Lexikon der Mathematik: Grenzwerte einer Funktion
Größen, zu denen die Funktionswerte konvergieren oder (bei R als Zielbereich) bestimmt divergieren, wenn die Argumentwerte konvergieren oder (bei einer Teilmenge von ℝ als Definitionsbereich) bestimmt divergieren.
Es seien X und Y metrische Räume, D ⊂ X, f : D → Y und a ∈ X Häufungspunkt von D. Dann nennt man b ∈ Y Grenzwert oder Limes von f an der Stelle a, geschrieben
genau dann, wenn limn→∞f(xn) = b gilt für jede Folge (xn) in D \{a} mit xn → a für n →∞, und sagt dann auch „ f(x) konvergiert / strebt gegen b für x gegen a“. Man beachte, daß f an der Stelle a nicht definiert sein muß. Sind dX, dY die Metriken auf X bzw. Y, so hat man limx→af(x) = b genau dann, wenn gilt:
Im Spezialfall normierter Vektorräume (X, ∥∥X) und (Y, ∥∥Y) bedeutet dies:
f ist genau dann stetig an der Stelle a ∈ D, wenn a isolierter Punkt von D ist oder limx→a f(x) = f(a) gilt. Stetigkeit läßt sich auf diese Weise auch definieren (anstatt mit der ϵ-δ-Beschreibung).
Im Fall D ⊂ X = ℝ betrachtet man auch einseitige Grenzwerte. Ist a ∈ ℝ Häufungspunkt von D ∩ (−∞, a), so ist b ∈ Y linksseitiger Grenzwert/ Limes von f an der Stelle a, geschrieben
genau dann, wenn limn→∞f(xn) = b gilt für jede Folge (xn) in D ∩ (−∞, a) mit xn → a für n →∞. Neben limx→a−f(x) sind auch die Bezeichnungen
gebräuchlich. f ist genau dann linksseitig stetig an der Stelle a, wenn a isolierter Punkt von D ∩ (−∞, a) ist oder f(a−) = f(a) gilt.
Entsprechend ist, wenn a ∈ ℝ Häufungspunkt von D ∩ (a, ∞) ist, b rechtsseitiger Grenzwert/ Limes von f an der Stelle a, geschrieben
genau dann, wenn limn→∞f(xn) = b gilt für jede Folge (xn) in D ∩ (a, ∞) mit xn → a für n →∞. Neben limx→a+f(x) sind auch die Bezeichnungen
üblich. f ist genau dann rechtsseitig stetig an der Stelle a, wenn a isolierter Punkt von D ∩ (a, ∞) ist oder f(a+) = f(a) gilt
Ist a ∈ D Häufungspunkt von D ∩ (−∞, a) und von D ∩ (a, ∞), so ist f genau dann stetig an der Stelle a, wenn f(a−) = f(a) = f(a+) gilt. Ist f nicht stetig an einer solchen Stelle a, so muß also einer der folgenden Fälle vorliegen:
- f(a−) und f(a+) existieren beide und sind gleich, aber verschieden von f(a).
- f(a−) und f(a+) existieren beide, sind aber verschieden voneinander.
- f(a−) und f(a+) existieren nicht beide. In den ersten beiden Fällen heißt a Unstetigkeitsstelle erster Art oder Sprungstelle von f. Im ersten Fall heißt a auch Einsiedlerpunkt von f, und man sagt, f habe an der Stelle a eine hebbare Unstetigkeit. Im zweiten Fall ist die Unstetigkeit nicht hebbar, und man nennt f(a+) − f(a−) den Sprung von f an der Stelle a. Im dritten Fall heißt a Unstetigkeitstelle zweiter Art von f. Monotone Funktionen auf abgeschlossenen Intervallen besitzen keine Unstetigkeitsstellen zweiter Art, d. h. sie haben links-und rechtsseitige Grenzwerte an allen Stellen, an denen diese Begriffe sinnvoll sind. Ferner haben sie höchstens abzählbar viele Sprungstellen.
