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Lexikon der Mathematik: Lösungsverifikation bei Anfangswertproblemen mit gewöhnlichen Differentialgleichungen

in der Intervallrechnung der Nachweis der Existenz einer Lösung jedes der Anfangswertprobleme \begin{eqnarray}\begin{array}{cc}{y}^{\prime}=f(x,y),\,\,y({x}_{0})={y}^{(0)}\in {{\bf{\text{y}}}}^{(0)}\end{array}\end{eqnarray} in einem Intervall [x0, xe], verbunden mit einer Intervalleinschließung der Lösungswerte zumindest auf einem Gitter x0< x1< … < xe.

Dabei ist y(0) ein n-komponentiger Intervallvektor. Die Funktion f : D ⊆ ℝn+1 → ℝn wird in der Regel als so glatt vorausgesetzt, daß die Existenz von y in einer Umgebung von x0 von vornherein gesichert ist, und im Falle der Existenz von y auf [x0, xe] auch Eindeutigkeit herrscht. Das Gitter wird meist adaptiv bestimmt, d. h. im Verlauf der Rechnung in Abhängigkeit von der lokalen Situation.

Eine der bekannteren Verfahrensklassen besteht pro Teilintervall [xk, xk+1] aus zwei Schritten, ausgehend von einem Intervallvektor y(k), der alle Lösungswerte von (1) an der Stelle xk einschließt. (Für k = 0 ist dieser Vektor in (1) gegeben.) Bezeichnet \(y(x;\,\tilde{x},\,\tilde{y})\) die Wertemenge aller Lösungen von y′ = f (x, y) mit \(y(\tilde{x})\in \tilde{y}\), so besteht der erste Schritt in einer Berechnung von xk+1 und einer Grobeinschließung von y(x; xk, y(k), xkxxk+1, etwa auf die folgende Weise: Zunächst wählt man einen Intervallvektor \({\hat{\bf y}}^{(k)}\), der y(k) im Innern enthält, und bestimmt anschließend xk+1 so, daß mit der Schrittweite hk = xk+1xk der Intervallvektor \begin{eqnarray}{{\bf{\text{y}}}}^{(k)}+[0,{h}_{k}]\cdot {\bf{\text{f}}}([{x}_{k},{x}_{k+1}],\,{\hat{{\bf y}}}^{(k)})\end{eqnarray} im Innern von \({\hat{\bf y}}^{(k)}\) bleibt. Dabei bezeichnet hier und im folgenden g die Intervallauswertung einer Funktion g. Der Banachsche Fixpunktsatz garantiert dann \(y(x;{x}_{k},{\bf y}^{(k)})\subseteq {\hat{\bf y}}^{(k)}\) für xkxxk+1.

Der zweite Schritt verfeinert an der Stelle xk+1 die Grobeinschließung \({\hat{\bf y}}^{(k)}\) und liefert damit den Intervallvektor y(k+1) für den nächsten Gitterabschnitt [xk+1, xk+2]: Mit \begin{eqnarray}\begin{array}{l}p\in {\mathbb{N}},\,\,{\tilde{y}}^{(k)}\in {{\bf{\text{y}}}}^{(k)},{f}^{[1]}=f,\\ {f}^{[j]}=\frac{1}{j}{({f}^{[j-1])}}^{\prime}=\frac{1}{j}\{\frac{\partial {f}^{[j-1]}}{\partial x}+\frac{\partial {f}^{[j-1]}}{\partial y}f\},\,j\ge 2,\\ \psi ({h}_{k},{\tilde{y}}^{(k)})={\tilde{y}}^{(k)}+\displaystyle {\sum }_{j=1}^{p}{h}_{k}^{j}{f}^{[j]}({x}_{k},{\tilde{y}}^{(k)}),\\ {{\bf{\text{S}}}}_{k}=I+\displaystyle {\sum }_{j=1}^{p}{h}_{k}^{j}\frac{\partial {\text{f}}^{[j]}({x}_{k},{{\bf{\text{y}}}}^{(k)})}{\partial y}(I\,\text{Einheitsmatrix}),\\ {\tilde{\bf y}}^{(k+1)}=\psi ({h}_{k},{\tilde{y}}^{(k)})+{h}_{k}^{p+1}{f}^{[p+1]}([{x}_{k},{x}_{k+1}],{\hat{\bf y}}^{(k)})\end{array}\end{eqnarray} erhält man \begin{eqnarray}y({x}_{k+1};{x}_{k},{{\bf{\text{y}}}}^{(k)})\subseteq {\tilde{{\bf y}}}^{(k+1)}+{{\bf{\text{S}}}}_{k}({{\bf{\text{y}}}}^{(k)}-{\tilde{y}}^{(k)})\end{eqnarray} mit der Summe als Wahlmöglichkeit für y(k+1).

Um den Wrapping-Effekt einzudämmen, verwendet man in der Praxis noch eine präkonditionierende Matrix Ak, setzt \({\bf r}^{(0)}={\bf y}^{(0)}-{\tilde{y}}^{(0)}\), A0 = I, wählt \({\tilde{y}}^{(k+1)}\in {\tilde{y}}^{(k+1)}\) und iteriert gemäß \begin{eqnarray}\begin{array}{lll}{{\bf{\text{r}}}}^{(k+1)} & = & \{{A}_{k+1}^{-1}({{\bf{\text{S}}}}_{k}{A}_{k})\}{{\bf{\text{r}}}}^{(k)}+{A}_{k+1}^{-1}({\tilde{{\bf{\text{y}}}}}^{(k+1)}-{\tilde{y}}^{(k+1)}),\\ {{\bf{\text{y}}}}^{(k+1)} & = & {\tilde{{\bf{\text{y}}}}}^{(k+1)}+({{\bf{\text{S}}}}_{k}{A}_{k}){{\bf{\text{r}}}}^{(k)},\end{array}\end{eqnarray} bis xe erreicht wird. Die Bedingung \({\tilde{y}}^{(k+1)}\in {\tilde{\bf y}}^{(k+1)}\) ist dann automatisch erfüllt. Neben Ak = I ist die Wahl Ak+1SkAk oder Ak+1 = Qk+1 üblich, wobei Qk+1 die orthogonale Matrix der QR-Zerlegung einer beliebig gewählten (danach eventuell spalten-permutierten) Matrix aus SkAk ist.

Die Lösungsverifikation bei Anfangswertproblemen dient auch als Hilfsmittel beim Nachweis von Lösungen bei Randwertproblemen (Lösungsverifikation bei Randwertproblemen mit gewöhnlichen Differentialgleichungen), bei Randwertaufgaben mit Parameter und bei implizit definierten Kurven.

[1] Herzberger, J. (ed.): Topics in Validated Computations. North-Holland Amsterdam, 1994.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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