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Lexikon der Mathematik: Huygens, Christiaan

niederländischer Physiker, Mathematiker, Astronom, geb. 14.4.1629 Den Haag, gest. 8.7.1695 Den Haag.

Huygens genoß im Elternhaus eine hervorragende Ausbildung. Der Vater, ein Diplomat, Schöngeist und Freund von Descartes, und Hauslehrer unterrichteten ihn. 1645–47 studierte er Rechtswissnschaften in Leiden, hörte aber auch mathematische Vorlesungen bei F.van Schooten (1615–1660). Ab 1647 seine Ausbildung in Breda fortsetzend, war J. Pell (1611–1685) sein Lehrer. Von 1649 bis 1666 lebte Huygens als Privatier im väterlichen Haus, unternahm nur gelegentlich Reisen nach Angers (Promotion zum Dr.jur. 1655), nach Paris und London. Nach der Gründung der französischen Akademie der Wissenschaften im Jahre 1666 wurde Huygens nach Paris berufen. Ab 1681 lebte er auf seinem Gut Hofwijck bei Den Haag.

Huygens verstand es meisterhaft, ein naturwissenschaftliches Problem gleichzeitig mathematisch, experimentell und auf praktische Anwendungen hin zu untersuchen. Auf dem Gebiet der Mechanik behandelte er Aufgaben der Statik und Hydrostatik, die Stoßgesetze, Fall, Wurf und Zentrifugalkraft. Er leitete das Archimedische Prinzip der Hydrostatik her und untersuchte stabile Positionen schwimmender Körper, widerlegte die falschen Stoßgesetze des Descartes und behandelte die Kreisbewegung. In der Optik und der Wellentheorie des Lichtes erlangte er grundlegende Erkenntnisse. Im Bau von Teleskopen und Mikroskopen, im Schleifen von Linsen war er unerreicht. Grundlage der Huygensschen optischen Konstruktionen waren stets theoretische Untersuchungen der Strahlengänge in Linsen und Linsensystemen. Er fand die Formeln für Brennweite und Vergrößerung spezieller Linsensysteme und erforschte erfolgreich Abbildungsfehler. Huygens war der Hauptvertreter der frühen Wellentheorie des Lichtes (seit etwa 1672, Traité de lumiére 1690), konnte mit ihr Reflexion, Brechung und Doppelbrechung erklären, aber nicht die Polarisation. Die Wellentheorie des<?PageNum _453 Lichtes konnte sich aber erst im 19. Jahrhundert durchsetzen.

Ein Grundproblem der Seefahrt des 17. Jahrhunderts war die Bestimmung der Schiffsposition auf See. Die Festlegung der Länge erforderte genaue Uhren. Huygens entwickelte ab 1656 die Idee, Pendel als Regulatoren in Räderuhren zu verwenden und baute 1657 die erste Pendeluhr. Typisch für ihn war die damit im engsten Zusammenhang stehende theoretische Untersuchung der Pendelbewegung. Er entdeckte den Zusammenhang zwischen Pendellänge und Schwingungsdauer, benutzte diesen zur Bestimmung der Gravitationskonstante und fand die Bedingungen, die ein Pendel zum tautochronen Schwingen zwingt. Das lenkte ihn wiederum auf die Theorie der Evolventen und Evoluten (um 1673). Weitere Huygenssche Erfindungen waren die „Unruh“ und die Aufhängung der Pendeluhren auf Schiffen.

Huygens wollte und konnte sich die neuen Methoden der Infinitesimalrechnung nicht aneignen. Durch meisterhafte Beherrschung der alten synthetischen Verfahren gelangen ihm jedoch viele schwierige Quadraturen und Kubaturen und die originelle Lösung spezieller Aufgaben über ebene Kurven, die durch physikalische Forderungen bestimmt sind. Seine Begründung der Wahrscheinlichkeitsrechnung (1657) war neu und führte den Erwartungswert einer Zufallsgröße ein.

Allein seine astronomischen Beobachtungen, die er mit seinen Fernrohren machte, hätten Huygens bleibende Anerkennung gesichert. Er entdeckte den „Ring“ des Saturn (1659), einen Mond des Saturn (1655), einen Jupitermond und Oberflächenstrukturen auf dem Mars und dem Jupiter.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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