Lexikon der Neurowissenschaft: Amakrinzellen
Amakrinzellen, amakrine Zellen, Eamacrin cells, Typ von Nervenzelle ohne Axon in der Netzhaut (Retina) der Wirbeltiere ( siehe Zusatzinfo ). Die dendritischen Fortsätze dieser Neurone sind sowohl postsynaptisch als auch präsynaptisch; Amakrinzellen können deshalb als retinale Interneurone betrachtet werden. Die Zellkörper der Amakrinzellen liegen vorwiegend in der inneren Körnerschicht der Retina; eine wichtige Subpopulation der Amakrinzellen hat ihren Zellkörper jedoch in der Ganglienzellschicht ("displaced amacrines"). Die Fortsätze der Amakrinzellen erstrecken sich in die innere plexiforme Schicht und sind dort synaptisch mit Bipolarzellen, Ganglienzellen und anderen Amakrinzellen verbunden. In der inneren plexiformen Schicht verzweigen sie sich zumeist auf einer von zwei Ebenen: im äußeren Teil stratifizieren Amakrinzellen, die eine Licht-aus-Reaktion vermitteln, im inneren Teil der inneren plexiformen Schicht stratifizieren Amakrinzellen, die eine Licht-an-Reaktion vermitteln. Daneben gibt es aber auch bistratifizierte und diffus verzweigte Amakrinzellen. In der Retina der Säugetiere gibt es vermutlich mehr als 30 verschiedene morphologische Typen von Amakrinzellen, die sich nach Lage ihres Zellkörpers, nach Art ihrer Stratifizierung, nach ihrer Verzweigungsform und -dichte und der Spannweite ihrer Dendriten unterscheiden ( siehe Abb. ). In einigen Typen der Amakrinzellen haben die ein- und ausgehenden Synapsen eine ganz unterschiedliche Verteilung über das dendritische Feld. Dies bedeutet, daß Ein- und Ausgang der Zelle unterschiedlich lokalisiert sind, was als funktionelle Polarisierung der Amakrinzellen betrachtet werden kann. Rechnet man die Dichte der Zellkörper mit der Dichte ihrer dendritischen Verzweigungen auf, so zeigt sich, daß sich an jedem Punkt der Retina die Dendritenfelder von über 50 Amakrinzellen eines Typs überlappen können, und daß jeder Quadratmillimeter der Retina von bis zu 3 m dendritischer Fortsätze eines Amakrinzelltyps durchdrungen werden kann. – Die Vielfalt der Amakrinzellen ist auch auf molekularer Ebene erkennbar. Es gibt vermutlich keinen Neurotransmitter im Zentralnervensystem, der nicht auch in dem einen oder anderen Typ von Amakrinzellen vorkommt. Amakrinzellen waren auch die ersten Neurone des Gehirns, für die die Co-Lokalisation eines erregend wirkenden und eines hemmend wirkenden Transmitters, nämlich Acetylcholin und GABA, nachgewiesen wurde. Innerhalb der Säugetierretinae covariiert der Cocktail der Neurotransmitter und Neuromodulatoren in den Amakrinzellen oft mit ihrem morphologischen Typ, so daß Befunde im einen Bereich zu Aussagen im anderen Bereich genutzt werden können. – Amakrinzellen nehmen auch an den spontanen Wellen elektrophysiologischer Aktivität teil, die bei Säugern schon vor der Geburt über die Retina laufen und als wesentlicher Faktor zur Ausbildung topographischer Verbindungen der Retina mit weiter zentral gelegenen Hirngebieten beitragen. Im Gegensatz zu den retinalen Ganglienzellen nehmen diese rhythmischen Depolarisationen in Amakrinzellen jedoch nicht die Form von Aktionspotentialen an, sondern spielen sich im Bereich unterschwelliger Potentiale ab.
R.B.I.
Amakrinzellen
Der Name dieser Zellen wurde von Ramón y Cajal geprägt und bedeutet "ohne Axon". Da Cajal auch das Konzept der funktionellen Polarisierung von Nervenzellen in einen Dendriten- oder Eingangsbereich und einen Axon- oder Ausgangsbereich formulierte, bedeutete für ihn die Entdeckung von Nervenzellen ohne Axon eine Herausforderung, die heute jedoch als überwunden gelten kann.
Amakrinzellen
Die Vielgestaltigkeit von Amakrinzellen am Beispiel von GABAergen Amakrinzellen aus der Katzenretina
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