Lexikon der Mathematik: Mengenfunktion
Verallgemeinerung des üblichen Funktionsbegriffs.
Es sei Ω eine Menge und ℳ ⊆ 𝒫(Ω) eine Teilmenge der Potenzmenge 𝒫(Ω) von Ω. Dann heißt die Abbildung \(\mu : {\mathcal {M}}\to \bar{{\mathbb{R}}}\), die von den Werten +∞ oder −∞ höchstens einen annimmt, Mengenfunktion auf ℳ. Die Mengenfunktion μ heißt
- absolut stetig bzgl. eines signierten Maßes ν auf ℳ oder ν-stetig, geschrieben als μ ≪ ν, wenn ∅ ∈ ℳ ist, und wenn aus ν(M) = 0 für ein M ∈ ℳ μ(M) = 0 folgt,
- additiv, falls μ(M1 ∪ M2) = μ(M1) + (M2) ist für alle disjunkten (M1, M2) ⊆ ℳ mit M1 ∪ M2 ∈ ℳ,
- antiton oder monoton fallend, falls μ(M1) ≥ μ(M2) für alle (M1, M2) ⊆ ℳ mit M1 ⊆ M2, endlich, falls |μ(M)| < ∞ ist für alle M ∈ ℳ,
- endlich-additiv, falls für alle \(n\in {\mathbb{N}}\,\mu (\displaystyle {\cup }_{i=1}^{n}{M}_{i})=\displaystyle {\sum }_{i=1}^{n}\,\mu ({M}_{i})\) ist für alle paarweise disjunkten (M1, …, Mn) ⊆ ℳ mit \(\displaystyle {\cup }_{i=1}^{n}{M}_{i}\in M\)
- endlich-subadditiv, falls für alle \(n\in {\mathbb{N}}\,\mu (\displaystyle {\cup }_{i=1}^{n}{M}_{i})\le \displaystyle {\sum }_{i=1}^{n}\,\mu ({A}_{i})\) ist für alle (M1, …, Mn) ⊆ ℳ mit \(\displaystyle {\cup }_{i=1}^{n}{M}_{i}\in M\)
- endlich-superadditiv, falls für alle \(n\in {\mathbb{N}}\,\mu (\displaystyle {\cup }_{i=1}^{n}{M}_{i})\ge \displaystyle {\sum }_{i=1}^{n}\,\mu ({A}_{i})\) ist für alle disjunkten (M1, …, Mn) ⊆ ℳ mit \(\displaystyle {\cup }_{i=1}^{n}{M}_{i}\in M\)
- Inhalt auf ℳ, falls ∅ ∈ ℳ, μ nicht negativ und additiv ist mit μ(∅) = 0,
- invariant bzgl. einer Transformation T auf Ω, falls T−1(M) ∈ ℳ für alle M ∈ ℳ und für das Bildmaß (Tμ) gilt: (Tμ)(A) = μ(A) für alle A ∈ ℳ,
- isoton oder monoton steigend, falls μ(M1) ≤ μ(M2) für alle (M1, M2) ⊆ ℳ mit M1 ⊆ M2,
- Maß auf ℳ, falls ∅ ∈ ℳ, μ nichtnegativ und σ-additiv ist mit μ(∅) = 0,
- modular, falls μ(M1 ∪ M2) + μ(M1 ∩ M2) = μ(M1) + μ(M2) ist für alle (M1, M2) ⊆ ℳ mit M1∪M2 ∈ ℳ und M1 ∩ M2 ∈ ℳ,
- Null-stetig, wenn ∅ ∈ ℳ ist, und wenn für jede antitone Folge (Mi|i ∈ ℕ) ⊆ ℳ mit \(\displaystyle {\cap }_{n\in {\mathbb{N}}}{M}_{i}=\mathrm{\varnothing }\) und |μ(Mi)| < ∞ für alle i ∈ ℕ gilt: limi→∞μ(Mi) = 0,
- regulär von außen bzgl. eines Mengensystems 𝒩 ⊆ ℳ, falls μ(M) = inf{μ(N)|N ∈ 𝒩, N ⊇ M} ist für alle M ∈ ℳ,
- regulär von innen bzgl. eines Mengensystems 𝒩 ⊆ ℳ, falls μ(M) = sup{μ(N)|N ∈ 𝒩, N ⊆ M} ist für alle M ∈ ℳ
- signiertes Maß auf ℳ, falls ∅ ∈ ℳ und μ σ-additiv ist mit μ(∅) = 0,
