Lexikon der Mathematik: verselle Deformation
wichtiges Konzept für viele Bereiche der Mathematik, insbesondere die Singularitätentheorie.
Eine Familie, die lokal (in der Umgebung eines festen Wertes der Parameter) betrachtet wird, heißt eine „Deformation“ des Objektes zu diesem Wert der Parameter. Es kann gezeigt werden, daß das Studium aller möglichen Deformationen in vielen Fällen auf das Studium einer einzigen Deformation reduziert werden kann, in gewisser Weise der größten; alle anderen Deformationen kann man aus ihr erhalten. Solche Deformationen heißen „verseil“.
Ein erstes Beispiel: Eine Deformation in der Kategorie der analytischen Algebren ist wie folgt gegeben: Sei \( {{A}_{0}}=\mathbb{C}\left\{{{x}_{1}},...,{{x}_{n}} \right\}/{{J}_{0}} \) eine analytische Algebra. Eine Deformation von A0 mit der Basis B ist eine flache B-Algebra A so, daß \( A/{{\mathfrak{M}}_{B}}A \) zu A0 isomorph ist. Dabei ist \( {{\mathfrak{M}}_{B}} \) das Maximalideal von B, und A und B sind analytische Algebren. Geometrisch entspricht A0 ein Kern eines komplexen Raums X0, der Keim der Nullstellenmenge von J0. Entsprechend gehören zu A und B Keime von komplexen Räumen X und T und eine Abbildung π : X → T so, daß die Faser in 0 ∈ T isomorph X0 ist. T ist der Basisraum der Deformation. Sei etwa
Die Spitze X0 wird in den Doppelpunkt deformiert, eine verseile Deformation von A0 is gegeben durch
Allgemeine Situation. Das Wort „verseil“ ist aus den Wörtern „universell“ und „transversal“ gebildet worden, da eine Eindeutigkeit nicht existieren muß, und Transversalität zu einer geeigneten Teilmenge im Funktionenraum ein charakteristisches Merkmal einer verseilen Deformation ist.
Endlichdimensionaler Fall. Sei G eine Lie-Gruppe, die auf einer Mannigfaltigkeit M operiert, und ƒ ∈ M. Eine Deformation von IST ein glatter Abbildungskeim F von einer Mannigfaltigkeit Λ (genannt die Basis der Deformation) nach M an einer Stelle 0 von Λ so, daß F(0) = f ist. Man betrachtet zwei Deformationen F und F′ von ƒ mit derselben Basis Λ. Diese beiden Deformationen heißen äquivalent, wenn die eine durch die Operation eines Elementes g(λ) ∈ G glatt (in Abhängigkeit von λ ∈ Λ) in die andere überführt werden kann, d. h., wenn
Sei \( \varphi :({\Lambda}^{\prime},0)\to (\Lambda, 0) \) eine glatte Abbildung. Die mit φ durch F induzierte Deformation ist die Deformation φ*F von ƒ mit Basis Λ′, die durch die folgende Formel definiert ist:
Eine minimale Transversale an der Stelle f zum Orbit Gf von f in M ist eine miniverselle Deformation von f.
Diese Konstruktionen sollen auf den Fall übertragen werden, in dem M ein Funktionenraum glatter Abbildungen und G eine unendlichdimensionale Transformationsgruppe ist.
Beispiel: Rechtsäquivalenz von Funktionen.
Sei \( f:({{\mathbb{R}}^{m}},0)\to \mathbb{R} \) ein glatter Abbildungskeim. Eine Deformation von f mit Basis \( \Lambda ={{\mathbb{R}}^{l}} \) ist der Keim an der Stelle 0 eines glatten Abbildungskeimes \( F:({{\mathbb{R}}^{m}}\times {{\mathbb{R}}^{l}},0)\to \mathbb{R} \), für den gilt \( F\left(x,0 \right)\equiv f(x) \). Eine Deformation F′ ist (rechts)äquivalent zu F, wenn gilt
Im Fall der links-rechts-(RL-)Äquivalenz wird (1) ersetzt durch
Infinitesimale Versalität. Sei F eine Deformation von ƒ mit Basis Λ, und seien λ1, λ2,…,λl Koordinaten auf Λ mit λ (0) = 0. Die Anfangsgeschwindigkeiten von F sind die Keime
Die Bedingungenfür die infinitesimale Versalität einer Deformation F von \( f:\left({{\mathbb{R}}^{m}},0 \right)\to \left({{\mathbb{R}}^{n}},0 \right) \)für R-, RL- und V-Äquivalenz bestehen darin, daß für jede Variation a von f eine Darstellung der folgenden Form existiert:
Beispielsweise ist die Deformation x3 + λx des Keimes x3 an der Stelle 0 infinitesimal RL-versell, aber weder R- noch V-infinitesimal verseil. Für alle drei Fälle (R-, RL-, V-Versalität) gilt das folgende Versalitäts-Theorem:
Eine infinitesimale verseile Deformation ist verseil.
[1] Arnold, V. I., Gusein-Zade, S. M., Varchenko, A. N.: Singularities of Differentiable Maps. Birkhäuser-Verlag Boston Basel Stuttgart, 1985.
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