Lexikon der Mathematik: Laguerre-Geometrie
Teilgebiet der Geometrie, das die Wirkung der Gruppe \(\scr {L}\) der Laguerre-Transformationen auf dem Raum \(M_{\scr {L}}\) der sogenannten L-Kreise beschreibt.
Dieser Raum kann als eine Vereinigung der Menge der orientierten Kreise des ℝ2 mit den Punkten des ℝ2 – hier verstanden als Kreise mit verschwindendem Radius – betrachtet werden. Die Laguerre-Transformationen sind dann diejenigen Transformationen von L-Kreisen, die Teilmengen von L-Kreisen, die dadurch beschrieben sind, daß sie eine gegebene Gerade des ℝ2 berühren, wieder in ebensolche Teilmengen überführen.
Zur genaueren Beschreibung der Laguerre-Geometrie konstruieren wir ein Modell. Für u = (u0, u1) ∈ ℝ2 bezeichnen wir zunächst den Kreis um u mit dem Radius r ∈ ℝ, r > 0, durch K(u, r). Dann konstruieren wir eine Abbildung mp : ℝ3 → \(M_{\scr {L}}\) für x = (x0, x1, x2) durch
Dabei stehen die Komponenten ±1 für die Orientierung des entsprechenden Kreises.
Auf dem ℝ3 betrachten wir die Bilinearform
für x = (x0, x1, x2) und y = (y0, y1, y2) ∈ ℝ3.
Sei nun A(1, 2) die Gruppe der affinen Transformationen des ℝ3, die die Bilinearform ⟨ .,. ⟩L erhalten. Dann definieren wir die Gruppe L der Laguerre-Transformationen auf ML durch
In der klassischen Literatur wird die Abbildung mp auch als zyklographische Projektion oder Minimal-projektion bezeichnet.
Es sei nun u ∈ ℝ2 ein Punkt der Ebene. Dann berühren sich zwei L-Kreise genau dann in u, wenn ihre Urbilder unter mp auf einer Gerade des ℝ3 liegen, die die (x, y)−Ebene im Punkt u unter dem Winkel π/4 schneidet. Eine solche Gerade wird in der Laguerre-Geometrie isotrope Gerade genannt. Mit Hilfe dieser Begriffsbildung kann gezeigt werden, daß (\(M_{\scr {L}}\), \(\scr {L}\)), so wie hier konstruiert, tatsächlich ein Modell der Laguerre-Geometrie ist. Ähnlich wie die Möbius-Gruppe im Rahmen der Möbius-Geometrie kann auch die Gruppe der Laguerre-Transformationen aus speziellen Inversionen, den Laguerre-Inversionen, erzeugt werden. Siehe hierzu auch Laguerre-Ebene.
Die Laguerre-Geometrie wurde in ihren Grundzügen bereits von Sophus Lie etwa 1870 entwickelt. Edmond Laguerre hat um 1880 vor allem die Erzeugung dieser Geometrie aus Inversionen untersucht. Vom Standpunkt der Lie-Geometrie der Dimension n = 2 kann die Gruppe der Laguerre-Transformationen, wie auch die Möbius-Gruppe, als eine Untergruppe der Gruppe der Lie-Transformationen angesehen werden.
[1] Blaschke, W.: Vorlesungen über Differentialgeometrie III. Verlag von Julius Springer Berlin, 1929.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.