Lexikon der Mathematik: Erdős, Paul
Mathematiker, geb. 26.3.1913 Budapest, gest. 20.9.1996 Warschau.
Erdős wuchs als Kind jüdischer Eltern in Budapest auf. Bereits mit drei Jahren zeigte sich sein mathematisches Talent. Er wurde zuächst vor allem von seiner Mutter unterrichtet und besuchte ab 1922 ein Gymnasium. Mit 17 Jahren begann er sein Mathematikstudium an der Budapester <?PageNum _66Universität, das er 1934 abschloß. Forschungsstipendien ermöglichten ihn 1934–1938 den Aufenthalt in Manchester, 1938/39 in Princeton und an weiteren Universitäten der USA.
Damit begann ein sehr unstetes Leben, Erdős reiste außerordentlich viel und strebte keine feste Anstellung an. Gewöhnlich blieb er an den jeweiligen Institut einige Monate, arbeitete mit den dortigen Mathematikern und reiste dann weiter. Auf diese Weise hat er mit über 450, teilweise sehr bedeutenden Mathematikern zusammengearbeitet und der mathematischen Welt viele anregende Ideen und Probleme vermittelt (Erdős-Zahl).
Nach Schwierigkeiten mit den US-Behörden verließ Erdős 1954 die USA und ging nach Israel. Er erhielt dort eine Anstellung an der Hebräischen Universität und war in den folgenden Jahren vor allem in Europa unterwegs, kehrte auch nach Ungarn zurück und weilte ab 1959 wieder in Übersee. Ab 1964 reiste er stets mit seiner Mutter, deren Tod 1971 ihn in tiefe Depressionen stürzte. Erdős starb während eines Tagungsaufenthalts in Warschau.
Seine Forschungen konzentrierten sich auf Kombinatorik, Zahlentheorie, Wahrscheinlichkeitsrechnung, Approximationstheorie, Analysis und Mengenlehre. Das erste Resultat erzielte Erdős in seinem ersten Jahr als Student, es war ein einfacher Beweis des Bertrandschen Postulats, daß zu jeder natürliche Zahl n eine Primzahl p existiert mit n< p< 2n. Im folgenden Jahr vereinfachte er den Beweis einer Verallgemeinerung dieses Postulats auf arithmetische Folgen und dehnte das Ergebnis auf weitere Folgen aus. Die Ergebnisse bildeten den Gegenstand seiner Dissertation, die er 1934 publizierte. Damit begann eine Fülle von Arbeiten, mit denen Erdős den elementaren Methoden in der Zahlentheorie einen neuen Stellenwert verschaffte. Wichtige Aussagen erzielte er dann in der Abschätzung der Differenz zweier aufeinanderfolgender Primzahlen. Ein weiterer eindrucksvoller Nachweis für die Leistungsfähigkeit der elementaren zahlentheoretischen Methoden war der Beweis des Primzahlensatzes ohne Rückgriff auf analytische Hilfsmittel, der E. und A. Selberg 1948 gelang. Auch das Problem, die Anzahl verschiedener Partitionen für eine natürliche Zahl n abzuschätzen, sowie weitere asymptotische Formeln wurden von Erdős in den 40er und 50er Jahren erfolgreich bearbeitet.
Grundlegende Beiträge leistete Erdős zu zentralen Sätzen der Wahrscheinlichkeitsrechnung. 1942 konnte die Aussage des Satzes vom iterierten Logarithmus verschärfen und den Beweis wesentlich vereinfachen. Zusammen mit Kac schuf er die wahrscheinlichkeitstheoretische Zahlentheorie und konnte mit diesen Methoden interessante wahrscheinlichkeitstheretische Aussagen ableiten. Weitere Sätze betrafen 1950 die Brownsche Bewegung und die Existenz von Doppelpunkten für Bewegungen im zwei- bzw. dreidimensionalen Raum. Zu den Beiträgen zur Analysis zählen Beweise von Tauberschen Sätzen, etwa die Angabe von Bedingungen, unter denen eine Euler-summierbare Reihe im gewöhnlichen Sinne konvergent ist, und die Ausdehnung von Relationen zwischen Nullstellen eines komplexen Polynoms auf die Nullstellen seiner Ableitung (1948).
Unabhängig von Ramsey entdeckte Erdős mit seinem Mitarbeiter die Ramseyschen Sätze auf völlig anderen, einfacheren Wege und fügte in späteren Jahren mehrere Verbesserungen an. In diesen Themenkreis gehört auch die Schaffung eines Kalküls für Partitionen in der Mengenlehre (1956) und eine Theorie von Partitionsrelationen für Kardinalzahlen (1965) mit Rado u. a.. Viele Resultate wurden 1984 in der Monographie über kombinatorische Mengenlehre zusammengefaßt.
Zahlreiche weitere Ergebnisse waren der Graphentheorie gewidmet, u. a. der Struktur extremaler Graphen und den Hypergraphen, wobei erste Studien dazu bis 1938 zurückreichten. Dies führte schließlich zur Theorie der Zufallsgraphen (stochastische Graphen) und zur statistischen Gruppentheorie, die in den 60er und 70er Jahren einen Schwerpunkt seiner Forschungen bildeten.
Erdős war außerordentlich produktiv und verfaßte über 1500 Arbeiten. Seine Beiträge wurden durch zahlreiche Auszeichnungen weltweit gewürdigt und anerkannt.
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