Lexikon der Mathematik: torische Varietät
Begriff aus der algebraischen Geometrie.
Ein (algebraischer) Torus ist eine lineare algebraische Gruppe T ≃ k*n, d. h.,
Genauer: Es gibt einen offenen, dichten T-Orbit, der zu T isomorph ist. Beispielsweise sind affine oder projektive Räume torisch durch die Wirkung der Gruppe T ⊂ GL(n) bzw. T ⊂ PGL(n + 1) der Diagonalmatrizen, ebenso gewichtete projektive Räume (projektives Spektrum), und in gewissem Sinne kann man torische Varietäten als Verallgemeinerung gewichteter projektiver Räume sehen. Die Geometrie torischer Varietäten hängt aufs engste mit der Kombinatorik konvexer Polyeder zusammen.
Heute geht man meist von Gitterpolytopen oder polyhedralen Kegeln aus, um torische Varietäten zu definieren. Ausgangspunkt ist ein Gitter M (dies entspricht der Gruppe \(\text{Hom}({{\mathbb{G}}}_{m}\text{,}\ T\text{)}\) der einparametrigen Untergruppe) und sein duales Gitter \(\check{M}=\text{Hom}(M,{\mathbb{Z}})\) (dies entspricht der Gruppe der Charaktere \(\text{Hom}(T,\ {{\mathbb{G}}}_{m}\text{)}\)), sowie die reellen Vektorräume V = M ⊗ ℝ und deren Duale \(\check{V}=\check{M}\otimes {\mathbb{R}}\). Dann ist \(T=\text{Spec}\ k[\check{M}]\) (\(k[\check{M}]\) die Gruppenalgebra der Gruppe \(\check{M}\) über k), und affine torische Varietäten werden durch bestimmte Unterhalbgruppen \(\check{M}(\sigma)\subset M\) bestimmt, bzw. ihre Halbgruppenalgebra wird als \(X(\sigma)=\text{Spec}\ k[\check{M}(\sigma)]\) (Schema) definiert, mit der aus dem Algebrahomomorphismus
Zur Definition affiner torischer Varietäten beschränkt man sich nun auf Unterhalbgruppen, die durch spitze konvexe Gitterkegel σ ⊂ V, d. h. Kegel der Form
Zum Nachweis der Tatsache, daß X(σ) eine Varietät ist, muß gezeigt werden, daß die Halbgruppe \(\check{M}(\sigma)\) endlich erzeugt ist (Gordons Lemma). Die Eigenschaft „spitz“ gewährleistet, daß die Einbettung \(k[\check{M}(\sigma)]\subset k[\check{M}]\) eine offene Einbettung induziert. Ist τ ⊂ σ, so ist \(k[\check{M}(\sigma)]\subset k[\check{M}(\tau)]\), also erhält man einen birationalen Morphismus X(τ) → X(σ), und für den Fall, daß τ Seite von σ ist (Schnitt von σ mit einer Hyperebene, die durch eine Gleichung χ = 0, \(\chi \in \check{\sigma}\), definiert ist), ist dies eine offene Einbettung.
Aus der speziellen Form der Halbgruppe \(\check{M}(\sigma)\) kann man folgern, daß die Varietäten normal sind, sogar Cohen-Macaulaysch (d. h., alle lokalen Ringe \({{\mathcal{O}}}_{X(\sigma),x}\) sind Cohen-Macaulay-Ringe). X(σ) ist genau dann glatt, wenn σ ein Erzeugendensystem {v1, …, vs} besitzt, das sich zu einer Basis des Gitters M ergänzen läßt.
Beliebige torische Varietäten werden durch endliche Mengen Σ von spitzen konvexen Gitterkegeln definiert, Σ soll dabei folgende Bedingungen erfüllen:
Eine Klasse von Beispielen erhält man aus konvexen Gitterpolytopen Δ ⊂ V, die den Nullpunkt als inneren Punkt enthalten. Man setze ΣΔ = {σ | σ ist Kegel über einer echten Seite von Δ}. XΔ = X(ΣΔ) ist dann eine projektive torische Varietät mit einem T-invarianten amplen Divisor H. Auf diese Weise erhält man alle projektiven torischen Varietäten mit T-invariantem amplen Divisor H aus konvexen Gitterpolytopen.
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