Lexikon der Mathematik: Momentenmethode
statistisches Verfahren zur Konstruktion von Punktschätzungen.
Sei X eine Zufallsgröße, deren Verteilungsfunktion F von k ≥ 1 unbekannten Parametern γi, i = 1, …, k, abhängt. Für die unbekannten Parameter wird eine Punktschätzung gesucht. Es wird angenommen, daß die Momente von X, hier bezeichnet mit Mj := E(Xj), mindestens bis zur k-ten Ordnung existieren, das heißt, daß gilt:
Da die Verteilungsfunktion F von X von den unbekannten Parametern γi, i = 1,…, k abhängt, hängen auch die Momente Mj von X von diesen Parametern über eine funktionale Beziehung
Bei der Momentenmethode geht man von einer mathematischen Stichprobe (X1,…, Xn) von X aus und ersetzt im Gleichungssystem (2) die Momente Mj durch die entsprechenden empirischen Momente
Die so entstehenden Schätzungen \({\hat{\gamma }}_{j}\):
Aufgrund Ihrer Einfachheit wird die Momentenmethode häufig der Maximum-Likelihood-Methode zur Konstruktion von Punktschätzungen vorgezogen. Allerdings sind die Eigenschaften der mit der Momentenmethode ermittelten Punktschätzungen nicht generell bekannt. Sie liefert aber für einige spezielle Verteilungen Schätzungen, die identisch mit den Maximum-Likelihood- Schätzungen sind und folglich die gleichen Eigenschaften besitzen.
Bei Anwendungen in der Schadenversicherung wird beispielsweise versucht, empirische Beobachtungen (Schadendaten) durch zweiparametrige Verteilungen mit einer Dichtefunktion p(μ, α)(x) zu beschreiben: Ist ein Satz {rj}j=1,…,n von Realisierungen der Zufallsgröße X gegeben, dann berechnen sich nach der Momentenmethode die Schätzer \(\hat{\mu }\) und \(\hat{\alpha }\) für die Verteilungsparameter als Lösungen der Gleichungen
Die Momentenmethode wird auch modifiziert angewendet. Anstelle von (1) geht man von der funktionalen Abhängigkeit der Parameter von den zentralen Momenten \({M}_{1}^{z},\ldots,{M}_{k}^{z}\) aus und stellt die Parameter in Abhängigkeit dieser zentralen Momente dar:
Ersetzt man in (4) die zentralen Momente durch erwartungstreue und konsistente Schätzfunktionen, so ergeben sich für einige spezielle Verteilungen erwartungstreue und konsistente Momentenschätzungen für die Parameter γj, j = 1,…, k.
Beispiel. Die Parameter γ1 = μ und γ2 = σ2 einer N(μ, σ2)-verteilten Zufallsgröße X sind zu schätzen. Unter Verwendung der Beziehungen
ergeben sich nach (3) folgende Momentenschätzungen \(\hat{\mu }\) und \({\widehat {\sigma}}^{2}\) für μ und σ2:
Diese beiden Schätzungen sind identisch mit den Maximum-Likelihood-Schätzungen und damit konsistent und asymptotisch normalverteilt. Während das arithmetische Mittel \(\bar{X}\) eine erwartungstreue Schätzfunktion für μ ist, ist die Schätzfunktion \({S}_{* }^{2}\) nur asymptotisch erwartungstreu für σ2. Man kann leicht zeigen, daß gilt
Eine erwartungstreue Schätzung für σ2 erhalten wir folglich durch die Verwendung der sogenannten empirischen Streuung
anstelle von \({S}_{* }^{2}\).
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