Lexikon der Neurowissenschaft: Anochin
Anochin [E Anokhin], Pjotr Kusmitsch, russischer Neurophysiologe ( siehe Abb. ), *27.1.1898 Zarizyn (Wolgograd), †6.3.1974 Moskau, ab 1926 nach Medizinstudium in Leningrad und kurzer Arbeit bei W.M. Bechterew Assistent bei I.P. Pawlow; ab 1930 Professor an der Universität Nishni Nowgorod (später Gorki); ab 1934 Leiter der Abteilung für Physiologie der höheren Nerventätigkeit der Medizinischen Akademie in Moskau; ab 1955 Professor für Physiologie am I. Moskauer Medizinischen Institut. Anochin griff Pawlows Gedanken der funktionellen Systeme auf und erweiterte sie zu einer Theorie der integrativen Tätigkeit des Zentralnervensystems. Er bewies schon 1935 die entscheidende Bedeutung der Reafferenz (Reafferenzprinzip) für die Stabilisierung der funktionellen Systeme im Organismus und in den Beziehungen zwischen Organismus und Umwelt. Nach der Pawlow-Konferenz 1950 wurde er aufgrund dieser neuen Ideen entlassen und durfte nur noch Hilfsarbeiten ausführen. Ab 1955 konnte Anochin seine Theorie der funktionellen Systeme in umfangreichen Arbeiten über ihre neurophysiologische Architektur, Neurochemie und ontogenetische Entwicklung (Systemogenese) systematisch erweitern. Durch seine Beiträge (seit 1935) zur Entwicklung einer Neurokybernetik und die Anwendung seiner Ideen in der Medizin und Psychologie gewann er breite internationale Anerkennung. So spielte er eine wichtige Rolle bei der Gründung der International Brain Research Organization (1960) und der Entwicklung einer integrativen Neurowissenschaft. Werke (Auswahl): "Das Problem von Zentrum und Peripherie in der Physiologie der Nerventätigkeit" (russ., 1935); "Das funktionelle System als Grundlage der physiologischen Architektur des Verhaltensaktes" (1967); "Beiträge zur allgemeinen Theorie des funktionellen Systems" (1978).
P.K. Anochin
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