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Lexikon der Mathematik: Stammfunktionen gewisser transzendenter Funk-tionen

Stammfunktionen zu Funktionen, die nicht algebraisch sind.

Wichtige Vertreter transzendenter Funktionen sind die trigonometrischen Funktionen, die Exponentialfunktion und die Hyperbelfunktionen sowie deren Umkehrfunktionen.

Hier seien nur wenige typische Vertreter behan-delt:

Ein unbestimmtes Integral der Form \begin{eqnarray}\mathop{\mathop{\int}\limits^{x}}\limits_{}R({e}^{t})\,dt\end{eqnarray} kann umgeschrieben werden zu \begin{eqnarray}\mathop{\mathop{\int}\limits^{x}}\limits_{}{R}_{1}({e}^{t}){e}^{t}\,dt=\mathop{\mathop{\int}\limits^{{e}^{x}}}\limits_{}{R}_{1}(s)\,ds,\end{eqnarray} ist also zurückgeführt auf die Überlegungen zur Integration rationaler Funktionen. Hier und beim folgenden Typ bezeichnen R und R1 rationale Funktionen (einer Veränderlichen).

Stammfunktionen der Form \begin{eqnarray}\mathop{\mathop{\int}\limits^{x}}\limits_{}p(t)R({e}^{t})\,dt\,\,\,\,\,\,\,\,\,(p\,\rm Polynom)\end{eqnarray} behandelt man mit partieller Integration, wobei man das Polynom jeweils differenziert und so den Grad reduziert.

Für \begin{eqnarray}\mathop{\mathop{\int}\limits^{x}}\limits_{}R(\cos t, \sin t)\,dt\end{eqnarray} mit einer rationalen Funktion R von zwei Variablen hat man eine allgemeine Methode, die immer funktioniert, jedoch oft nicht vorteilhaft ist: Man benutzt \begin{eqnarray}\begin{array}{ccccc}\cos t & = & \cos \left(\displaystyle\frac{t}{2}+\frac{t}{2}\right) & = & \displaystyle\frac{{(\cos \frac{t}{2})}^{2}-{(\sin\frac{t}{2})}^{2}}{{(\cos\frac{t}{2})}^{2}+{(\sin\frac{t}{2})}^{2}}\\ & = & \displaystyle\frac{1-{(\tan\frac{t}{2})}^{2}}{1+{(\tan\frac{t}{2})}^{2}}, & & \end{array}\end{eqnarray} sowie \begin{eqnarray}\begin{array}{ccccc}\sin t & = & \sin \left(\displaystyle\frac{t}{2}+\frac{t}{2}\right) & = & \displaystyle\frac{2\sin \frac{t}{2}\cos \frac{t}{2}}{{(\cos\frac{t}{2})}^{2}+{(\sin\frac{t}{2})}^{2}}\\ & = & \displaystyle\frac{2\,\tan\frac{t}{2}}{1+{(\tan\frac{t}{2})}^{2}}, & & \end{array}\end{eqnarray} und substituiert \begin{eqnarray}s=\tan \frac{t}{2},\end{eqnarray} So erhält man t = 2 arctan s (evtl. nicht der Hauptzweig), \(\frac{dt}{ds}=\frac{2}{1+{s}^{2}}\) und somit für (1) \begin{eqnarray}\mathop{\mathop{\int}\limits^{\tan \frac{x}{2}}}\limits_{}R\left(\frac{1-{s}^{2}}{1+{s}^{2}},\frac{2s}{1+{s}^{2}}\right)\frac{2}{1+{S}^{2}}ds=\mathop{\mathop{\int}\limits^{\tan \frac{x}{2}}}\limits_{}{R}_{1}(s)ds\end{eqnarray} mit einer rationalen Funktion (einer Veränderlichen) R1. Also ist auch dieser Typ auf die Integration rationaler Funktionen zurückgeführt.

Oft sind ‚spezielle Methoden‘ günstiger: \begin{eqnarray}\mathop{\mathop{\int}\limits^{x}}\limits_{}R({\rm sin} \, t)\,{\rm cos} \, t\, dt\end{eqnarray} mit einer rationalen Funktion (einer Veränderlichen) R wird mit der Substitution s = sin t zu \begin{eqnarray}\mathop{\mathop{\int}\limits^{\sin x}}\limits_{}R(s)ds.\end{eqnarray} Entsprechend wird der Typ \begin{eqnarray}\mathop{\mathop{\int}\limits^{x}}\limits_{}R(\cos t)\,{\sin t}\,dt\end{eqnarray} auf die Integration rationaler Funktionen zurückgeführt.

Eine weitere Möglichkeit sei nur an einem Beispiel gezeigt. Es ist \begin{eqnarray}\begin{array}{ccc}\displaystyle \underset{}{\overset{x}{\int}}\frac{dt}{4{(\cos t)}^{2}-{(\sin t)}^{2}} & = & \displaystyle \underset{}{\overset{x}{\int}}\frac{1}{4-{(\tan t)}^{2}}\frac{1}{{(\cos t)}^{2}}dt\\ & = & \displaystyle \underset{}{\overset{\tan x}{\int}}\frac{ds}{4-{s}^{2}}\\ & = & \displaystyle\frac{1}{4}\displaystyle \underset{}{\overset{\tan x}{\int}}\left(\frac{1}{s+2}-\frac{1}{s-2}\right)ds\\ & = & \displaystyle\frac{1}{4}\ln \left|\frac{\tan x+2}{\tan x-2}\right|\\ & = & \displaystyle\frac{1}{4}\ln \left|\frac{\sin x+2\cos x}{\sin x-2\cos x}\right|.\end{array}\end{eqnarray} Der Spezialfall \begin{eqnarray}\mathop{\mathop{\int}\limits^{x}}\limits_{}{(\cos t)}^{n}{(\sin t)}^{m}dt\,\,\,\,\,\,\,(n,m\in {{\mathbb{N}}}_{0})\end{eqnarray} kann – unter Beachtung von (cos t)2 + (sin t)2 = 1 – im Fall n oder m ungerade auf (2) zurückgeführt werden. Sind n und m gerade, so gewinnt man Rekursionsformeln durch partielle Integration oder formt mit Hilfe der Beziehung \begin{eqnarray}\cos a\cos b=\frac{1}{2}(\cos(a-b)+\cos(a+b))\end{eqnarray} (für reelle a, b) um.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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