt man anstelle des konstanten Kugelradius R für jeden Oberflächenpunkt zwei ausgewählte Krümmungsradien, den einen im Meridian (Meridian- oder Hauptkrümmungsradius) M(Abb. 3) und senkrecht zum Meridian den Querkrümmungsradius N(Abb. 4). Der Meridiankrümmungsradius M liegt in der Zeichenebene und stellt im betrachteten Punkt die Ellipsoidnormale dar. M nimmt in Abhängigkeit von der geodätischen Breite B sowie von den Ellipsoidhalbachsen a und b für B=0 den kleinsten und für B=90° den größten Wert an. Für Äquator und Pol sind die Längen der Meridiankrümmungsradien gleich den Radien der Scheitelkreise, wie sie bei der geometrischen Konstruktion einer Ellipse verwendet werden (Abb. 3). N nimmt in der Äquatorebene den Wert der großen Ellipsoidhalbachse a an und weist für die Pole den gleichen Wert auf wie der Meridiankrümmungshalbmesser M. In Abbildung 4 ist die Konstruktion des Querkrümmungsradius für B=15° dargestellt. In linearem Maß entsprechen einem Äquatorgrad 111,3 km, einem Meridiangrad am Äquator 110,6 km und an den Polen 111,7 km (Gradfeld).
KST
Gradnetz der Erde 1:Gradnetz der Erde 1: Sphärische Polarkoordinaten φ und λ auf der Kugeloberfläche.
Gradnetz der Erde 2:Gradnetz der Erde 2: Geodätische Breite B und geozentrische Breite β.
Gradnetz der Erde 3:Gradnetz der Erde 3: Der Meridiankrümmungsradius M.
Gradnetz der Erde 4:Gradnetz der Erde 4: Der Querkrümmungsradius N.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.