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Lexikon der Kartographie und Geomatik: Radarinterferometrie

Radarinterferometrie, bei herkömmlichen, abbildenden Radar-Systemen wird jedem Punkt des abgebildeten Gebietes entsprechend seinem Abstand zum Sensor eine Position in der Bildebene zugeordnet. Das Ergebnis ist ein zweidimensionales Bild des Testgebietes. Eine Weiterentwicklung dieser Methode stellt die SAR-Interferometrie dar. Hierbei wird ein Testgebiet von zwei oder mehr unterschiedlichen Sensorpositionen aus abgebildet. Da es sich bei Radarsystemen um kohärente Systeme handelt, enthalten die Daten nicht nur Informationen über die Rückstreuintensität sondern auch eine Phaseninformation. Diese Phaseninformation bzw. die Differenzphase zwischen den beiden Aufnahmen kann zur Erstellung von digitalen Höhenmodellen (across-track-Interferometrie), zur Detektion von Veränderungen im Zentimeterbereich (Differential-Interferometrie), zur multitemoralen Klassifikation oder zur Detektion beweglicher Streuer (along-track-Interferometrie) verwendet werden.
Für interferometrische Anwendungen werden zwei oder mehr Aufnahmen des Testgebietes von leicht unterschiedlichen Sensorpositionen benötigt. Dies kann entweder durch einmaliges Befliegen des Testgebietes erreicht werden, wobei sich auf der Sensorplattform zwei räumlich getrennte Antennen befinden (Single-Pass-Mode), oder, bei Sensoren die nur über eine Antenne verfügen, durch wiederholtes Überfliegen des Testgebietes mit leicht gegeneinander versetzten Flugwegen. Die räumliche Distanz zwischen den beiden Antennen wird als Baseline B oder Standline bezeichnet.
Das interferometrische Prinzip: durch die unterschiedlichen Aufnahmepositionen ist der Abstand eines beliebigen Punktes im Testgebiet zu den beiden Sensorpositionen verschieden. Die zugehörigen zwei Pixel unterscheiden sich daher in ihrer Phasen φA2 und φA1. Diese Phasendifferenz wird als interferometrische Phase bezeichnet. Bei hinreichend genauer Kenntnis der Aufnahmegeometrie kann aus dieser Phasendifferenz mittels einfacher trigonometrischer Gleichungen aus der aufnahmebedingten Geometrie eines Punktes in der Entfernungsebene die Höhe des Punktes über einer Referenzebene berechnet werden. Wird diese Berechnung für jeden Punkt des Testgebietes durchgeführt, erhält man eine Reliefdarstellung des Testgebietes, die in ein digitales Geländemodell überführt werden kann. Die Phasendifferenz ist allerdings nur in einem Bereich zwischen 0 und 2π eindeutig messbar. Um die daraus resultierende Mehrdeutigkeit aufzulösen, ist zur Erstellung von digitalen Geländemodellen ein zusätzlicher Verarbeitungsschritt notwendig, der als Phase-Unwrapping bezeichnet wird.
