Lexikon der Mathematik: Weierstraßsche p-Funktion
die in gewissemSinne einfachste, aber gleichzeitig auch wichtigsteelliptische Funktion.
Zur Definition sei L ⊂ ℂ ein Gitter, d. h.
Die Reihe in (1) ist eine Mittag-Leffler-Reihe und somit normal konvergent in ℂ \ L, wobei die Reihenfolge der Summanden keine Rolle spielt. Daher ist ℘ eine meromorphe Funktion in ℂ. Die Polstellenmenge von ℘ stimmt mit L überein, und jede Polstelle von ℘ hat die Ordnung 2. Weiter besitzt ℘ die linear unabhängigen Perioden ω1, ω2 und ist daher eine elliptische Funktion der Ordnung 2. Im Periodenparallelogramm
Für die Ableitung der ℘-Funktion gilt
Eine wichtige Rolle spielen die sog. „Halbwerte” der ℘-Funktion:
Zur Bestimmung der Laurent-Entwicklung der Weierstraßschen ℘-Funktion mit Entwicklungspunkt 0 sei für n ∈ ℕ, n ≥ 3
Ist umgekehrt f eine in einem Gebiet G ⊂ ℂ nicht-konstante meromorphe Lösung der Differentialgleichung
Die Zahlen g2 und g3 nennt man auch die Invarianten der ℘-Funktion. Setzt man
Existiert zu g2, g3 ∈ ℘ mit
Man kann zeigen, daß dies stets der Fall ist.
Mit Hilfe der Differentialgleichung der ℘-Funktion ist es möglich, auch die höheren Ableitungen von ℘ durch ℘ und ℘′ auszudrücken. Zum Beispiel gilt
Mit Hilfe der Weierstraßschen ℘-Funktion und deren Ableitung kann K(L) genau charakterisiert werden, was im folgenden ausgeführt wird. Zunächst sei bemerkt, daß jede konstante Funktion
Ist f ∈ K(L) eine gerade elliptische Funktion, deren Polstellenmenge in L enthalten ist, so existiert genau ein Polynom
Betrachtet man allgemeiner den Ring ℂ[℘, ℘′], so folgt aus der Differentialgleichung der ℘-Funktion
Ist nun f ∈ K(L) eine beliebige gerade elliptischeFunktion, so existiert genau eine rationale Funk-tion R(X) ∈ ℂ(X) mit f = R(℘). Die Menge allergeraden elliptischen Funktionen ist ein Körper, dermit dem Quotientenkörper ℂ(℘) von ℂ[℘] überein-stimmt. Weiter ist ℂ(℘) isomorph zum Körper ℂ(X)aller rationalen Funktionen in X. Man beachte, daß ℂ(X) der Quotientenkörper von
Schließlich sei
Man kann dies auch wie folgt ausdrücken. Es ist K(L) isomorph zum Körper
Aus diesen Eigenschaften des Körpers K(L) erhältman insbesondere, daß je zwei Funktionen f, g ∈ K(L) algebraisch abhängig sind, d. h. es existiert einnicht-triviales Polynom P(X, Y) ∈ ℂ[X, Y] in zwei Unbestimmten X, Y mit P(f, g) = 0.
Sind L und L′ zwei Gitter, so sind die zugehörigenKörper K(L) und K(L′) stets isomorph.
Für jedes w ∈ ℂ ist die durch f(z) := ℘(z + w) definierte Funktion f eine elliptische Funktion undmuß sich daher durch ℘ und ℘′ ausdrücken lassen.Dies leistet das Additionstheorem der Weierstraß-schen ℘-Funktion, welches
Der Grenzübergang w → z im Additionstheorem liefert die Verdopplungsformel der Weierstraßschen ℘-Funktion
Allgemeiner ist es möglich, ℘(nz) für n ∈ ℕ durch ℘(z) und deren Ableitungen darzustellen. Dies ist das Multiplikationstheorem der Weierstraßschen ℘-Funktion. Dazu betrachtet man für n ≥ 2 die (n − 1)-reihige Determinante
Nun wird speziell ein Rechteckgitter L betrachtet, d. h. ω1 > 0 und
Auf dem Intervall (0, ϱ1] ist ℂ eine streng monoton fallende Funktion, und die Bildmenge ist die Halbgerade [
Betrachtet man speziell das Rechteckgitter L mit ω1 = 1 und setzt τ := ω2, so sind die Invarianten
Vgl. auch Weierstraßsche 𝜎 -Funktion.
[1] Chandrasekharan, K.: Elliptic Functions. Springer-Verlag Berlin, 1985.
[2] Fischer, W.; Lieb, I.: Funktionentheorie. Friedr. Vieweg & Sohn Braunschweig, 1981.
[3] Freitag, E.; Busam, R.: Funktionentheorie. Springer-Verlag Berlin, 1993.
[4] Tricomi, F.; Krafft, M.: Elliptische Funktionen. Akademische Verlagsgesellschaft Geest & Portig K.-G. Leipzig, 1948.
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