Lexikon der Kartographie und Geomatik: Thematische Kartographie
Thematische Kartographie, Themakartographie, E thematic cartography, Teilgebiet bzw. Zweig der Angewandten Kartographie, der sich mit der Bearbeitung und Herstellung thematischer Karten, thematischer Kartenwerke und thematischer Atlanten sowie mit deren Nutzungsmöglichkeiten und -bedingungen befasst.
Thematische Karten kommen bereits in der Frühzeit der Kartographie sporadisch vor (nubische Goldminenkarte), doch war die für die Thematische Kartographie notwendige umfassende Datenerfassung in den raumbezogenen Wissenschaften, insbesondere in den Geowissenschaften, meist erst im Laufe des 19. Jhs. möglich. Die für die graphische Gestaltung notwendigen kartographischen Darstellungsmethoden waren zum größten Teil bis etwa 1860 entwickelt und wurden im Verlauf des 20. Jhs. nur verfeinert, ergänzt und systematisiert.
Typisch für die Thematische Kartographie ist das enge Zusammenwirken zwischen der jeweiligen Fachwissenschaft bzw. dem Fachbereich und der Kartographie (Kooperation Fachautor – Kartograph, vgl. Kartenredaktion). Die fachgerechte Erfassung der Sachdaten (Geländeaufnahme, Gewinnung thematischer Fernerkundungsdaten, statistische Datengewinnung u. a.) und deren Aufbereitung (Datenmodellierung heute vielfach im Rahmen eines Fachinformationssystems aber auch die thematische Generalisierung) erfolgen i. d. R. in Verantwortung der Fachdisziplin.
Je nach Zweckbestimmung und Kartenthema sind die Anwendungsbereiche der thematischen Kartographie sehr breit gefächert und lassen sich heute nur schwer überblicken.
Bedeutendste sind (u. a.) die Planungskartographie (Planungs- und Entscheidungsfunktion), die Schulkartographie (Bildungsfunktion), die touristische Kartographie (Freizeit und Erholung), die Seekartographie und die Luftverkehrskartographie (Navigationsfunktion) sowie die Militärkartographie (Landesverteidigung). Diese Zweige sind teils institutionalisiert (vgl. behördliche Kartographie), teils privatkartographisch verankert (vgl. gewerbliche Kartographie).
Große geowissenschaftliche Kartenwerke (vgl. thematische Landesaufnahme, thematische Atlanten, Nationalatlas) werden fast ausschließlich von staatlichen Ämtern oder von vom Staat beauftragten wissenschaftlichen Einrichtungen hergestellt. In der Bundesrepublik Deutschland sind dies u. a. die Landesämter für Geologie, für Umwelt, für Forsten sowie die Bundesämter bzw. -anstalten für Geowissenschaften und Rohstoffe, für Gewässerkunde, für Seeschifffahrt und Hydrographie.
Im Rahmen von Geoinformationssystemen und Fachinformationssystemen wird der Bildschirm immer mehr zur primären Visualisierungsgrundlage in der thematischen Kartographie (vgl. Bildschirmkarte). Für bestimmte andere Nutzungsmethoden und Einsatzbereiche (z. B. Tourismus) stehen nach wie vor gedruckte thematische Karten auf Papier zur Verfügung und werden vorrangig genutzt. Gegenwärtige Tendenzen in der thematischen Kartographie sind das Zusammenrücken des Herstellungs- und des Nutzungsprozesses durch interaktive Bildschirmkommunikation zur Erkenntnisgewinnung, zunehmend fachübergreifende Anwendungen der thematischen Karten, die Entwicklung multimedialer Systeme (vgl. Multimedia-Kartographie) sowie die Einbeziehung von 3-D-Darstellungen (Raummodellen).
WKH
Literatur: [1] WITT, W. (1970): Thematische Kartographie. Hannover. [2] ARNBERGER, E. (1997): Thematische Kartographie. Braunschweig. [3] MAYER, F. (1993): Thematische Kartographie heute – Impulse/Zukunftsaspekte. In: GIS und Kartographie, Wiener Schriften zur Geographie und Kartographie, 6, Wien. [4] KELNHOFER, F. (1996): Geographische und/oder Kartographische Informationssysteme. In: Kartographie im Umbruch – neue Herausforderungen, neue Technologien. Beiträge zum Kartographiekongress Interlaken 1996, 9-26. Bern.
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