Wie bereits angesprochen und in der Abbildung dargestellt, benötigt man für die Radarinterferometrie (mindestens) zwei Antennen A1 und A2, die, räumlich durch eine Standline [b pfeil] getrennt, das Testgebiet abbilden. Die Entfernung zwischen Antenne A2 und einem Streuer am Punkt P auf der Oberfläche beträgt rA2 =r, und die Distanz zur zweiten Antenne A1 beträgt rA1  =r + Δr. Um zu gewährleisten, dass der Streuvorgang für beide Aufnahmen als identisch angenommen werden kann, darf der Abstand zwischen den beiden Antennenpositionen einen bestimmten Wert, die kritische Baseline Bcrit, nicht überschreiten.
Für die oben angestellten Überlegungen wurde die Objektphase des Streuers φstreu für beide Aufnahmen als konstant angenommen und somit die Phasendifferenz als rein geometriebedingt. In der Realität müssen allerdings zusätzliche Effekte berücksichtigt werden, von denen die wichtigsten im Folgenden angesprochen werden sollen: a) Systemrauschen: Für Bereiche geringer Rückstreuintensität ergibt sich ein niedriges Signal-zu-Rausch-Verhältnis, und die gemessene Phase des Streuers ist mit einem statistischen verteilten Rauschanteil überlagert. b) Geometrische Dekorrelation: Durch die leicht unterschiedlichen Aufnahmepositionen werden die Streuer unter leicht unterschiedlichen Winkeln betrachtet, was in einer leicht unterschiedlichen Objektphase φstreu resultiert. Dieser Effekt wächst mit zunehmender Baseline bis hin zur vollständigen Dekorrelation beim Überschreiten der kritischen Baseline. c) Zeitliche Dekorrelation: Für Repeat-pass-Anwendungen können sich die Streueigenschaften innerhalb der Auflösungszelle zwischen den Überflügen ändern und damit auch die Objektphase φstreu.
Die ersten beiden Effekte sind technische Probleme und können durch geeignete Gegenmaßnahmen kompensiert werden. Der dritte Effekt hingegen basiert auf Veränderungen der Streuer und kann nicht beeinflusst werden.
Für Klassifikationsansätze nutzt man die unterschiedliche zeitliche Veränderung im Streuverhalten verschiedener Objekte aus. Künstliche Streuer wie zum Beispiel Gebäude oder Winkelspiegel verändern ihr Streuverhalten im Laufe der Zeit kaum und haben daher in der Regel eine hohe Kohärenz. Vegetation hingegen ändert, abhängig von der verwendeten Wellenlänge, die Streueigenschaften im Laufe der Zeit. Insbesondere für hohe Frequenzen wie im C- und X-Band findet aufgrund der geringen Eindringtiefe der Streuprozess an den Blättern und kleinen Zweigen statt. Diese ändern ihre Geometrie (zum Beispiel durch Wind, Sonnenstand und Wachstum) recht schnell und die Kohärenz sinkt auch schon bei kurzen Zeitabständen zwischen den Aufnahmen. Für niedrigere Frequenzen wie z. B. das L- und P-Band findet der Streuprozess aufgrund der höheren Eindringtiefe hauptsächlich am Boden und an den Stämmen statt, die auch über längere Zeiträume ihre Streugeometrie nicht ändern. Daher weisen Aufnahmen in diesen Frequenzbereichen auch über Vegetationsgebieten eine vergleichsweise hohe Kohärenz auf. Unter Ausnutzung dieser Zusammenhänge und gegebenenfalls Verwendung von Aufnahmen in mehreren Frequenzbereichen lassen sich somit Klassifikationen erstellen.

