Lexikon der Mathematik: algebraische Geometrie
ein modernes Teilgebiet der Geometrie.
Die Grundlagen der algebraischen Geometrie und damit die algebraische Geometrie als eigenständige Disziplin sind im 20. Jahrhundert entwickelt worden und haben im Laufe ihrer Entwicklung mehrere Umbauten erfahren. Diese Umbauten ergaben sich aus den Bedürfnissen, intuitiv vorhandene Ideen zu präzisieren und auf eine solide Grundlage zu stellen. Erwähnt seien dafür folgende Beispiele: Präzisierung des Begriffes Schnittmultiplizität, die Weilschen Vermutungen über die Kongruenz-Zeta-Funktion, oder die Präzisierung des Begriffes Modulraum.
Bei der Entwicklung der algebraischen Geometrie hat das Studium algebraischer Funktionen (algebraischer Funktionenkörper) und abelscher Integrale eine wichtige Rolle gespielt, ebenso auch die Entwicklung der projektiven Geometrie. So stehen heute am Anfang einer systematischen Einführung in die algebraische Geometrie die Begriffe affiner und projektiver Raum, am Ende solche Begriffe wie algebraisches Schema, bzw. allgemeinere wie algebraischer Raum und algebraisches Stack.
Diese haben sich über verschiedene Konzeptionen des Begriffes algebraische Varietät herausgebildet, und algebraische Varietäten sind die wichtigsten Beispiele für Schemata. Die Notwendigkeit, diese Begriffe zu verallgemeinern, ergibt sich u. a. beim Studium von Moduliproblemen und aus Anwendungen in der Zahlentheorie. So ist z. B. ein Aspekt des Begriffes „algebraisches Schema über ℤ“, daß man ihn als abstrakte Fassung für „diophantisches Gleichungssystem“ ansehen kann.
Die Vision, arithmetische und geometrische Objekte in einer einheitlichen Theorie zu kombinieren, kann man Kronecker Ende des 19. Jahrhunderts zuschreiben. In Wechselwirkung mit der Entwicklung der modernen Algebra wurden diese Ideen schrittweise ausgearbeitet, um schließlich durch Grothendiecks Theorie der Schemata um 1958 ihre heutige Form zu erhalten. Ähnliche Ideen finden sich bei Kähler (1958).
Eine weitere Entwicklung dieses Ideenkreises findet in der arithmetischen algebraischen Geometrie ihren Ausdruck. Die Ideen dafür gehen auf Arakelow (1974) zurück. Grundobjekte sind hier algebraische Schemata über ℤ mit einer Kählermetrik „im Unendlichen“, die gewisse technische Bedingungen erfüllen. Kählermetrik „im Unendlichen“ bedeutet, daß auf der Menge X(ℂ) der Punkte mit Koordinaten in ℂ, die wegen der Bedingungen „eigentlich“ und „regulär“ die Struktur einer kompakten komplexen Mannigfaltigkeit hat, eine Kählermetrik vorgegeben ist, die bzgl. komplexer Konjugation invariant ist. Ist das Schema projektiv über ℤ, so ist eine natürliche Wahl für die Kählermetrik die Fubini-Study-Metrik. Alle Objekte werden dann „im Unendlichen“ ebenfalls mit Extradaten versehen.
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