Lexikon der Kartographie und Geomatik: Kupferstich
Kupferstich, E copperplate engraving, ein Verfahren zur manuellen Herstellung von Kupferdruckplatten, dessen Druckerzeugnis ebenfalls als Kupferstich bezeichnet wird. Der Kupferstich wurde vom Ende des 15. bis Mitte des 19. Jhs. vorrangig für die Kartenvervielfältigung benutzt (Kupferstichkarte).
Für den Kupferstich wird eine je nach Format 2 - 5 mm starke Kupferplatte poliert, grundiert und darauf unmittelbar mittels Silberstift oder über eine eingefärbte Gelatinepause die Zeichnung (das Kartenbild) seitenverkehrt aufgetragen. Mit dem Grabstichel werden die Linienelemente spanförmig als Furche herausgehoben, der dabei beidseitig entstehende Grad mit dem Schabeisen entfernt. In gleicher Weise werden Schraffuren, Flächenmuster, Signaturen und die Kartenschrift ausgeführt. Nach Entfernen des Grundes wird in die fertig gestochene Platte die zähe Tiefdruckfarbe mit einem Tampon in die vertiefte Zeichnung eingerieben, die überschüssige Farbe sorgfältig abgewischt, bevor in der Kupferdruck-Handpresse der Abzug erfolgt. Dazu werden die Platte, das aufgelegte angefeuchtete Papier und das Abdeckmaterial unter starkem Druck zwischen zwei Walzen hindurchgezogen. Beim Abheben des Bogens haftet die Farbe am Papier und bildet auf diesem ein leicht erhabenes Relief.
Der Kupferstich ermöglicht neben feinen Linien und Schraffuren auch kräftige Striche und ist deshalb für den Kartendruck besonders geeignet. Er entstand fast gleichzeitig mit dem Buchdruck um die Mitte des 15. Jhs. Die ältesten datierten Kupferstichkarten stammen aus Italien (Ptolemäus-Ausgabe Bologna 1477); auch einige deutsche Karteninkunabeln sind bekannt. In der zweiten Hälfte des 16. Jhs. entstanden bereits vielblättrige Kartenwerke (so 1569 die 18-blättrige Weltkarte von G. Mercator) und umfängliche Atlanten (z. B. von A. Ortelius "Theatrum orbis terrarum" 1570). Die sich herausbildende kartographische Zeichensprache (Kartenzeichen) wurde von den Möglichkeiten des Kupferstichs geprägt. Die Produktion von Kupferstichkarten nahm dann im 17. Jh. einen beachtlichen Umfang an (Atlas von W. Blaeu in 12 Bänden, 1665). Im 18. Jh. wurden auch die ersten topographischen Landeskartenwerke in Kupferstich vervielfältigt. Im 19. Jh. erhöhte sich trotz Konkurrenz durch die Lithographie die Anzahl der in Kupferstich hergestellten Einzelkarten, Kartenwerke und Atlanten noch beträchtlich.
Die hohen Anforderungen an Gleichmäßigkeit und Exaktheit in der Linienführung führten zur speziellen Ausbildung von Kartokupferstechern. Verschiedentlich wurden topographische Karten auch in mehrfarbigem Kupferstich (Grundriss und Schrift schwarz, Schraffen braun, Gewässer blau) ausgeführt. Insbesondere in der Atlaskartographie wirkte sich nachteilig aus, dass von einem Kupferstich nur eine relativ niedrige Auflage gedruckt werden konnte. Nach 1500 bis 2000 Abzügen musste die Platte durch Aufstechen regeneriert, danach oft auch noch ein Nachstich hergestellt werden. Die Galvanoplastik ermöglichte die mechanische Vervielfältigung gestochener Platten, die Heliogravüre die Tiefätzung von gezeichneten Kartenoriginalen für den Kupferdruck. Punzen, mit denen Signaturen und Zahlen in die Platte eingeschlagen werden können, vereinfachten die Sticharbeiten besonders bei Seekarten. Dennoch konnte die Ablösung des Kupferstichs durch die Lithographie nicht aufgehalten werden. Die achte Ausgabe von " Stielers Handatlas" (1888-91) dürfte die letzte große Atlasausgabe in einfarbigem Kupferdruck mit anschließendem Handkolorit gewesen sein. In einigen speziellen Zweigen der Kartenherausgabe (so in der Seekartenherstellung) hielt sich der Kartenkupferstich bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Kurzfristige Laufendhaltung, kleine Auflagen und Druck auf besonders festem Papier waren dafür ausschlaggebend.
WSS
Literatur: BOSSE, H. (1953): Der Kupferstich, In: Kartentechnik II, Gotha 1-33.
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