MBR


Radarinterferometrie:Radarinterferometrie: Prinzipskizze der Aufnahmegeometrie für Radarinterferometrie.
  • Die Autoren

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lexikons der Kartographie und Geomatik

Herausgeber und Redaktion (jew. mit Kürzel)

JBN

Prof. Dr. Jürgen Bollmann, Universität Trier, FB VI/Kartographie

WKH

Prof. Dr. Wolf Günther Koch, Technische Universität Dresden, Institut für Kartographie

ALI

Dipl.-Geogr. Annette Lipinski, Köln

Autorinnen und Autoren (jew. mit Kürzel)

CBE

Prof. Dr. Christoph Becker, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Fremdenverkehrsgeographie

WBE

Dipl.-Met. Wolfgang Benesch, Offenbach

ABH

Dr. Achim Bobrich, Universität Hannover, Institut für Kartographie und Geoinformatik

GBR

Dr.-Ing. Gerd Boedecker, Bayrische Akademie der Wissenschaften, Kommission für Erdmessung, München

JBN

Prof. Dr. Jürgen Bollmann, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

WBO

Dr. Wolfgang Bosch, Deutsches Geodätisches Forschungsinstitut, München

CBR

Dr. Christoph Brandenberger, ETH Zürich, Institut für Kartographie, (CH)

TBR

Dipl.-Geogr. Till Bräuninger, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

KBR

Prof. Dr. Kurt Brunner, Universität der Bundeswehr, Institut für Photogrammetrie und Kartographie, Neubiberg

MBR

Prof. Dr. Manfred F. Buchroithner, TU Dresden, Institut für Kartographie

EBN

Dr.-Ing. Dr. sc. techn. Ernst Buschmann, Potsdam

WBH

Prof. Dr. Wolfgang Busch, TU Clausthal-Zellerfeld

GBK

Dr. Gerd Buziek, München

ECS

Prof. Dr. Elmar Csaplovics, TU Dresden, Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung

WDK

Prof. Dr. Wolfgang Denk, FH Karlsruhe, Hochschule für Technik, FB Geoinformationswesen

FDN

Doz. Dr. Frank Dickmann, TU Dresden, Institut für Kartographie

RDH

Prof. Dr. Reinhard Dietrich, TU Dresden, Institut für Planetare Geodäsie

DDH

Dr. Doris Dransch, Berlin

HDS

Prof. Dr. Hermann Drewes, Deutsches Geodätisches Forschungsinstitut, München

DER

Dr. Dieter Egger, TU München, Institut für Astronomische und Physikalisch Geodäsie

RET

Dr. jur. Dipl.-Ing. Rita Eggert, Karlsruhe

HFY

Dipl.-Geogr. Holger Faby, Europäisches Tourismus Institut GmbH an der Universität Trier

GGR

Univ. Ass. Dr. MA Georg Gartner, TU Wien, Institut für Kartographie und Reproduktionstechnik, (A)

CGR

Prof. Dr. Cornelia Gläßer, Martin-Luther-Universität, Halle/S.-Wittenberg, Institut für Geographie

KGR

Dr. Konrad Großer, Institut für Länderkunde, Leipzig

RHA

Dr. Ralph Hansen, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

HHT

Dipl.-Met. Horst Hecht, Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, Hamburg

BHK

Prof. Dr.-Ing. Bernhard Heck, Universität Karlsruhe, Geodätisches Institut

FHN

Dr. Frank Heidmann, Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation, Stuttgart

RHN

Prof. Dr. Reinhard Hoffmann, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Didaktik der Geographie

KIK

Prof. Dr. Karl-Heinz Ilk, Universität Bonn, Institut für Theoretische Geodäsie

WKR

Dipl.-Geol. Wolfgang Kaseebeer, Universität Karlsruhe, Lehrstuhl für Angewandte Geologie

KKN

Prof. Dr. Ing. Karl-Hans Klein, Bergische Universität Wuppertal, FB 11, Vermessungskunde/ Ingenieurvermessung

AKL

Dipl.-Geogr. Alexander Klippel, Universität Hamburg, FB Informatik

CKL

Dr. Christof Kneisel, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

WKH

Prof. Dr. Wolf Günther Koch, Technische Universität Dresden, Institut für Kartographie

IKR

Prof. Dr. Ingrid Kretschmer, Universität Wien, Institut für Geographie und Regionalforschung, (A)

JKI

Dr. Jan Krupski, Universität Wroclaw (Breslau), Institut für Geographie, (PL)

CLT

Dipl.-Geogr. Christian Lambrecht, Institut für Länderkunde, Leipzig

ALI

Dipl.-Geogr. Annette Lipinski, Köln

KLL

Dr. Karl-Heinz Löbel, TU Bergakademie Freiberg

OMF

Dr. Otti Margraf, Beucha

SMR

Prof. Dr. Siegfried Meier, TU Dresden, Institut für Planetare Geodäsie

SMI

Dipl.-Geogr. Stefan Neier-Zielinski, Basel (CH)

