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Lexikon der Mathematik: Stationarität stochastischer Prozesse

eine Eigenschaft stochastischer Prozesse.

Ein stochastischer Prozeß (X(t))tT mit dem (meßbaren) Zustandsraum \([E, {\mathcal B} ],(E\in {\mathbb{C}})\), und dem ganzzahligen oder reellen Zeitbereich T ⊆ ℤ oder T ⊆ ℝ heißt stationär im engeren Sinne (i.e.S.) (auch streng stationär genannt), falls alle seine endlichdimensionalen Verteilungen invariant gegenüber Zeitverschiebungen sind, d. h., wenn gilt: \begin{eqnarray}P(X({t}_{1}+t)\in {A}_{1},\ldots, X({t}_{m}+t)\in {A}_{m})=P(X({t}_{1})\in {A}_{1},\ldots, X({t}_{m})\in {A}_{m})\end{eqnarray} für alle m ∈ ℕ, für alle t, t1, …, tmT, und für alle \({A}_{1},\mathrm{\ldots},{A}_{m}\in {\mathcal B} \).

Ein Prozeß (X(t))tT heißt Prozeß 2. Ordnung, falls alle seine Momente 2. Ordnung endlich sind, d.h., falls gilt: E[|X(t)|2] < ∞ für alle tT. Der Prozeß (X(t))tT heißt stationär im weiteren Sinne (i.w.S) (auch als stationär 2.Ordnung oder schwach stationär bezeichnet), falls er ein Prozeß 2. Ordnung ist, und falls seine Erwartungswertfunktion μX(t) := EX(t) und seine Kovarianzfunktion\begin{eqnarray}{C}_{X}(x,u):=E[X(s)-{\mu}_{X}(s)\overline{(X(u)-{\mu}_{X}(u))]}\end{eqnarray} nicht von t abhängen, d. h., falls gilt: \begin{eqnarray}\begin{array}{rcl}{\mu}_{X}(t) & = &\mu\,\,\, \forall t\in T \,\,\text{und}\\ {C}_{X}(s+t,u+t) & = & C(s,u)\,\forall s,t,u\in T.\end{array}\end{eqnarray} Aus (1) folgt, daß die Kovarianzfunktion CX(s, u) für einen i.w.S. stationären Prozeß nur von der Zeitdifferenz |su| abhängt; man nennt deshalb auch häufig die durch \begin{eqnarray}{R}_{X}(t)={C}_{X}(0,t)={C}_{X}(t,0)\end{eqnarray} definierte Funktion Kovarianzfunktion des stochastischen Prozesses (X(t))tT. Ist der Zeitbereich T diskret (T ⊆ ℤ), so spricht man auch von einer stationären Zeitreihe (siehe auch Zeitreihenanalyse).

Zwei über dem gleichen Wahrscheinlichkeitsraum definierte im weiteren Sinne stationäre Prozesse (X(t))tT und (Y(t))tT mit identischem Zeitbereich heißen stationär verbunden, wenn ihre Kreuzkovarianzfunktion \begin{eqnarray}{C}_{XY}(s,u):=E[X(s)-{\mu}_{X}(s)\overline{(Y(u)-{\mu}_{Y}(u))]}\end{eqnarray} invariant gegenüber Zeitverschiebungen ist, d.h., wenn gilt: \begin{eqnarray}{C}_{XY}(s+t,u+t)={C}_{XY}(s,u)\,\,\text{f}\mathrm{\ddot{u}}\text{r alle}\, s,t,u\in T.\end{eqnarray} Ein n-dimensionaler stochastischer Prozeß \(\overrightarrow{X}(t)=({X}_{1}(t),\mathrm{\ldots},{X}_{n}(t))\) heißt stationär, falls alle seine Komponenten Xi(t), i = 1, …, n, stationäre und paarweise stationär verbundene stochastische Prozesse sind.

Jeder streng stationäre Prozeß ist auch im weiteren Sinne stationär. Jeder schwach stationäre Gaußsche Prozeß ist auch (da alle endlichdimensionalen Verteilungen des Gaußschen Prozesses nur durch die Erwartungswert- und Kovarianzfunktion bestimmt sind) streng stationär.

Die Kovarianzfunktion und die Kreuzkovarianzfunktion i.w.S. stationärer Prozesse lassen sich alternativ im Frequenzbereich durch ihre Fouriertransformierte, d. h. die Spektraldichte (Spektraldichte eines stationären Prozesses) von (X(t))tT bzw. die Kreuzspektraldichte zwischen (X(t))tT und (Y(t))tT, darstellen und analysieren.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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