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Lexikon der Mathematik: Stetigkeit der Grundoperationen

Aussagen über die „Art“ der Stetigkeit von Summen-, Differenz-, Produkt-, Betrags- und Quotientenbildung.

Wir betrachten zunächst die Summen- und Differenzbildung. Es seien dazu 𝕂 ∈ {ℝ, ℂ} und a, b, x, y ∈ 𝕂. Dann gelten \begin{eqnarray}\begin{array}{l}|(x+y)-(a+b)| & \le & |x-a|+|y-b|,\end{array}\end{eqnarray}\begin{eqnarray}\begin{array}{l}|(x-y)-(a-b)| & \le & |x-a|+|y-b|.\end{array}\end{eqnarray}

Sieht man x als „Näherungswert“ für a und y als Näherungswert für b an, so beschreiben \begin{eqnarray}\begin{array}{ccc}\Delta x:=|x-a| & \text{und} & \Delta y:=|y-b|\end{array}\end{eqnarray}

die „absoluten Fehler“. Für den absoluten Fehler des Ergebnisses (der Addition oder Subtraktion) Δ(x ± y) := |(x ± y) − (a ± b)| gilt nach (1) bzw. (1′): \begin{eqnarray}\Delta (x\pm y)\le \Delta x+\Delta y.\end{eqnarray}

Diese Ungleichung erlaubt eine Aussage darüber, wie nahe x ± y bei a ± b liegt, wenn die Güte der Näherungen x (von a) und y (von b) bekannt sind. Es kann also eine Aussage darüber gemacht werden, wie sich Fehler in den Eingabegrößen auf deren Summe und Differenz auswirken.

Für die Multiplikation erhalten wir: \begin{eqnarray}\begin{array}{ll}|(x\cdot y)-(a\cdot b)|\\\qquad \le |a|\cdot |y-b|+|b|\cdot |x-a|+|x-a||y-b|.\end{array}\end{eqnarray}

Dieses Resultat beschreibt man zweckmäßig durch Betrachtung der „relativen Fehler“: Für die meisten Fragestellungen ist bei Fehlerbetrachtungen ohnehin der Bezug zur Größenordnung der zu messenden Größe wichtig. (Zum Beispiel sind Fehler der Größenordnung 10 cm in der Astronomie unbedeutend, in der Chirurgie aber meist eine Katastrophe.)

Sind a und b von 0 verschieden, dann betrachten wir die relativen Fehler \begin{eqnarray}\delta x:=\frac{|x-a|}{|a|}=\frac{\Delta x}{|a|}\quad \text{und}\quad \delta y:=\frac{|y-b|}{|b|}=\frac{\Delta y}{|b|}.\end{eqnarray}

Für den relativen Fehler des Ergebnisses (der Multiplikation) \begin{eqnarray}\delta (x\cdot y):=\frac{|(x\cdot y)-(a\cdot b)|}{|a\cdot b|}=\frac{\Delta (x\cdot y)}{|a\cdot b|}\end{eqnarray}

gilt nach (2) : \begin{eqnarray}\delta (x\cdot y)\le \delta x+\delta y+\delta x\cdot \delta y.\end{eqnarray}

Sind δx und δy ‚klein‘ (beispielsweise ≤ 10−6), so ist der Term δx · δy ‚sehr klein‘ (in dem Beispiel ≤ 10−12), und näherungsweise kann man dann abschätzen – wir schreiben dafür „≼“ – durch: \begin{eqnarray}\delta (x\cdot y)=\delta x+\delta y.\end{eqnarray}

Hinsichtlich der Division gilt: \begin{eqnarray}\left|\frac{1}{x}-\frac{1}{a}\right|\le \frac{2}{|a{|}^{2}}\cdot |x-a|,\end{eqnarray}

falls a ≠ 0 und \(|x-a|\le \frac{|a|}{2}\).

(Diese Voraussetzung liefert x ≠ 0 und \begin{eqnarray}\left|\frac{1}{x}-\frac{1}{a}\right|=\frac{|x-a|}{|x||a|}\le \frac{2}{|a{|}^{2}}\cdot |x-a|).\end{eqnarray}

Für die Betragsbildung gilt: \begin{eqnarray}||x|-|a||\le |x-a|\end{eqnarray}

In allen fünf Fällen kann man grob sagen:

Liegt x nahe bei a und y nahe bei b, dann liegt auch x + y (bzw. xy, x · y, \(\frac{1}{x}\), |x|) nahe bei a + b (bzw. ab, a · b, \(\frac{1}{a}\), |a|).

Die angegebenen Ungleichungen beschreiben diesen Sachverhalt genauer, nämlich quantitativ.

Aus der Stetigkeit der Grundoperationen ergeben sich z. B. ganz einfach die Grundregeln für die Konvergenz von Folgen, Reihen, Funktionen und die für (lokale und globale) Stetigkeit (Stetigkeit in einem Punkt).

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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