Lexikon der Kartographie und Geomatik: Zeichenmodell
Zeichenmodell, Zeichenkonzeption, wissenschaftliche Auffassung der Konstitution des Zeichens. Die Art des Zeichenmodells ist in der Semiotik von grundsätzlicher Bedeutung. Die Vielfalt der Zeichenmodelle wird i. d. R. auf zwei Klassen, nämlich das dyadische und das triadische Zeichenmodell (zwei bzw. drei Konstituenten), reduziert. Hinzu kommen noch monadische Modelle, die nicht zwischen dem Zeichenträger und seinem Inhalt unterscheiden und Grundlage naiver unreflektierter Zeichenauffassungen sind sowie tetradische (aus vier Bestandteilen zusammengesetzte) Modelle. Ein Zeichenmodell mit sechs Konstituenten wurde im Rahmen der linguistischen Lexikologie entwickelt. Zwischen der dyadischen und der triadischen Konzeption bestehen fundamentale Unterschiede, aufgrund derer sich in der modernen Semiotik zwei konzeptionelle Hauptströmungen herausgebildet haben.
Das dyadische Zeichenmodell wird zumeist in Verbindung mit den Arbeiten des französischen Sprachwissenschaftlers F. de Saussure (1857-1913) betrachtet, obgleich der Grundgedanke bereits in der Antike und im Mittelalter existent war (Abb. 2). Das (sprachliche) Zeichen setzt sich demnach aus einem Lautbild (Signifikant) und der Vorstellung (Signifikat) zusammen. Es wird somit weitgehend auf seine Bedeutungsfunktion reduziert. Später hat Saussure die beiden Seiten des Zeichens mit neuen Termini belegt (deutsch: das Bezeichnete =Bedeutung und das Bezeichnende). Trotzdem erwies sich dieses Zeichenmodell als zu eng für nichtsprachliche Zeichen.
Das triadische Zeichenmodell hat gleichfalls Wurzeln in der Antike und gewann dann wieder in der Aufklärung an Bedeutung. Die Arbeiten von Ch.S. Peirce (1839-1914), von Ch.W. Morris und von verschiedenen Semiotikern des 20. Jhs. haben dieses Modell, das sich (allgemein) aus dem Zeichenträger, der Bedeutung und einem Referenzobjekt zusammensetzt, im modernen Sinne begründet. Als Dreieck (semiotisches Dreieck) findet sich das triadische Zeichenmodell bei C.K. Ogden und I.A. Richards (1923), später, aufbauend auf den Theorien von Peirce, bei E. Bense (1971) (Abb. 3, 4). Im Rahmen der kartographischen Zeichentheorie (Kartosemiotik) wird das Kartenzeichen als Triade behandelt, wobei sich Studien sowohl auf Peirce (Zeichenträger/Repräsentamen, Objekt, Interpretant), als auch auf Morris (Zeichenträger, Interpretant, Denotat/Designat bzw. Signifikat; Dimensionen Syntaktik, Semantik und Pragmatik) beziehen (Abb. 1). Die marxistische Semiotik fügt hier noch als vierte Dimension die Sigmatik hinzu.
Obgleich die auf Peirce zurückgehende Zeichentypologie hinsichtlich des Objektbezuges mit Ikon, Index und Symbol erheblichen Einfluss in der Kartographie gewonnen hat, gibt es bisher nur wenig systematische Untersuchungen zum Interpretantenbezug mit Rhema, Dicent und Argument und zum Bezug auf Zeichenträger/Repräsentamen (Quali-, Sin- und Legizeichen).
Daneben hat sich aus kartographischer Sicht das Morris'sche Modell als sehr praktikabel erwiesen, weil es unter Bezug auf die Semiose den Kommunikationsprozess (vgl. kartographische Kommunikation) beschreibt und gleichzeitig Verhaltensaspekte berücksichtigt (Abb. 1).
WKH
Literatur: [1] NÖTH, W. (Hrsg.) (2000): Handbuch der Semiotik. Stuttgart/Weimar. [2] MORRIS, Ch. W. (1988): Grundlagen der Zeichentheorie, Ästhetik der Zeichentheorie, Frankfurt a. M.
Zeichenmodell 1:Zeichenmodell 1: Die drei Korrelate der Semiose und die drei Dimensionen der Semiotik nach Morris (1939, 1972)
Zeichenmodell 2:Zeichenmodell 2: Saussures Modell des sprachlichen Zeichens mit deutscher Übersetzung.
Zeichenmodell 3:Zeichenmodell 3: Das semiotische Dreieck in heutiger Terminologie.
Zeichenmodell 4:Zeichenmodell 4: Das triadische Zeichen von Peirce als semiotisches Dreieck nach Bense (modifiziert).
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