Lexikon der Kartographie und Geomatik: Seekartographie
Seekartographie, E hydrographic charting, die Herstellung und Fortführung von Seekarten als nautisches Hilfsmittel. Entsprechend den Anwendungen in der Navigation werden Seekarten fast immer im winkeltreuen Mercatorentwurf (vgl. Zylinderentwürfe) dargestellt, da bei dieser jede Schiffs-Kurslinie (= Loxodrome) als Gerade abgebildet wird. Der Karteninhalt, der u. a. auf den Ergebnissen der Seevermessung beruht, umfasst Fahrwasser, Gefahrenstellen (Riffe, Sandbänke, Wracks usw.), Seezeichen (Leuchttürme, Barken) sowie Tiefenangaben (als Tiefenlinien und Tiefenpunkte), die sich auf Seekartennull (SKN) beziehen.
Seekarten zählen zu den ältesten Verkehrskarten: die Stabkarten der Mikronesier werden als eine frühe Form von Spezial-Seekarten angesehen. Als Vorläufer der heutigen Seekartenwerke in Westeuropa gelten die Periploi des Altertums und die Portolane (Portolankarten) des Mittelalters, die als erste Seehandbücher neben Segelanweisungen auch Profilansichten der von Schiffen angefahrenen Küsten enthielten. Mit Beginn des 18. Jhs. etablierten sich die ersten staatlichen hydrographischen Ämter und somit der Beginn einer amtlichen Seekartographie (vgl. behördliche Kartographie).
In Deutschland liegt heute die Zuständigkeit für Seekarten beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) (bis 1990 Deutsches Hydrographisches Institut (DHI)), das mit ausländischen hydrographischen Diensten unter dem Dach der Internationalen Hydrographischen Organisation (IHO) zusammenarbeitet. und als hydrographischer Dienst Deutschlands verantwortlich für die Herausgabe amtlicher Seekarten und nautischer Veröffentlichungen ist. Das BSH unterhält ein Seekartenwerk, das derzeit ca. 600 Seekarten der europäischen Seegebiete umfasst. Neben den Seekarten gibt das BSH Seebücher heraus, die Leuchtfeuerverzeichnisse, See- und Ozeanbücher und den nautischen Funkdienst zum Inhalt haben.
Das für die Seeschifffahrt bedeutendste Seekartenwerk ist das von der British Admiralty herausgegebene weltweite, ca. 4000 Seekarten umfassende Seekartenwerk.
Die wesentliche Entwicklung seit Beginn der 1990er Jahre ist das Electronic Chart Display and Information System (ECDIS), das von der International Maritime Organization (IMO) als rechtliches Äquivalent zu dem nach SOLAS vorgeschriebenen traditionellen nautischen Informationssystemen für die Seenavigation zugelassen wurde. Da ECDIS von der Konzeption her als Äquivalent zur herkömmlichen Seekarte gilt, schließt in Deutschland der gesetzliche Auftrag, amtliche Seekarten herzustellen, auch die Herstellung von ECDIS ein. Dies gilt ebenso für die Schaffung einer Schnittstelle für den internationalen Datenaustausch. Grundlage für die Datenherstellung und den -austausch ist der von der IHO beschlossene sog. IHO Transfer Standard for Exchange of Digital Hydrographic Data. Für den Vertrieb der ECDIS-Daten (ENC) baut die IHO ein weltweites Netzwerk von Diensten (WEND) auf. Digitalisierte Seekarten und Seebücher als Datenmaterial sind nur bedingt für den Einsatz mit ECDIS geeignet. Das BSH hat daher ein Konzept entwickelt, das die Herstellung von Seekarten und Seebüchern (einschließlich Bereitstellung der ECDIS-Daten) durch das integrierte System Nautisch-Hydrographisches Informationssystem" (NAUTHIS) ermöglicht. NAUTHIS soll bis Mitte 2001 realisiert sein. Das Konzept NAUTHIS beinhaltet folgende Ziele: a) wesentliche Datenquellen für Seebücher und Seekarten sollen redundanzfrei zusammengebracht werden, b) unter Berücksichtigung der Datensicherheit soll die Laufendhaltung des Datenbestandes ohne Doppelbearbeitung unterstützt werden und c) die Herstellung und redaktionelle Bearbeitung (vgl. Kartenredaktion) von Seekarten, Sportschifffahrtskarten, Leuchtfeuerverzeichnisse und weiterer Seebücher muss ermöglicht werden.
HHT
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