Ist D ⊂ X = ℝ nach oben unbeschränkt, so nennt man b ∈ Y Grenzwert oder Limes von f(x) für x →∞, geschrieben
genau dann, wenn limn→∞f(xn) = b gilt für jede Folge (xn) in D mit xn →∞ für n →∞, und sagt dann auch „ f(x) konvergiert / strebt gegen b für x gegen Unendlich“. Man hat genau dann limx→∞f(x) = b, wenn gilt
Entsprechend wird limx→−∞f(x) = b definiert, wenn D nach unten unbeschränkt ist. Auch hier hat man eine (1) entsprechende Charakterisierung. Das Monotoniekriterium besagt bei nach oben unbeschränktem D: Ist f isoton und nach oben beschränkt oder antiton und nach unten beschränkt, so existiert limx→∞f(x). Entsprechendes gilt bei nach unten unbeschränktem D für limx→−∞f(x).
Im Fall Y = ℝ betrachtet man auch bestimmte Divergenz von f(x) gegen ∞ und −∞: Ist a Häufungspunkt von D, so nennt man ∞ Grenzwert oder Limes von f an der Stelle a, geschrieben
genau dann, wenn limn→∞f(xn) = b gilt für jede Folge (xn) in D mit xn →∞ für n →∞, und sagt dann auch „ f(x) (bestimmt) / strebt gegen Unendlich für x gegen a“. Man hat genau dann \(\mathop{\mathrm{lim}}\limits_{x\to a}\,f(x)=\infty \), wenn gilt
Demgemäß wird auch bestimmte Divergenz von f(x) gegen −∞ erklärt. Gilt auch X = R, so definiert man entsprechend ∞ und −∞ auch als links- und rechtsseitige Grenzwerte von f(x) an einer Stelle a ∈ X und für x → ±∞ und bezeichnet ∞ und −∞ dann als uneigentliche Grenzwerte.
Aus den Grenzwertsätzen für Zahlenfolgen erhält man im Fall X = Y = ℝ entsprechende Aussagen über das Grenzwertverhalten von f(x) sowohl im Fall der Konvergenz als auch bei bestimmter Divergenz.
Im Fall eines vollständigen Raums Y, insbesondere bei Y = R, kann die Existenz von limx→af(x), wobei a ∈ X wieder ein Häufungspunkt von D sei, auch ohne Kenntnis des Grenzwerts mit dem Cauchy-Kriterium untersucht werden, das besagt, daß limx→af(x) in Y genau dann existiert, wenn gilt:
Ist noch X = ℝ, so kann ein Cauchy-Kriterium auch für die Grenzwerte von f(x) für x → ±∞ formuliert werden. Bei nach oben unbeschränktem D ⊂ X besagt es beispielsweise, daß limx→∞f(x) in Y genau dann existiert, wenn gilt:
Wie beim Grenzwert einer Zahlenfolge kann man auch die Kriterien für die Grenzwerte von Funktionen einheitlich mittels ϵ-Umgebungen formulieren. Man hat limx→af(x) = b genau dann, wenn gilt:
Dies gilt sowohl für Häufungswerte a ∈ X von D als auch im Fall X = ℝ bei nach unten bzw. oben unbeschränktem D für a = −∞ bzw. a = ∞ und im Fall Y = R für b ∈ {−∞, ∞}, wenn man für ϵ = 0 definiert:
Beispiele der oben betrachteten Arten von Grenzwerten sind zu ersehen an der Funktion f : ℝ → ℝ mit
Es gilt f(x) → 0 für x → −∞ und f(x) →∞ für x →∞. Ferner ist f(0−) = f(0) = 1, d. h. f ist linksseitig stetig an der Stelle 0. Wegen f(0+) = 12 ist f nicht rechtsseitig stetig an der Stelle 0. Weiter ist f(2−) = ∞ und f(2) = f(2+) = ln(2), d. h. f ist nicht linksseitig, aber rechtsseitig stetig an der Stelle 2. Außer an den Stellen 0 und 2 ist f stetig, d. h. f(x−) = f(x) = f(x+) für x ∈ ℝ \ {0, 2}.
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