Lexikon der Mathematik: „Elemente“ des Euklid
ein aus einzelnen „Büchern“ bestehendes Lehrbuch der Mathematik, verfaßt von Euklid von Alexandria.
Die eigentlichen „Elemente“ umfassen 13 Bücher. Ein vierzehntes Buch hat Hypsikles (um 175 v. Chr.) hinzugefügt, ein fünfzehntes möglicherweise Damaskios.
Die Bücher I–IV behandeln die Planimetrie, BuchV die allgemeine Proportionentheorie, Buch VI wendet die Proportionentheorie auf ähnliche Figuren an, Buch VII bis Buch IX behandeln die Zahlentheorie, BuchX untersucht irrationale Linien, d. h. Linien, die mit der Einheitslinie weder nach Länge noch Quadrat kommensurabel sind, die Bücher XI bis XIII bearbeiten stereometrische Aufgaben. Die Bücher der „Elemente“ rühren inhaltlich her von den Pythagoräern (I-IV, VII-IX), aus der ionischen Periode (I-IV,XI), von Eudoxos (V, VII) und von Theaitetos (X, XIII).
Aus den Büchern sollen einige Einzelheiten erwähnt werden: Buch I, Postulat 5 gibt das Parallelenpostulat, Buch V, Definition 5, bietet die Definition der Gleichheit von Verhältnissen und weist Ähnlichkeiten zur Definition der reellen Zahlen durch Dedekind auf. Buch IX, Satz 20 behauptet die Existenz unendlich vieler Primzahlen. Buch XIII zeigt die Konstruktierbarkeit und Berechenbarkeit der fünf regulären Polyeder.
Die „Elemente“ umfassen nicht etwa alle Ergebnisse der griechischen Mathematik. Es fehlen die Lehre von den Kegelschnitten, die Untersuchungen über spezielle Kurven, die Konstruktionen mit Hilfsmitteln außer Zirkel und Lineal, die sphärische Geometrie. Die „Elemente“ stellen also keine Enzyklopädie der antiken Mathematik dar, sondern bildeten ein Lehrwerk, das das Eindringen in spezielle höhere mathematische Gebiete erleichtern sollte. Sie haben jedoch die Lehrwerke anderer Mathematiker aus dem 5. und 6. Jahrhundert v. Chr. so gründlich verdrängt, daß man von deren Existenz nur aus Sekundärquellen weiß.
Die Anzahl der Ausgaben, Übersetzungen, Bearbeitungen und Kommentare der „Elemente“ ist unübersehbar. Sie sind nach verschiedenen Quellenangaben das bekannteste und erfolgreichste Lehrbuch aller Zeiten; bis ins 19. Jahrhundert unserer Zeitrechnung hinein galten sie, nach der Bibel, als das meistverkaufte Werk der Welt.
[1] Euklid: Die Elemente (nach Heibergs Text aus dem Griechischen übersetzt und herausgegeben von Clemens Thar). Akademische Verlagsgesellschaft Leipzig, 1933–1937.
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