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Lexikon der Mathematik: Horizont

Bezeichnung für bestimmte ausgezeichnete Flächen der Raum-Zeit im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie.

Man unterscheidet den absoluten Horizont, den Ereignishorizont und den Teilchenhorizont. Allen gemeinsam ist, daß sie Eigenschaften der RaumZeit beschreiben, die daraus folgen, daß sich keinerlei Information mit Überlichtgeschwindigkeit übertragen läßt.

Der absolute Horizont ist, falls sowohl Ereignisals auch Teilchenhorizont existieren, der weiter außen liegende von beiden. Der Teilchenhorizont wird auch Partikelhorizont genannt. Die Analogie zum umgangssprachlichen Wort Horizont besteht darin, daß es sich dabei um die Grenze zwischen dem, was man sehen kann, zu dem, was man nicht mehr sehen kann, handelt. Der Unterschied liegt darin, daß es beim umgangssprachlichen Wort die Erdkrümmung ist, während es hier die Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit ist, die den Effekt liefert.

Der Ereignishorizont berechnet sich wie folgt: Sei M4 die 4-dimensionale Raum-Zeit und s die Eigenzeit eines Beobachters xi(s) in M4. Zu jedem Wert s werde der Vergangenheitslichtkegel V(xi(s)) des Punktes xi (s) bestimmt: V(xi(s)) ist die Menge aller der Punkte aus M4, von denen aus eine zukunftsgerichtete zeitartige oder lichtartige Kurve zu xi(s) führt. Sei V die Vereinigungsmenge aller dieser Mengen V(xi(s)). Der Rand ∂V von V wird dann als Ereignishorizont für diesen Beobachter bezeichnet.

Die Bezeichnungen sind wie folgt motiviert: V(xi(s0)) stellt die Menge derjenigen Ereignisse dar, von denen der Beobachter zum Zeitpunkt s = s0 erfahren haben kann. V stellt die Menge derjenigen Ereignisse dar, von denen der Beobachter überhaupt jemals etwas erfahren kann. Der Ereignishorizont ∂V ist die Grenze zwischen V und der Menge derjenigen Ereignisse, von denen der Beobachter nie etwas erfahren kann.

Beispiele: 1. Sei M4 die 4-dimensionale Minkowskische Raum-Zeit der Speziellen Relativitätstheorie und xi(s) ein geradlinig gleichförmig bewegter Beobachter. Dann ist V = M4, also ist der Ereignishorizont die leere Menge. Üblicherweise sagt man dann, daß es keinen Ereignishorizont gibt.

2. M4 sei wie im ersten Beispiel. Jetzt sei aber der Beobachter geradlinig gleichmäßig in positiver x-Richtung beschleunigt, und zwar mit der Beschleunigung b > 0. Dann ist mit ds2 = dt2dx2\begin{eqnarray}x(s)=\frac{\cosh (bs)-1}{b}\end{eqnarray} und \(t(s)\space =\space \frac{1}{b}\sinh (bs)\), also \begin{eqnarray}x(t)=\frac{\sqrt{1+{b}^{2}{t}^{2}}-1}{b},\end{eqnarray} und der Ereignishorizont befindet sich im Abstand \(\frac{1}{2b}\) in negativer x-Richtung vom Beobachter entfernt.

3. M4 sei jetzt ein kosmologisches Modell und xi(s) ein unbeschleunigter Beobachter. Dann hängt es von den Details des Modells ab, ob ein Horizont existiert oder nicht. Verbal ausgedrückt: Wenn der Kosmos sehr schnell expandiert, gibt es entfernte Regionen, von denen wir nie etwas erfahren können.

Der Teilchenhorizont ergibt sich aus dem Ereignishorizont, indem man in der Definition die Zeitrichtung umkehrt. Verbal heißt das jetzt: Raum-Zeit-Punkte, die außerhalb des Teilchenhorizonts des Beobachters liegen, können von diesem nicht beeinflußt werden.

Schwarze Löcher besitzen einen Ereignishorizont, sofern sich der Beobachter stets außerhalb des Schwarzen Lochs befindet.

Der Inhalt des sog. no-hair-Theorems ist die Aussage, daß der Horizont eines nichtrotierenden Schwarzen Lochs die Geometrie einer Sphäre S2 hat. Auch wenn Rotation zugelassen wird, ergibt sich ein analoges Ergebnis das besagt, daß Schwarze Löcher keine Haare haben.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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