- singulär oder orthogonal zu einem signierten Maß ν (ν-singulär), meist geschrieben als μ ∠ ν, wenn ∅ ∈ ℳ ist und wenn ein N ∈ ℳ existiert mit ν(N) = 0 und μ(M) = ν(M ∩ N) für alle M ∈ ℳ mit M ∩ N ∈ ℳ,
- stetig von oben bzgl. M ∈ ℳ, wenn für jede antitone Folge (Mi|i ∈ ℕ) ⊆ ℳ mit ∩i∈ℕMi = M und |μ(Mi)| < ∞ für alle i ∈ ℕ gilt: μ(M) = limi→∞μ(Mi),
- stetig von unten bzgl. M ∈ ℳ, wenn für jede isotone Folge (Mi|i ∈ ℕ) ⊆ ℳ mit ∩i∈ℕMi = M gilt: μ(M) = limi→∞μ(Mi),
- subadditiv, falls μ(M1 ∪ M2) ≤ μ(M1) + μ(M2) ist für alle (M1, M2) ⊆ ℳ mit M1 ∪ M2 ∈ ℳ,
- subtraktiv, falls μ(Mi\M2) = μ(M1) − μ(M2) ist für alle (M1, M2) ⊆ ℳ mit M1 ⊇ M2 und M1\ M2 ∈ ℳ,
- superadditiv, falls μ(M1 ∪ M2) ≥ μ(M1) + μ(M2) ist für alle disjunkten (M1, M2)⊆ℳ mit M1 ∪ M2 ∈ ℳ,
- σ-additiv, falls μ(∪i∈ℕMi) = ∑i∈ℕμ(Ai) ist für alle paarweise disjunkten (Mi|i ∈ ℕ) ⊆ ℳ mit ∪i∈ℕMi ∈ ℳ,
- σ-endlich, falls für alle M ∈ ℳ eine Folge (Mi|i ∈ ℕ) ⊆ ℳ existiert mit M ⊆ ∪i∈ℕMi und |μ(Mi)| < ∞ für alle i ∈ ℕ,
- σ-subadditiv, falls μ(∪i∈ℕMi) ≤ ∑i∈ℕμ(Mi) ist für alle (Mi|i ∈ ℕ) ⊆ ℳ mit ∪i∈ℕMi ∈ ℳ,
- σ-superadditiv, falls μ(∪i∈ℕMi) ≥ ∑i∈ℕμ(Mi) ist für alle paarweise disjunkten (Mi|i ∈ ℕ) ⊆ ℳ mit ∪i∈ℕMi ∈ ℳ.
Die Mengenfunktion \({\mu }^{+}:M\to {\bar{{\mathbb{R}}}}_{+}\), definiert durch
heißt obere Variation der Mengenfunktion μ, \({\mu }^{-}:\mathcal{M}\to {\bar{{\mathbb{R}}}}_{+}\), definiert durch
die untere Variation von μ, |μ| := μ+ + μ− die Variation von μ und
die totale Variation von ℳ. Ist μ ein signiertes Maß und ℳσ-Algebra, so ist μ = μ+ − μ− die Jordan-Zerlegung von μ.
Anstelle von Inhalt wird häufig auch von additivem Maß gesprochen. Es werden auch häufig Inhalte und Maße nur auf Mengenringen definiert, oder die Bezeichnung vom Definitionsbereich abhängig gemacht.
Ist eine σ-additive Mengenfunktion μ auf ℳ mit ∅ ∈ ℳ nicht identisch +∞ oder −∞, so ist sie ein signiertes Maß, ebenso ist eine nicht negative, endlich additive Mengenfunktion M auf ℳ mit ∅ ∈ ℳ ein Inhalt, falls sie nicht identisch +∞ oder −∞ ist. Gilt ∅ ∈ ℳ und μ(∅) = 0, so folgt aus der σ-Additivität von μ die endliche Additivität und daraus die Additivität. Ist die Mengenfunktion μ isoton und ∅ ∈ ℳ mit μ(∅) = 0, so ist μ nicht-negativ. Eine additive Mengenfunktion μ auf einem Mengenringℳ ist subtraktiv, falls die Differenz überall definiert ist. Auf einem Mengenring ℳ ist ein Inhalt subadditiv und σ-superadditiv, und ein Maß σ-subadditiv und σ-superadditiv.
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