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Lexikon der Mathematik: Monodromiedarstellung

fundamentaler Begriff in der Theorie der Singularitäten.

Sei Y eine analytische Varietät der Dimension n + k, reindimensional, in einer offenen Menge U ⊂ ℂN. Weiter sei OY und F = F1,…, Fk U → ℂk eine holomorphe Abbildung mit F (O) = 0. Es sei fi := Fi |Y und f := F |Y, und O sei der einzige singuläre Punkt von X := f−1(0). (Oft ist Y = U und k = 1).

Sei jetzt r : U → [0, ∞) eine reell-analytische Funktion, die O in X definiert. Es sei ε > 0 so gewählt, daß \begin{eqnarray}{X}_{r\le \varepsilon }\,:=\{x\in X|r(x)\le \varepsilon \}\end{eqnarray}

kompakt ist, und r |X0<rε keine kritischen Punkte besitzt ( Xr, Xr=ε, X0<r etc. seien analog zu Xrε definiert). Dann existiert eine offene Umgebung S von O in ℂk so, daß \begin{eqnarray}f:{Y}_{r=\varepsilon }\cap {f}^{-1}(S)\to S\end{eqnarray}

submersiv ist. Ohne Beschränkung der Allgemeinheit sei S zusammenziehbar. Es gelten die folgenden Notationen: \begin{eqnarray}{\mathfrak{X}}:={f}^{-1}{(S)}_{r\lt \varepsilon },\bar{{\mathfrak{X}}}:={f}^{-1}{(S)}_{r\lt \varepsilon },\partial \bar{{\mathfrak{X}}}:={f}^{-1}{(S)}_{r=\varepsilon },\end{eqnarray}

wobei 𝔛 offen in f−1 (S) ist, und \(\bar{{\mathfrak{X}}}\) bzw. \(\partial \bar{{\mathfrak{X}}}\) der Abschluß bzw. der Rand in f−1 (S) sind. Weiter sei Cf die Menge der kritischen Punkte von f. Für sS setzt man \begin{eqnarray}{X}_{s}:={\mathfrak{X}}\cap {f}^{-1}(s),{\bar{X}}_{s}:=\bar{{\mathfrak{X}}}\cap {f}^{-1}{(s)}_{},\partial {\bar{X}}_{s}:=\partial \bar{{\mathfrak{X}}}\cap {f}^{-1}(s).\end{eqnarray}

Ebenso sei für eine Menge AS\begin{eqnarray}{X}_{A}:={\mathfrak{X}}\cap {f}^{-1}(A) & \text{und} & {\bar{X}}_{A}:=\bar{{\mathfrak{X}}}\cap {f}^{-1}(A).\end{eqnarray}

Df := f (Cf) heißt die Diskriminante von f. f : 𝔛 → S heißt ein guter Repräsentant, \(f:\bar{{\mathfrak{X}}}\to S\) heißt ein guter eigentlicher Repräsentant. Zudem sei 𝔛sing die Menge der singulären Punkte von 𝔛 und 𝔛reg := 𝔛 − 𝔛sing. Natürlich ist 𝔛singCf.

Die Fasern Xs (bzw. \({\bar{X}}_{s}\)) für sSDf heißen (kompakte) Milnorfasern von f. \begin{eqnarray}f:({\bar{{\mathfrak{X}}}}_{S-{D}_{f}},\partial {\bar{{\mathfrak{X}}}}_{S-{D}_{f}})\to S-{D}_{f}\end{eqnarray}

heißt die Milnorfaserung von f. Wie schon der Umgebungsrand Xr=ε nicht von r abhängt, sind die Milnorfasern für verschiedene gute Repräsentanten f diffeomorph.

Es sei \(f:\bar{{\mathfrak{X}}}\to s\) ein guter eigentlicher Repräsentant. Die Milnorfaserung \(f:({\bar{{\mathfrak{X}}}}_{S-{D}_{f}},\partial {\bar{{\mathfrak{X}}}}_{S-{D}_{f}})\to S-{D}_{f}\) soll nun genauer untersucht werden. Dieses Faserbündelpaar ist auf \(\partial {\bar{{\mathfrak{X}}}}_{S-{D}_{f}}\) trivial und auf \({\bar{{\mathfrak{X}}}}_{S-{D}_{f}}\) lokal trivial. Damit existieren

