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Lexikon der Mathematik: Elektrodynamik

Die Elektrodynamik ist die Lehre der elektromagnetischen Wechselwirkung.

Neben den elektrischen und den magnetischen Eigenschaften der Materie sind die elektromagnetischen Wellen, die den masselosen Photonen entsprechen und je nach Wellenlänge sichtbares Licht, Röntgen- oder γ-Strahlen genannt werden, Hauptanwendungsgebiet der Elektrodynamik.

Sie wird auch „Klassische Elektrodynamik“ genannt, um zu bezeichnen, daß die in der Quantenelektrodynamik betrachteten Quanteneffekte unberücksichtigt bleiben. Auch wenn sie historisch in umgekehrter Reihenfolge entwickelt wurde, geht man heute meist wie folgt vor: Zunächst wird die allgemein-relativistische Form der Elektrodynamik hergeleitet, dann vereinfacht man in Bereichen schwacher Gravitationsfelder durch den Grenzwert G → 0 zur speziell relativistischen Form, und schließlich zerlegt man nach Festlegung eines Bezugssystems das elektromagnetische Feld in einen elektrischen und einen magnetischen Anteil.

Allgemein-relativistisch geht man wie folgt vor: Die Gesamtwirkung I ergibt sich als Summe aus der Einstein-Hilbert-WirkungIEH und der Wirkung Imat des elektromagnetischen Feldes.

Entsprechend ist der Langrangian \begin{eqnarray}L={L}_{EH}+{L}_{mat},\end{eqnarray} und es gilt \begin{eqnarray}I=\displaystyle \int L\sqrt{-\det {g}_{ij}}{d}^{4}x.\end{eqnarray}

Die Variation von I nach dem metrischen Tensor ergibt die Einsteinsche Feldgleichung, und die Variation von I nach dem elektromagnetischen Potential Ai liefert die Maxwell-Gleichungen.

Der elektromagnetische Feldstärketensor Fij ist antisymmetrisch und ist definiert durch \begin{eqnarray}{F}_{ij}={A}_{i;j}-{A}_{j;i}.\end{eqnarray}

Es gilt die Beziehung \begin{eqnarray}{L}_{mat}=-\frac{1}{16\pi }{F}_{ij}{F}^{ij}.\end{eqnarray}

Der Energie-Impuls-Tensor Tij des elektromagnetischen Feldes ist symmetrisch und spurfrei, er berechnet sich zu \begin{eqnarray}{T}_{ij}=-\frac{1}{4\pi }\left({F}_{ik}{F}_{j}^{k}+\frac{1}{4}{g}_{ij}{F}_{kl}{F}^{kl}\right).\end{eqnarray}

Die aus den Einsteinschen Gleichungen folgende Identität \begin{eqnarray}{T}^{ij}{}_{;j}=0\end{eqnarray} liefert den Erhaltungssatz für Energie und Impuls dieses Feldes.

Des weiteren ist das elektromagnetische Feld (wie auch viele andere Felder, die masselosen Teilchen entsprechen) konforminvariant, d. h., wenn die Metrik mit einem beliebigen (auch nichtkonstanten) positiven Faktor multipliziert wird, bleibt das elektromagnetische Feld erhalten.

Für die speziell-relativistische Form der Elektrodynamik muß im vorigen nur die Metrik gij durch die Minkowski-Metrik ersetzt werden.

Rechnerisch bedeutet das, daß dann die kovariante Ableitung „;“und die partielle Ableitung übereinstimmen.

Wenn man weiterhin ein Bezugssystem festlegt, d. h., eine (3 + 1)-Zerlegung der Raum-Zeit vornimmt, wird das elektromagnetische Feld in das elektrische und das magnetische Feld zerlegt.

Die elektrische Feldstärke besteht dann aus den Komponenten (F01, F02, F03) des elektromagnetischen Feldstärketensors Fij, die magnetische analog aus den Komponenten (F23, F31, F12). Wegen der Antisymmetrie von Fij sind damit tatsächlich die 3 + 3 = 6 unabhängigen Komponenten parametrisiert.

Abgesehen von der Tatsache, daß einzelne magnetische Ladungen (magnetische Monopole) im Gegensatz zu elektrischen Ladungen noch nicht experimentell gefunden wurden, besteht doch mathematisch eine Dualität zwischen der elektrischen und der magnetischen Wechselwirkung: Vertauscht man im System der Maxwellschen Gleichungen überall die elektrischen mit den magnetischen Größen, geht das System wieder in sich selbst über.

In vierdimensionaler Schreibweise ist diese Dualität wie folgt erkennbar: Sei ϵijkl der Levi-Civita-Pseudotensor, der durch ϵ0123 = 1 und die Forderung der Antisymmetrie in allen Indizes vollständig beschrieben ist. Dann ist der duale Feldstärketensor \({\tilde{F}}_{i}{}_{j}\) definiert durch \begin{eqnarray}{\tilde{F}}_{ij}={\varepsilon }_{ijkl}{F}^{kl}.\end{eqnarray}

[1] Landau, L.; Lifschitz, E.: Klassische Feldtheorie. Akademie Verlag Berlin, 1992.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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