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Lexikon der Mathematik: Sequentialanalyse

ein von A.Wald 1947 begründetes Teilgebiet der mathematischen Statistik, welches zum Ziel hat, den Aufwand (Versuchsumfang) bei einer statistischen Entscheidungsfindung zu minimieren.

Die Sequentialanalyse (SA) spielt eine große Rolle in der statistischen Qualitätskontrolle, wird aber auch beispielsweise in der Biometrie zum Vergleich von Medikamenten angewendet.

Die Sequentialanalyse faßt alle statistischen Verfahren (Test- und Schätzverfahren) zusammen, bei denen in jedem Zeitpunkt aufgrund vorliegender Versuchsergebnisse entschieden wird, ob die Versuchsserie abgebrochen werden kann oder fortzusetzen ist. Sequentielle Verfahren sind damit durch einen zufälligen Stichprobenumfang gekennzeichnet.

Das bekannteste sequentielle Testverfahren ist der Waldsche Sequentialtest (WST) zum Prüfen einer Wahrscheinlichkeit p = P(A). Im Gegensatz zum Signifikanztest geht man hier davon aus, daß eine genaue Kenntnis über die Alternativhypothese vorliegt, d.h., man prüft \begin{eqnarray}{H}_{0}:p={p}_{0}\,\,\text{gegen}\,\,{H}_{1}:p={p}_{1},\end{eqnarray} wobei p0 und p1 ∈ [0, 1] bekannte Werte sind.

Es seien \(\overrightarrow{x}=({x}_{1},\mathrm{\ldots},{x}_{n})\) eine konkrete und \(\overrightarrow{X}=({X}_{1},\mathrm{\ldots},{X}_{n})\) die zugehörige mathematische Stichprobe, und \(P(\overrightarrow{X}=\overrightarrow{x}|{p}_{i})\) die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Stichprobenvektors unter der Annahme der Gültigkeit der Hypothese Hi, i = 0, 1. Die Teststatistik des Sequentialtests ist der sogenannte Likelihoodquotient, d.h., der Quotient der zu den Hypothesen gehörenden Likelihood-Funktionen \begin{eqnarray}LQ:=LQ({x}_{1},\ldots, {x}_{n})=\frac{P(\overrightarrow{X}=\overrightarrow{x}|{p}_{1})}{P(\overrightarrow{X}=\overrightarrow{x}|{p}_{0})}.\end{eqnarray} Offensichtlich spricht ein hoher Wert von LQ für die Gültigkeit der Hypothese H1 und ein kleiner Wert von LQ für die Hypothese H1. Sind Lo und Lu zwei vorgegebene Grenzen (Schwellwerte), so lautet die Entscheidungsregel des Tests:

  1. Ist LQLo, so wird H1 angenommen.
  2. Ist LQLu, so wird Ho angenommen.
  3. Ist Lu< LQ< Lo, so kann keine Entscheidung getroffen werden, und es wird zur Stichprobe \(\overrightarrow{x}\) ein weiteres Stichprobenelement \({x}_{n+1}\) hinzugenommen.
Die wichtigste Aufgabe der statistischen SA besteht nun in der Wahl der Grenzen Lu und Lo so, daß die zugehörigen Fehler 1. und 2. Art des Tests (Testtheorie) möglichst klein sind.

Im allgemeinen lassen sich Fehler 1. und 2. Art eines sequentiellen Tests nur sehr schwer bestimmen. Seien α und β die Fehler 1. und 2. Art zu diesem Testverfahren. Es läßt sich zeigen, daß dieses Testverfahren dasjenige ist, welches unter allen anderen Testverfahren, deren Fehler 1. und 2. Art α bzw. β nicht überschreiten, den kleinsten erwarteten Stichprobenumfang besitzt.

Darüber hinaus bestehen zwischen den beiden Fehlerwahrscheinlichkeiten und den Grenzen Lu und Lo folgende Ungleichungen: \begin{eqnarray}{L}_{u}\ge \frac{\beta}{1-\alpha}\quad\text{und}\quad {L}_{0}\ge \frac{1-\beta}{\alpha}.\end{eqnarray} Um einen WST zu erhalten, der wenigstens nähe-rungsweise vorgegebene Fehlerwahrscheinlichkeiten α und β einhält, wurden von A.Wald die Näherungen \begin{eqnarray}{L}_{u}\approx \frac{\beta}{1-\alpha}\quad \text{und}\quad {L}_{0}\approx \frac{1-\beta}{\alpha}\end{eqnarray} vorgeschlagen. Es läßt sich zeigen, daß dann zumindest die Summe α* + β* der tatsächlichen Irrtumswahrscheinlichkeiten 1. und 2. Art des Tests nach oben beschränkt sind, es gilt: α* + β*α + β.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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