Lexikon der Neurowissenschaft: Benzodiazepine
Benzodiazepine, Abk. BDZ,Ebenzodiazepines, Psychopharmaka, die als Tranquilizer mit sedierender, muskelrelaxierender (zentrale Muskelrelaxantien), antikonvulsiver (Antiepileptika) und anxiolytischer (Anxiolytika) Wirkung eingesetzt werden. Die Wirkung der Benzodiazepine beruht auf der Förderung der durch GABA (γ-Aminobuttersäure) vermittelten synaptischen Hemmung. Die Bindungsstelle der Benzodiazepine liegt auf der α-Untereinheit des GABAA-Rezeptors (ein ligandengesteuerter Kanal für Chloridionen; GABA-Rezeptoren), die bei Bindung der Benzodiazepine die Konfiguration des GABAA-Rezeptors so ändert, daß dieser aus einem "low-affinity"- in einen "high-affinity"-Zustand (high affinity receptor) überführt wird, durch den GABA effektiver wirken kann. Benzodiazepine erhöhen demnach nicht die Dauer, sondern die Frequenz der Öffnung des Chloridionenkanals nach einer Stimulation durch GABA. Benzodiazepinrezeptoren sind im gesamten Zentralnervensystem vorhanden, besonders konzentriert jedoch im frontalen und occipitalen Cortex (Hirnrinde), im Hippocampus und im Kleinhirn (allgemein wird das limbische System als Angriffsort der Benzodiazepine angesehen). Chemisch lassen sich die Benzodiazepine in 1,5-Benzodiazepine (einziger Vertreter ist das Clobazam) und 1,4-Benzodiazepine (mit allen anderen Vertretern) einteilen ( siehe Abb. ). Die Metabolisierung der meisten Benzodiazepine erfolgt in der Leber durch Demethylierung oder Hydroxylierung, wobei die demethylierten Formen (vor allem Nordazepam, der primäre Metabolit vieler Benzodiazepine) noch ähnliche Wirkungen wie die Ausgangsprodukte haben können. Da die Metabolite eine längere Halbwertszeit als die Ausgangsprodukte haben können (z.B. Nordazepam hat eine Halbwertszeit von 30-90 h), besteht bei Daueranwendung die Gefahr der Kumulation. Bei chronischer Anwendung kommt es zur Gewöhnung und psychischen Abhängigkeit (Sucht). Plötzliches Absetzen der Benzodiazepine führt zu einer "Rebound"-Reaktion, d.h., Beschwerden, derentwegen Benzodiazepine angewendet wurden (Ruhelosigkeit, Schlafstörungen), treten verstärkt auf (physische Abhängigkeit). Als Schlafmittel (Hypnotika) verwendet, unterdrücken Benzodiazepine (im Gegensatz zu Barbituraten) nicht die REM-Phase (Schlaf) und wirken bei Überdosierung nicht narkotisch. Weitere Anwendungsgebiete neben der Schlaflosigkeit sind ausgeprägte krankhafte vegetativ-nervöse Reaktionen, Angst-, Spannungs- und Verstimmtheitszustände sowie Reizbarkeit. Die ständige Zunahme dieser Symptomatik innerhalb unserer hochtechnisierten Zivilisationsgesellschaft erklärt die große Produktpalette der Benzodiazepine und die weltweite Spitzenstellung bei den verordneten Psychopharmaka und Medikamenten überhaupt. Einige der wichtigsten Benzodiazepine sind: Chlordiazepoxid (Librium®, erstes Präparat dieser Reihe), Diazepam (Valium®, weitverbreiteter Tranquilizer), Clonazepam (Antiepileptikum), Bromazepam, Oxazepam und Medazepam (Anxiolytika), Nitrazepam und Flurazepam (Schlafmittel), Tetrazepam (zentrales Muskelrelaxans). GABA-Rezeptoren.
Benzodiazepine
1a Grundgerüst der 1,4-Benzodiazepine (Ri = Reste), 1b einige bekannte Vertreter. 2 Chlordiazepoxid (Librium®), 3 Clobazam (Frisium®), ein 1,5-Benzodiazepin
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