Lexikon der Mathematik: Markow-Kette
auf einem Wahrscheinlichkeitsraum \(({\rm{\Omega }},{\mathfrak{A}},P)\) definierter Markow-Prozeß (Xt)t∈I mit endlichem oder abzählbar unendlichem Zustandsraum S.
Dabei ist I zumeist die Menge ℕ0 oder \({{\mathbb{R}}}_{0}^{+}\). Im ersten Fall spricht man von einer Markow-Kette mit diskreter, im zweiten Fall von einer MarkowKette mit stetiger Zeit. Ist S endlich, so nennt man auch die Markow-Kette endlich. Die (elementare) Markow-Eigenschaft wird bei einer Markow-Kette mit diskreter Zeit in der Regel in der Form
Im folgenden beschränken wir uns auf zeitlich homogene Markow-Ketten \({({X}_{t})}_{t\in {{\mathbb{N}}}_{0}}\) mit diskreter Zeit. Die zeitliche Homogenität ist hier zu der Eigenschaft äquivalent, daß für alle i, j ∈ S eine Zahl pij mit P(Xn+1 = j|Xn = i) = pij für alle n ∈ ℕ0 existiert. Die durch P ≔ (pij)i,j∈S = P(0,1) definierte Matrix P heißt die Übergangsmatrix von \({({X}_{t})}_{t\in {{\mathbb{N}}}_{0}}\). Zusammen mit der Startverteilung bestimmt sie \({({X}_{t})}_{t\in {{\mathbb{N}}}_{0}}\) bis auf Äquivalenz eindeutig. Identifiziert man für jedes n ∈ ℕ0 die Verteilung von Xn mit dem Zeilenvektor \({\pi }^{(n)}={({\pi }_{i}^{(n)})}_{i\in S}\), dessen Komponenten durch \({\pi }_{i}^{(n)}:=P({X}_{n}=i)\) definiert sind, so gilt \({\pi }^{(n)}={\pi }^{(0)}{\text{P}}^{n}\), wobei Pn das n-fache Produkt von P mit sich selbst bezeichnet. Diese Gleichung bleibt insbesondere für n = 0 richtig, wenn man P0 als die Einheitsmatrix auffaßt. Weiter gilt \({\text{P}}^{n}={({p}_{i,j}^{(n)})}_{i,j\in S}\), wobei die Übergangswahrscheinlichkeit für n Schritte \({p}_{i,j}^{(n)}\) durch \({p}_{i,j}^{(n)}:={p}_{ij}(0,n)\) definiert ist.
Ein Zustand j heißt von i erreichbar, in Zeichen i ⇝ j, falls ein n ≥ 0 mit \({p}_{i,j}^{(n)}\gt 0\) existiert. Gilt sowohl i ⇝ j als auch j ⇝ i, so bezeichnet man i und j als verbundene oder kommunizierende Zustände und schreibt i ⇝ j. Die Relation i ⇝ j ist eine Äquivalenzrelation. Ein Zustand i heißt wesentlich, wenn für jeden Zustand j mit i ⇝ j auch j ⇝ i gilt. Eine Menge C ⊆ S heißt abgeschlossen, falls pij = 0 für alle i ∈ C und j ∉ C gilt. Besteht eine abgeschlossene Menge C aus nur einem Zustand i, so nennt man i einen absorbierenden Zustand. \({({X}_{t})}_{t\in {{\mathbb{N}}}_{0}}\) heißt irreduzibel, falls S die einzige nicht-leere abgeschlossene Menge ist und reduzibel andernfalls. Die Kette ist genau dann irreduzibel, wenn alle Zustände aus S untereinander verbunden sind. Die Periode di eines Zustands i mit i ⇝ i ist durch \(\text{ggT}\{n:{p}_{i,i}^{(n)}\gt 0\}\) definiert. Zustände mit Periode di = 1 heißen aperiodisch, solche mit di ≥ 2 periodisch. Man nennt die Kette aperiodisch, wenn jeder Zustand aperiodisch ist, und periodisch mit Periode d ≥ 2, wenn jeder Zustand i ∈ S periodisch mit Periode di = d ist. Weiterhin spielen beim Studium zeitlich homogener Markow-Ketten die Begriffe der Rekurrenz und Transienz eine wichtige Rolle.
Als Beispiel betrachten wir eine zeitlich homogene Markow-Kette \({({X}_{t})}_{t\in {{\mathbb{N}}}_{0}}\) mit Zustandsraum S = {1, 2, 3, 4} und Übergangsmatrix
Da die Menge {3, 4} abgeschlossen ist, handelt es sich hierbei um eine reduzible Kette. Jeder Zustand besitzt die Periode 2. Die Beziehungen zwischen den Zuständen lassen sich mit Hilfe gerichteter Graphen veranschaulichen. Die Abbildung zeigt den der Matrix P entsprechenden Graphen.
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