Lexikon der Mathematik: Mathieu-Funktion
eine π- oder 2π-periodische Lösung der Mathieuschen Differentialgleichung in z
Für die Schwingungslehre noch wichtiger sind die daraus folgenden Aussagen über die Stabilität, d. h. hier die Beschränktheit der Lösungen auf ℝ: Für |y1(π)| < 1 sind alle Lösungen von (1) auf ℝ beschränkt. Im Falle |y1(π)| > 1 sind alle Lösungen unbeschränkt. Zusätzlich sind im Falle y1(π) = ±1 und \({y}_{1}^{^{\prime} }(\pi )={y}_{2}(\pi )=0\) alle Lösungen beschränkt. In allen anderen Fällen treten sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Lösungen auf.
Der Parameter λ wird Eigenwert genannt, da die Differentialgleichung durch Umstellung zum Eigenwertproblem
Substitutiert man z durch iz, so entsteht die modifizierte Mathieusche Differentialgleichung
Man kann viele Eigenschaften der Lösungen der modifizierten Mathieuschen Differentialgleichung durch eben diese Substitution auf die Lösungen der Mathieuschen Differentialgleichung zurückführen.
Bezeichnet man weiterhin z = cos t, so entsteht die algebraische Mathieusche Differentialgleichung
Da die Mathieusche Differentialgleichung eine Differentialgleichung mit periodischen Koeffizienten ist, lassen sich, wie oben angedeutet, nach dem Satz von Floquet immer Lösungen der Gestalt
Wie man sofort erkennt, ist mit me v (z, q) auch me v (−z, q) eine Lösung zum charakteristischen Exponenten −v. Diese beiden Lösungen sind für nicht-ganzzahlige v, und nur dann, linear unabhängig und spannen somit den gesamten Lösungsraum auf. Für gegebenes v, q und λ ist dann me v(·, λ) bis auf einen konstanten Faktor eindeutig bestimmt, und es kann me −v (z, q) = me v (−z, q) gewählt werden. Man normiert dann me v(z, q) durch
Hieraus baut man wiederum die geraden und ungeraden Lösungen ce v und se v auf:
Die entsprechenden Lösungen der modifizierten Mathieuschen Differentialgleichung erhalten einen Großbuchstaben:
Für ganzzahliges v existiert zumindest eine Floquet-Lösung, die dann entweder π-oder zumindest 2π-periodisch ist. Eine der beiden Funktionen ce oder se verschwindet in diesem Falle. Diese periodischen Lösungen spielen in der Theorie der Mathieuschen Differentialgleichung eine wichtige Rolle und werden deshalb als „Mathieufunktionen“ oder auch als „Lösungen erster Art“ bezeichnet. Die zweite, linear unabhängige Lösung ist in diesem Falle nie periodisch; sie heißen entsprechend „Lösungen zweiter Art“, werden aber eher selten benötigt.
Weiterhin verwendet man zum Teil die sog. „Lösungen dritter Art“, die so aus den Fundamentallösungen kombiniert werden, daß sie für z → i∞ oder z → −i∞ gegen Null gehen.
[1] Abramowitz, M.; Stegun, I.A.: Handbook of Mathematical Functions. Dover Publications, 1972.
[2] Erdélyi, A.: Higher transcendential functions, vol. 3. McGraw-Hill, 1953.
[3] Meixner, J.; Schäfke, F.W.: Mathieusche Funktionen und Sphäroidfunktionen. Springer Berlin/Heidelberg, 1954.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.