i) eine Trivialisierung \(\sigma:\partial {{\mathfrak{X}}}_{S-{D}_{f}}\to S-{D}_{f}\times \partial {\bar{X}}_{{s}_{0}}\), wobei \({\bar{X}}_{{s}_{0}}\) eine feste Faser über s0SDf ist, und

ii) für jedes sSDf eine Umgebung Vs in SDf und eine Trivialisierung \begin{eqnarray}{u}_{s}:{\bar{{\mathfrak{X}}}}_{Vs}\to {V}_{s}\times {\bar{X}}_{s},\end{eqnarray} die mit σ verträglich ist, d. h. \begin{eqnarray}i\circ {u}_{s}{|{}_{\partial {\bar{{\mathfrak{X}}}}_{Vs}}=\sigma |}_{\partial {\bar{{\mathfrak{X}}}}_{S-Df}},\end{eqnarray}

wobei i die von σ induzierte Abbildung \(i:\partial {\bar{X}}_{s}\to \partial {\bar{X}}_{{s}_{0}}\) ist.

Es sei nun s ein fester Punkt in SDf. Man betrachtet einen stetigen Weg γ : [0, 1] → SDf mit γ (0) = γ (1) = s. Da [0, 1] kompakt ist, existiert eine Teilung 0 = t0< t1< … < tM = 1 von [0, 1] so, daß γ ([tk, tk+1]) ⊂ Vs(k) für ein s(k) ∈ SDf, k = 0,…, M − 1.

Mit Hilfe der Trivialisierungen i) und ii) induziert damit γ einen Diffeomorphismus \begin{eqnarray}{h}_{t}:\,({\bar{X}}_{s* },\,\partial {\bar{X}}_{s* })\to ({\bar{X}}_{\gamma (t)},\,\partial {\bar{X}}_{\gamma (t)}),\end{eqnarray}

t ∈ [0, 1], mit \(\sigma \circ {h}_{t}{|{}_{\partial {\bar{X}}_{s* }}=\sigma |}_{\partial {\bar{X}}_{\gamma (t)}}\) und H0 = 1. Insbesondere ist h1\(|{}_{\partial {\bar{X}}_{s* }}\,=\,1\). Im Sinne der Topologie ist damit h1 eine geometrische Monodromie. Es gilt: Die relative Isotopieklasse von \({h}_{1}:\,({\bar{X}}_{s* },\,\partial {\bar{X}}_{s* })\to ({\bar{X}}_{s* },\,\partial {\bar{X}}_{s* })\) hängt nur ab von der Homotopieklasse [γ ] von γ in π1 (SDf, s).

Man nennt daher h1 (bzw. seine relative Isotopieklasse) die C-Monodromie von f entlang von γ.

Bezeichnet man weiter die Gruppe der relativen Isotopieklassen von C-Diffeomorphismen von \(({\bar{X}}_{s* },\,\partial {\bar{X}}_{s* })\) mit Iso\(({\bar{X}}_{s* },\,\partial {\bar{X}}_{s* })\), so erhält man einen Gruppenhomomorphismus \begin{eqnarray}{\varrho }_{\text{diff}}:{\pi }_{1}(S-{D}_{f,S* })\to {I}_{SO}\infty ({\bar{X}}_{s* },\,\partial {\bar{X}}_{s* })\,[\gamma ]\mapsto [{h}_{1}].\end{eqnarray}

Man nennt ϱdiff die C-Monodromiedarstellung von π1 (SDf, s.

Weiter induziert H1 einen Gruppenisomorphismus \({h}_{1}{}_{* }:\,{H}_{* }\,({\bar{X}}_{s* },\,\partial {\bar{X}}_{s* })\to {H}_{* }({\bar{X}}_{s* },\,\partial {\bar{X}}_{s* })\) (Die Koeffizienten der Homologie seien ganze Zahlen). So enthält man entsprechend Homomorphismen \begin{eqnarray}\begin{array}{lll}{\pi }_{1}({S}_{f}-{D}_{f},s* ) & \to & Aut({H}_{1}\,({\bar{X}}_{s* },\partial {\bar{X}}_{s* }))\,\,\text{und}\\ {\pi }_{1}({S}_{f}-{D}_{f},s*) & \to & Aut({H}_{1}\,({X}_{s* })).\end{array}\end{eqnarray}

Diese nennt man die algebraische Monodromiedarstellung von π1 (SpDp, s).

Siehe auch Monodromie.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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