Lexikon der Mathematik: Hermite-Interpolation
Interpolationsmethode, bei der eine differenzierbare Funktion durch eine endliche Menge von Werten und Ableitungen eindeutig festgelegt wird.
Die Methode der Hermite-Interpolation ist benannt nach C. Hermite. Sie wird in der Numerischen Mathematik und Approximationstheorie behandelt.
Es sei G = {g0, g1, …, gN} ein System von N + 1 linear unabhängigen genügend oft differenzierbaren reellwertigen Funktionen, definiert auf einem Intervall [a, b] oder einem Kreis T. Weiterhin seien X = {x0, …, xm} eine Menge von m + 1 paarweise verschiedenen Punkten aus [a, b] bzw. T und r0, …, rm natürliche Zahlen, die sog. Vielfachheiten, so daß
Die Hermite-Interpolation stellt eine Verallgemeinerung der Lagrange-Interpolation dar. Andererseits kann man die Hermite-Interpolation als Spezialfall der Birkhoff-Interpolation auffassen.
Bei der Hermite-Interpolation spielen strukturelle Eigenschaften des zugrundeliegenden Systems G ein Rolle. Es ist bekannt, daß das Problem der Hermite-Interpolation genau dann für jede beliebige Wahl von X und Vielfachheiten r0, …, rm lösbar ist, wenn G ein erweitertes Tschebyschew- System bildet.
Ein solches System G bilden beispielsweise die Polynome vom Grad N,
Numerisch deutlich stabiler als die HermiteDarstellung ist die Newtonsche Interpolationsformel für g.
Falls G kein erweitertes Tschebyschew-System bildet, so ist das Problem der Hermite-Interpolation hinsichtlich G, X und r0, …, rm nur unter gewissen Zusatzvoraussetzungen an X lösbar. Betrachtet man beispielsweise ein System G von Splinefunktionen, so gilt der Satz von Karlin und Ziegler aus dem Jahr 1966, welcher eine Verallgemeinerung der Aussage von Schoenberg und Whitney für Lagrange-Interpolation mit Splines darstellt. Dieser besagt, daß das Problem der Hermite-Interpolation hinsichtlich G,X und r0, …, rm genau dann lösbar ist, wenn die Punkte von X einer Verteilungsbedingung über [a, b] genügen. Hierbei zählt man die Punkte gemäß deren Vielfachheit.
Einfache Charakterisierungen von Hermite- Interpolationsmengen X dieser Art sind nicht für jedes System G möglich. So weiß man beispielsweise, daß für Splines definiert auf einem Kreis T, sogenannte periodische Splines, eine solche Verteilungsbedingung im allgemeinen nur notwendig, jedoch nicht hinreichend ist.
Für Systeme G von multivariaten Funktionen, d. h. Funktionen von mehreren Veränderlichen, führt das Problem der Hermite-Interpolation auf moderne und komplexe mathematische Fragestellungen, die derzeit (2001) von Approximationstheoretikern untersucht werden. Hierbei sind vor allem Systeme G multivariater Polynome und multivariater Splines von großer Bedeutung.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.