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Lexikon der Mathematik: Birkhoff, George David

Mathematiker, geb. 21.3.1884 Overisel (Mich.), gest. 12.11.1944 Cambridge (Mass.).

Birkhoff war das älteste von sechs Kindern einer Arztfamilie, die 1886 nach Chicago übersiedelte. Dort besuchte er die Schule und studierte von 1896 bis 1902 am damaligen Lewis Institut, dem späteren Illinois Institute of Technology. Nach einem Jahr an der Universität von Chicago ging er 1903 an die Harvard Universität in Cambridge (Mass.) und erwarb dort 1905 das Baccalaureat. 1906 kehrte er an die Universität Chicago zurück und promovierte ein Jahr später unter Moore. Nach Lehrpositionen an der Universität von Wisconsin (1907-1909) und der Universität Princeton trat er 1912 eine Assistenzprofessur an der Harvard Universität an, die 1919 in eine ordentliche Professur umgewandelt wurde und die er bis zu seinem Tode innehatte.

Birkhoff begann seine Forschungen mit Studien zu asymptotischen Lösungen von Differentialgleichungen, Randwertproblemen und zur Theorie der Sturm-Liouville-Gleichung, und wandte sich dann den linearen Differentialgleichungssytemen mit irregulären Singularitäten zu. In diesem Zusammenhang versuchte er eine Verallgemeinerung des Riemannschen Problems zu lösen, ein System von linearen Differentialgleichungen erster Ordnung zu konstruieren, für das die singulären Punkte und die Monodromiegruppe gegeben sind, und erzielte wichtige Teilresultate.

Birkhoffs Hauptforschungsgebiet wurde jedoch die Theorie dynamischer Systeme, zu der er grundlegende Beiträge leistete. Ausgangspunkt war sein Interesse an dem Werk Poincarés, das er speziell in der Himmelsmechanik fortsetzen wollte. Ein herausragendes Resultat war 1913 der Beweis des sog. Poicaréschen Twist-Theorems, das die Existenz von mindestens zwei Fixpunkten bei Twistabbildungen des Kreisringes in sich behauptet. Poincaré hatte das Theorem 1912 nur für Spezialfälle beweisen können. Es wurde dann sehr erfolgreich beim Studium dynamischer Systeme, speziell beim Existenznachweis für periodische Lösungen angewandt.

In den 20er Jahren bemühte sich Birkhoff u. a. darum, die möglichen Bewegungen in einem dynamischen System zu erfassen, sie qualitativ zu charakterisieren und die Beziehungen zwischen ihnen aufzudecken. Er schuf damit die Basis für eine topologische Theorie der dynamischen Systeme und lieferte neue Anregungen zu Forschungen der Globalen Analysis.

Intensiv beschäftigte sich Birkhoff mit den Grundlagen der Relativitätstheorie und der Quantenphysik, wobei er auch philosophische Gesichtspunkte mit einbezog. Obwohl seine diesbezüglichen Arbeiten und Modellvorstellungen sehr unterschiedliche Aufnahme fanden, haben seine Kritik und die dabei entwickelten Methoden anregend auf die weitere Entwicklung dieser Gebiete gewirkt. Durch teilweise in Zusammenarbeit mit Kollegen und Schülern verfaßte Publikationen hat er den Forschungen auf mehreren Teilgebieten der Mathematik neue Impulse verliehen, so etwa zur Theorie der Funktionenräume, zum Vier-Farben-Satz und zur mengentheoretischen Topologie.

Birkhoff genoß hohe Anerkennung im In- und Ausland und stand mit vielen bedeutenden Mathematikern im freundschaftlichen Kontakt. Er war Mitherausgeber mehrerer mathematischer Zeitschriften und hat die Entwicklung der US-amerikanischen Mathematik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wesentlich mitgeprägt.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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