Lexikon der Kartographie und Geomatik: Kartennutzung
Kartennutzung, E map use, die Gesamtheit der Verfahren und Vorgänge zur zielorientierten Anwendung von Karten und der damit verbundenen Informationsentnahme aus Karten zur Lösung raumbezogener Problemstellungen. In einem traditionellen Verständnis der Kartennutzung lässt sich diese vor allem durch die Intensität der Beschäftigung mit der Karte beschreiben. Demnach ist jede Kartennutzung zunächst durch das Kartenlesen charakterisiert. In vielen Fällen genügt das Kartenlesen zur Befriedigung der Bedürfnisse des Nutzers. Bei anderen Aufgaben der Kartennutzung wird die Auswertung der Karte mit den Methoden der Karteninterpretation und Kartometrie intensiviert.
In der digitalen Kartographie gewinnt der Einsatz von interaktiven Nutzungsverfahren zunehmend an Bedeutung und ergänzt traditionelle Nutzungsverfahren statischer Papierkarten. Dazu sind eine Vielzahl von Interaktionswerkzeugen entwickelt worden, die den Nutzer in die Lage versetzen, die Kartenpräsentation individuellen Anforderungen entsprechend zu steuern. Basiswerkzeuge, wie Zoom- oder Rotationsfunktionen sowie Funktionen, die den aktuellen Raumausschnitt in einer kleinmaßstäbigen Übersichtskarte verorten und hervorheben, ermöglichen dem Nutzer, die Präsentationsform quasiselbstständig den Erfordernissen der jeweiligen Nutzungsphase anzupassen. Weitere Basiswerkzeuge, die immer häufiger in digitale kartographische Medien unterschiedlicher Funktionalität integriert werden, können unter dem Oberbegriff kartometrische Werkzeuge zusammengefasst werden. Sie dienen der genauen Ermittlung natürlicher Längen, Flächen, Winkel, Höhen und Koordinaten in der Karte. Während das Messen geometrischer Größen in Papierkarten mit vielfältigen Fehlerquellen verbunden ist, erlauben Bildschirmkarten eine für den Nutzer vereinfachte Form der Kartometrie ohne zusätzliche Hilfsmittel.
Neuere Ansätze zur Erklärung der Kartennutzung beruhen auf theoretischen Ansätzen zur kartographischen Kommunikation. Danach beschreibt die Kartennutzung die beim Nutzer stattfindenden visuell-kognitiven Prozesse und trennt diese nach unterschiedlichen Kommunikationsphasen, die zur Informationsentnahme notwendig sind. Der Zweck und die Zielsetzung einer Anwendung bestimmen, welche konkrete Form der Kartennutzung stattfindet. Ziel der Forschung ist es, Nutzungsbereiche formal auszugliedern, die durch gleichartige visuell-kognitive Operationen gekennzeichnet sind. Die Tabelle zeigt als Ergebnis solcher Formalisierungsprozesse acht spezifische kartographische Handlungsfelder der Kartennutzung im Kommunikationskontext. Die Zusammenhänge unterscheiden sich einerseits durch unterschiedliche Operationen der Informationsgewinnung und andererseits durch spezifische Kommunikationsbedingungen, die den Kontext für diese Operationen bilden. Karten dienen nach diesem Schema als graphisches Hilfsmittel zur Orientierung und Navigation, als Arbeitsinstrument zur Überprüfung, Plausibilitätskontrolle, Modellberechnung oder Simulation, als Entscheidungsinstrument zur raumbezogenen Planung, Führung und Organisation, als Unterrichtungsinstrument über Situationen und Vorgänge oder zur Dokumentation von Analyse- und Bewertungsergebnissen. Für jede dieser und weiterer Funktionen von Karten werden individuelle Unterstützungsformen in Form von Arbeitsgraphik benötigt, um die Prozesse der Kartennutzung möglichst effektiv zu fördern.
FHN
Literatur: [1] BOLLMANN, J. (1996): Kartographische Modellierung – Integrierte Herstellung und Nutzung von Kartensystemen. In: Schweizerische Gesellschaft für Kartographie (Ed.): Kartographie im Umbruch – neue Herausforderungen, neue Technologien. Beiträge zum Kartographiekongress Interlaken 96, Bern, 35-55. [2] MUEHRCKE, P.C. & MUEHRCKE, J.O. (1992): Map use: reading, analysis, and interpretation. 3. Aufl., Madison, Wi.
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