Lexikon der Neurowissenschaft: Aussprossen
Aussprossen, Esprouting, Bezeichnung für beginnende Wachstumsvorgänge an Nervenfasern. Unterschieden werden terminales Aussprossen(E terminal sprouting),kollaterales Aussprossen(E collateral sprouting) sowie regeneratives Aussprossen(E regenerative sprouting). Allen Formen gemeinsam ist die Bildung neuer Fortsätze aus bereits vorhandenen Nervenfasern. Beim terminalen Aussprossen bleibt diese Neubildung von Nervenfasern auf den Bereich der synaptischen Endigungen beschränkt. Dies ist sehr gut beschrieben für die neuromuskuläre Synapse (motorische Endplatte), bei der z.B. durch Zugabe von Botulinustoxin eine Lähmung der synaptischen Übertragung und dadurch ein Aussprossen der präsynaptischen Elemente über den Bereich der postsynaptischen Spezialisierung hinaus induziert werden kann. Die neuen Faserfortsätze (Sprossen bzw. sprouts genannt) bilden sich somit im Bereich der Synapse (und werden deshalb als terminal sprouts bezeichnet), und können z.T. benachbarte Synapsen erreichen. Beim kollateralen Aussprossen bildet sich der neue Faserfortsatz bereits im Bereich des Axons, in der Regel nahe am Zielgebiet, und es entsteht zunächst eine neue Axonkollaterale. Diese Axonkollaterale hat nun die Möglichkeit, synaptische Verbindungen mit neuen, von der Nervenzelle bisher noch nicht erreichten Zielzellen einzugehen. Diese Art des Aussprossens kommt besonders nach Denervation im Gehirn vor und spielt eine große Rolle für die neuronale Plastizität. Regeneratives Aussprossen tritt nach Verletzungen von Nervenfasern (Axotomie) auf und stellt eine Vorstufe zur neuronalen Regeneration dar. Dabei bilden sich am distalen Ende des verletzten Axons zunächst mehrere kurze Faserfortsätze (regenerative sprouts), die in verschiedene Richtungen wachsen. Bei erfolgreicher Regeneration wird einer dieser Fortsätze dominant und bildet das regenerierende Axon, während die anderen aufgelöst werden. Ist eine Regeneration im Bereich der ursprünglichen Faserbahn (z.B. wegen Narbenbildung) nicht möglich, verlängern sich die Fortsätze ungeordnet und können einen Knäuel aus axonalen Fortsätzen bilden, das sogenannte Neurom.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.