GML

Dr. Gotthard Meinel, Institut für Ökologische Raumentwicklung, Dresden

RMS

Roland Meis, Puls

BMR

Prof. Dr. Bernd Meißner, Technische Fachhochschule Berlin, FB 7

MMY

Doz. Dr. Dipl.-Ing. Miroslav Miksovsky, TU Prag, Fakultät Bauwesen, (CZ)

AMR

Dr. Andreas Müller, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt.Kartographie

JMR

Dr.-Ing. Jürgen Müller, TU München, Institut für Astronomische und Physikalische Geodäsie

MND

Dr. Maik Netzband, Universität Leipzig, Institut für Geographie

JNN

Prof. Dr. Joachim Neumann, Wachtberg

ANL

Dr. Axel Nothnagel, Universität Bonn, Geodätisches Institut

FOG

Prof. Dr. Ferjan Ormeling, Universität Utrecht, Institut für Geographie, (NL)

NPL

Dr. Nikolas Prechtel, TU Dresden, Institut für Kartographie

WER

Dr. Wolf-Dieter Rase, Bundesamt für Städtebau und Raumplanung, Abt. I, Bonn

KRR

Prof. Dr. em. Karl Regensburger, TU Dresden, Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung

WRT

Prof. Dr. Wolfgang Reinhardt, Universität der Bundeswehr, Institut für Geoinformation und Landentwicklung, Neubiberg

HRR

Heinz W. Reuter, DFS Deutsche Flugsicherung GmbH, Offenbach

SRI

Dipl.-Geogr. Simon Rolli, Basel (CH)

CRE

Dipl.-Ing. Christine Rülke, TU Dresden, Institut für Kartographie

DSB

PD Dr. Daniel Schaub, Aarau (CH)

MST

Dr. Mirko Scheinert, TU Dresden, Institut für Planetare Geodäsie

WSR

Dr.-Ing. Wolfgang Schlüter, Wetzell

RST

Dr. Reinhard-Günter Schmidt, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

JSR

PD Dr. Ing. Johannes Schoppmeyer, Universität Bonn, Institut für Kartographie und Geoinformation

HSN

Prof. Dr. Heidrun Schumann, Universität Rostock, Institut für Computergraphik, FB Informatik

BST

PD Dr. Brigitta Schütt, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

HSH

Prof. Dr.-Ing. Harald Schuh, TU Wien, Institut für Geodäsie und Geophysik, (A)

GSR

Prof. Dr. Günter Seeber, Universität Hannover, Institut für Erdmessung

KSA

Prof. Dr. Kira B. Shingareva, Moskauer Staatliche Universität für Geodäsie und Kartographie, (RU)

JSS

Dr. Jörn Sievers, Bundesamt für Kartographie und Geodäsie, Frankfurt

MSL

Prof. Dr. Michael H. Soffel, TU Dresden, Lohrmann-Observatorium

ESS

Prof. Dr. em. h.c. Ernst Spiess, Forch (CH)

WSS

Doz. i.R. Dr. Werner Stams, Radebeul

MSR

Dipl.-Geogr. Monika Stauber, Berlin

KST

Prof. Dr. em. Klaus-Günter Steinert, TU Dresden, Lohrmann-Observatorium

PTZ

Dr. Peter Tainz, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

ETL

Dr. Elisabeth Tressel, Universität Trier, FB VI/Physische Geographie

AUE

Dr. Anne-Dore Uthe, Institut für Stadtentwicklung und Wohnen des Landes Brandenburg, Frankfurt/Oder

GVS

Dr.-Ing. Georg Vickus, Hildesheim

WWR

Dipl.-Geogr. Wilfried Weber, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

IWT

Prof. Dr. Ingeborg Wilfert, TU Dresden, Institut für Kartographie

HWL

Dr. Hagen Will, Gießen

DWF

Dipl.-Ing. Detlef Wolff, Leverkusen

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