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Lexikon der Mathematik: analytische Fortsetzung

wichtiger Begriff in der Funktionentheorie bei der Untersuchung mehrdeutiger Funktionen.

Die analytische Fortsetzung eines analytischen Funktionselements (f0, G0) ist ein analytisches Funktionselement (f1, G1) derart, daß G0G1 ≠ ∅ und f0(𝓏) = f1(𝓏) für alle 𝓏 ∈ G0G1.

Falls eine analytische Fortsetzung (f1, G1) von (f0, G0) existiert, so ist sie eindeutig bestimmt. Diese Aussage beruht wesentlich auf dem Identitätssatz. Im allgemeinen muß aber keine analytische Fortsetzung von (f0, G0) existieren.

Von besonderem Interesse ist der Fall, daß G0G1.

Es sei γ : [0, 1] → ℂ ein Weg und zu jedem t ∈ [0, 1] existiere ein analytisches Funktionselement (ft, Dt) mit folgenden Eigenschaften:

  1. γ (t) ∈ Dt für alle t ∈ [0, 1],
  2. zu jedem t ∈ [0, 1] gibt es ein δ > 0 derart, daß für alle s ∈ [0, 1] mit |st| < δ gilt γ (s) ∈ Dt und fs(𝓏) = ft(𝓏) für alle 𝓏 ∈ DsDt.

Dann heißt (f1, D1) eine analytische Fortsetzung von (f0, D0) entlang des Weges γ . Man sagt auch, f1 entstehe durch analytische Fortsetzung von f0 längs γ, und nennt f0 längs γ analytisch fortsetzbar.

Die praktische Durchführung analytischer Fortsetzungen entlang eines Weges erfolgt häufig mit Hilfe des Kreiskettenverfahrens.

Mit Hilfe des Begriffes der analytischen Fortsetzung werden Untersuchungen zum Mehrdeutigkeitsverhalten von Funktionen wie z. B. dem Logarithmus oder der k-ten Wurzel übersichtlicher. Wir betrachten dazu das folgende Beispiel:

Jeder Zweig des Logarithmus entsteht aus dem im Kreis D1(1) durch \begin{eqnarray}f(z)=\displaystyle \sum _{v=1}^{\infty }\frac{{(-1)}^{v-1}}{v}{(z-1)}^{v}\end{eqnarray}

gegebenen Hauptzweig durch analytische Fortsetzung längs eines geeigneten Weges. So erhält man z. B. den Zweig, der in 𝓏1 = −2 den Wert \begin{eqnarray}\mathrm{log}2+(2k+1)\pi i\end{eqnarray}

hat (k ≥ 0), mit Hilfe eines Weges, der in 𝓏0 = 1 beginnt, den Nullpunkt k-mal im positiven Sinne umläuft und dann in der oberen Halbebene nach 𝓏1 geht.

Ähnliches gilt für Wurzelfunktionen \begin{eqnarray}f(z)={z}^{\frac{1}{k}}\end{eqnarray}.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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