Direkt zum Inhalt

Lexikon der Mathematik: Riemannscher Krümmungstensor

Maß für die Krümmung einer Riemannschen oder Pseudo-Riemannschen differenzierbaren Mannigfaltigkeit.

Berücksichtigt wird dabei der Effekt, daß sich bei Anwesenheit von Krümmung ein infinitesimales Rechteck nicht mehr schließt. Formelmäßig wird dies dadurch beschrieben, daß kovariante Ableitungen nicht mehr vertauschbar sind.

Formal definiert ist der Riemannsche Krümmungstensor ein Tensorfeld vierter Stufe auf einer Riemannschen Mannigfaltigkeit (M, g), das durch die Riemannsche Metrikg von M bestimmt ist und alle Informationen über die Krümmungseigenschaften von (M, g) enthält.

Bezeichnet man mit ∇ den Levi-Civita-Zusammenhang von (M, g) und wählt drei differenzierbare Vektorfelder X, Y, Z, die in einer Umgebung eines Punkte xM definiert sind, wird ein neues Vektorfeld R(X, Y)Z durch \begin{eqnarray}R(X, Y)Z={\nabla }_{X}{\nabla }_{Y}Z-{\nabla }_{Y}{\nabla }_{X}Z-{\nabla }_{[X, Y]}Z\end{eqnarray} definiert, wobei [X, Y] der Kommutator der Vektorfelder X und Y ist.

Der Wert R(X, Y)Z(x) hängt dann nur von den Werten X(x), Y(x), Z(x) im Punkt x, nicht von ihren Ableitungen ab. Daher ist die Zuordnung (X, Y, Z) → R(X, Y)Z eine lineare Abbildung des dreifachen Tensorproduktes \begin{eqnarray}R:{T}_{x}(M)\otimes {T}_{x}(M)\otimes {T}_{x}(M)\otimes \to {T}_{x}(M)\end{eqnarray} des Tangentialraumes Tx(M) in sich.

Diese Definition des Krümmungstensors wird nicht nur auf den Levi-Civita-Zusammenhang angewendet, sondern auf beliebige Mannigfaltigkeiten, die mit einem affinen Zusammenhang oder linearen Zusammenhang versehen sind.

Den Kommutator zweier Vektorfelder X und Y definiert man wie folgt: Man identifiziert die Menge aller Vektorfelder mit der Lie-Algebra aller Derivationen der Algebra V(M) aller glatten Funktionen auf M. Dabei sieht man X und Y als Operatoren an, die einer differenzierbaren Funktion f auf M die Richtungsableitungen Xf bzw. Yf zuordnen, und definiert [X, Y] als neue Richtungsableitung \begin{eqnarray}[X, Y]f=X(Yf)-Y(Xf).\end{eqnarray}Sind \(X={\partial }_{i}=\partial /\partial {x}_{i}\,\mathrm{und}\,Y={\partial }_{j}=\partial /\partial {x}_{j}\) die tangentialen Vektorfelder an die i-te bzw j-te Koordinatenlinie eines lokalen Koordinatensystem (x1,…,xn) auf M, so ist if die gewöhnliche partielle Ableitung nach der Variablen xi, und für den Kommutator gilt [ij] = 0.

Die Tangentialvektorfelder i = /∂xi bilden eine Basis von Tx(M). Daher kann man den Krümmungstensor durch seine lokalen Koeffizienten \({R}_{kij}^{l}\) in dieser Basis ausdrücken: Die Gesamtheit der durch \(R({\partial }_{i},{\partial }_{j}){\partial }_{k}={R}_{kij}^{l}{\partial }_{l}\) definierten Größen nennt man ebenfalls Riemannschen Krümmungstensor oder genauer seine lokalen Koeffizienten. Sie lassen sich aus den partiellen Ableitungen der Christoffelsymbole des Levi-Civita-Zusammenhangs von (M, g) wie folgt errechnen: \begin{eqnarray}{R}_{kij}^{l}={\partial }_{i}{\Gamma }_{jk}^{l}-{\partial }_{j}{\Gamma }_{ik}^{l}+\displaystyle \sum _{p=1}^{n}{\Gamma }_{jk}^{p}{\Gamma }_{ip}^{l}-{\Gamma }_{ik}^{p}{\Gamma }_{jp}^{l}.\end{eqnarray}Der Riemannsche Krümmungstensor erfüllt neben den beiden Bianchi-Identitäten die Symmetriebeziehungen \begin{eqnarray}R(X,Y)=-R(X,Y)\end{eqnarray} und \begin{eqnarray}g(R(X,Y)Z,U)+g(R(X,Y)U,Z)=0.\end{eqnarray}

Im Fall niedriger Dimensionen n gelten folgende Besonderheiten: Für n = 1 ist der Riemannsche Krümmungstensor gleich Null, für n = 2 reduziert er sich auf eine einzige nichttriviale Komponente, die zur Gaußschen Krümmung proportional ist, und für n = 3 sind Riemann-Tensor und RicciTensor zueinander proportional.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.