Lexikon der Neurowissenschaft: Antenne
Antennew [von latein. antemna = Segelstange], E antenna, umgangssprachlich Fühler genannt, ein Paar fühlerförmiger Anhänge im Kopfbereich der Arthropoda (Gliederfüßer), bei Euarthropoden (Gliederfüßer im engeren Sinne) immer am zweiten Kopfsegment des Grundbauplans. Die Antennen sind multisensorische Sinnesorgane und enthalten olfaktorische (Geruchssinn), mechanosensorische (mechanische Sinne), CO2-sensitive, hygrorezeptive (Feuchterezeptor) und temperatursensitive (Temperatursinn) Rezeptoren. Sie werden vom Antennenlappen innerviert. Aufgrund serialer Homologie mit den Extremitäten der nachfolgenden Segmente können die Antennen von echten Beinen abgeleitet werden. Die Entstehung der Antennen aus dem ersten Extremitätenpaar ist vermutlich als Folge der ausgeprägten Cephalisation in der Gruppe der Arthropoden zu sehen, wobei sie zur ersten Aufnahme wichtiger Reize in Fortbewegungsrichtung dienen. In analoger Weise findet man auch bei einigen Polychaeten (vielborstige Ringelwürmer) fühlerförmige Anhänge; diese sind aber als Auswüchse des Kopflappens nicht mit den Antennen der Arthropoden zu homologisieren und sollten besser als Fühler (Palpen) bezeichnet werden. Bei den Mandibulata (Krebstiere, Tausendfüßer, Insekten) sind die Antennen ebenfalls Träger wichtiger Sinnesorgane (Tast- und Chemorezeption), haben aber zum Teil auch extreme andersartige Spezialisationen erfahren. Kennzeichnend für die Gruppe der Krebstiere ist die Ausbildung des zweiten Kopfextremitätenpaares als zweite Antennen (Antennae; im Gegensatz zur ersten Antenne oft als Spaltfuß zu erkennen). Die ursprüngliche Form der Insekten-Antenne war vermutlich gleichförmig aus zylindrischen Geißelgliedern aufgebaut, wie es noch bei einigen ursprünglichen Arthropodengruppen zu sehen ist. Die abgeleitete Geißelantenne der geflügelten Insekten besteht hingegen aus mehreren voneinander unterscheidbaren Gliedern, einem Scapus (Fühlerschaft, erstes Antennenglied), einem Pedicellus (zweites Antennenglied) und vielen Flagellomeren, die die Geißel bilden. Im Pedicellus befindet sich das Johnston-Organ, das Auslenkungen der Geißel gegenüber der Antennenbasis messen kann und in abgewandelter Form als Geschwindigkeitsmesser während des Fluges, als Schallrezeptor oder – bei Insekten die an der Wasseroberfläche leben – als Oberflächenwellenrezeptor dient. Zumindest bei Insekten werden die Antennen über kleine ampullenartige, pulsierende Verdickungen (Antennenherzen, akzessorische Herzen) mit Hämolymphe versorgt. Viele Insekten-Antennen sind sexualdimorph ausgeprägt, da sie im Rahmen der sexuellen Selektion vor allem bei den Männchen wichtige Funktionen in der (olfaktorischen) Partnerfindung haben. Dies führte in der Evolution zu sehr unterschiedlichen Methoden der Oberflächenvergrößerung der Antennenglieder, um dort mehr Sensillen pro Fläche unterbringen zu können, oder auch nur zur Verlängerung der Glieder. Gehörorgane; chemische Sinne.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.