Lexikon der Mathematik: additive Zahlentheorie
die Behandlung von Problemen über die Darstellung von Zahlen als Summe von Zahlen aus einer vorgegebenen Menge.
Ein klassisches Problem der additiven Zahlentheorie ist z. B. die Frage, welche positiven ganzen Zahlen sich als Summe zweier Quadrate darstellen lassen. Die Lösung ist ziemlich schön: sie beruht auf der Gleichung
die in irgendeiner Form vermutlich schon Diophant bekannt war, und die es erlaubt, das Produkt zweier Zahlen, von denen jede sich als Summe zweier Quadrate schreiben läßt, wieder als Summe zweier Quadrate zu schreiben. Den Rest der Lösung erledigt der Zwei-Quadrate-Satz von Euler über die Darstellbarkeit von Primzahlen als Summe zweier Quadrate.
Welche Zahlen lassen sich als Summe von drei oder vier Quadraten schreiben? Diese Fragen werden durch den Drei-Quadrate-Satz von Gauß und durch den Vier-Quadrate-Satz von Lagrange gelöst; letzterer besagt, daß sich jede nicht-negative ganze Zahl als Summe von vier Quadraten darstellen läßt; dabei zählt auch 02 = 0 als Quadratzahl, sonst müßte man schreiben: „als Summe von höchstens vier Quadraten“.
Was ist, wenn man Quadrate durch Kuben ersetzt? Gibt es eine Zahl, nennen wir sie g3, mit der Eigenschaft, daß sich jede ganze Zahl als Summe von g3 Kuben darstellen läst? Und was ist mit höheren Potenzen? Diese Art von Fragen führt zur Waringschen Vermutung, die besagt, daß es zu jeder Potenz k eine endliche Anzahl g(k) derart gibt, daß sich jede nicht-negative ganze Zahl als Summe von g(k) k-ten Potenzen darstellen läßt (wieder gilt 0k = 0 als k-te Potenz). In dieser Form ist die Vermutung durch den Satz von Waring-Hilbert gelöst. Weitere Fragen sind: Wie groß ist g(k)? Welche Aussagen lassen sich über die Asymptotik von g(k) für k → ∞ machen?
Das berühmteste Problem der additiven Zahlentheorie stammt aus einem Briefwechsel zwischen Goldbach und Euler und ist heute als Goldbachsche Vermutung bekannt: Ist jede gerade Zahl n ≥ 6 als Summe von zwei ungeraden Primzahlen darstellbar? Wieder konnte man zeigen (Satz von Goldbach-Schnirelmann), daß es eine Konstante c derart gibt, daß jede Zahl ≥ 2 als Summe von höchstens c Primzahlen darstellbar ist. In dieser Sprechweise ist die Goldbachsche Vermutung zu c = 3 äquivalent, und das ist heute (Anfang 2000) noch ein offenes Problem.
Bei alledem ist auch die Anzahl der Möglichkeiten, eine Zahl als Summe von Zahlen aus einer gegebenen Menge A darzustellen, eine interessante Frage der additiven Zahlentheorie. Setzt man A = ℕ, so stellt man sich die Frage nach der Anzahl der Partitionen einer Zahl n, also der Anzahl der verschiedenen Möglichkeiten, n als Summe natürlicher Zahlen zu schreiben. Um derartige Fragen zu behandeln, führte Euler die erzeugende Funktion
ein. Setzt man
so erhält man als Potenzreihenentwicklung für die k-te Potenz der erzeugenden Funktion:
wobei die Koeffizienten r(n) gerade die Anzahl der Darstellungen der Zahl n als Summe von Zahlen aus A ist. Euler’s erzeugende Funktionen öffnen die Tür zur Anwendung von Methoden aus der Funktionentheorie, der Theorie der holomorphen (d. h. lokal als Potenzreihe darstellbaren) Funktionen, auf Probleme der additiven Zahlentheorie.
Seit den 1930er Jahren entwickelte sich noch eine weitere Methode zur Behandlung von Fragestellungen der additiven Zahlentheorie: Man definierte verschiedene Dichtebegriffe, z. B. die natürliche oder asymptotische Dichte, die analytische oder logarithmische Dichte, die finite oder Schnirelmannsche Dichte, die multiplikative Dichte von Davenport und Erdős, oder die Teilerdichte einer gegebenen Teilmenge M ⊂ ℕ. Diese Dichtebegriffe beziehen sich jeweils auf verschiedene Eigenschaften der Anzahlfunktion AM(x), wobei zumeist deren asymptotisches Verhalten für x → ∞ im Vordergrund des Interesses steht. Dieser Zweig der additiven Zahlentheorie ist mittlerweile zu einem großem Umfang angeschwollen, und es gibt noch immer zahlreiche ungelöste Probleme.
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