Lexikon der Neurowissenschaft: alkoholbedingte Krankheiten
alkoholbedingte Krankheiten, Alkoholkrankheiten, Krankheiten, welche auf toxische Organschädigungen durch den Konsum von Alkohol (Ethanol) oder auf alkoholbedingte Ernährungsstörungen zurückzuführen sind. Die häufigsten Alkoholschäden sind Leberzirrhose, periphere Neuropathien, Gehirnschäden, Herzmuskelschäden, Gastritis und Bauchspeicheldrüsenentzündung. Für die Schädigungen am Nervensystem ist neben den direkten toxischen Wirkungen des Alkohols insbesondere der Mangel an Thiamin (Vitamin B1) verantwortlich. Chronische Alkoholiker haben fast immer einen alkoholbedingten Tremor (Zittern). – Bei der Alkoholpolyneuropathie stehen intensive neuralgische Schmerzen, vorwiegend an den Beinen, im Vordergrund. Die Alkoholhalluzinose tritt nur nach langem, exzessivem Trinken auf, ebenso das Korsakow-Syndrom und das Wernicke-Korsakow-Syndrom. Ferner kann sich bei Alkoholikern schon nach leichten Schädeltraumen über längere Zeit ein chronisches subdurales Hämatom ausbilden. – Beim Alkoholentzugssyndrom beobachtet man einen Tremor, Muskelschwäche, Schweißausbrüche, verstärkte Reflexe und Magen-Darm-Störungen, bei einigen Patienten auch generalisierte cerebrale Krampfanfälle. Das schwere Entzugssyndrom zeigt sich im klinischen Bild des Delirium tremens, das 2 bis 3 Tage nach Alkoholentzug auftritt und ebenfalls mit Krampfanfällen beginnen kann. Die Patienten zeigen vegetative Symptome (Schwitzen, beschleunigte Atmung und Herzfrequenz), zittern, sind unruhig und desorientiert und fühlen sich von optischen Halluzinationen wie Insekten oder Mäusen bedroht, gegen die sie sich heftig wehren. Die Bewußtseinsstörungen können in ein Koma übergehen. Unbehandelt endet das Delirium tremens in 15% der Fälle tödlich. – Bei manchen chronischen Alkoholikern degenerieren die zentralen Fasern des Sehnerven (papillomaculäres Bündel des Opticus) aufgrund eines Vitamin-B12-Mangels mit der Folge, daß die Sehschärfe abnimmt. Die Symptome der zentralen Brückenläsion (zentrale pontine Myelinose) reichen von Lähmungen an den Extremitäten bis zum fast immer tödlich endenden Locked-in-Syndrom, bei dem zusätzlich zu einer Tetraplegie die motorischen Hirnnerven gelähmt sind (deefferentierter Zustand). Bei der Hälfte aller Trinker tritt nach mehreren Jahren eine lokalisierte sporadische Spätatrophie (Schrumpfung) der Kleinhirnrinde auf, zusammen mit einer Ataxie vorwiegend der Beine. Auch die Großhirnrinde kann atrophieren, wodurch das Hirnvolumen vermindert wird. Daraus resultiert eine Demenz (Verblödung), zu der gelegentlich eine Alkoholepilepsie hinzukommt.
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