Lexikon der Neurowissenschaft: Bernstein, Nikolai Alexandrowitsch
Bernstein, Nikolai Alexandrowitsch, russischer Biomechaniker und Neurowissenschaftler ( siehe Abb. ), *24.10.1896 Moskau, †16.1.1966 Moskau; Studium der Medizin und Mathematik; organisierte 1922 ein Laboratorium für Biomechanik am Zentralinstitut für Arbeit in Moskau, später am Institut für experimentelle Medizin in Moskau. Bernstein unterzog die Schlagbewegung des Menschen einer systematischen ganzheitlichen Analyse. Er fand, daß die vielgliedrigen kinematischen Ketten der Arme und des Körpers beträchtliche Variabilität aufweisen, auch wenn die Bewegung des Hammers beim Schlag invariant ist. Darin sah er eine spezielle Steuerungsfunktion des Zentralnervensystems, die er in den folgenden Jahren eingehend untersuchte. Er verfeinerte die zyklographische Registriertechnik, erfand ein zyklographisches Spiegelverfahren, das eine räumliche Bewegungsregistrierung erlaubt, und neue Verfahren zur Zyklogrammauswertung (Zyklographie). Er entwickelte eine Methode zur Lagebestimmung der partiellen Schwerpunkte der Körperglieder am lebenden Menschen. Mit diesen Methoden untersuchte er die Biomechanik der Lokomotionen, ihre ontogenetische Entwicklung und Einflüsse der Ermüdung sowie die Biodynamik beim Klavierspiel und beim Schreiben mit unterschiedlichen Fertigkeiten. Die theoretische Auswertung führte ihn schon 1928 zur Bedeutung der sensorischen Korrekturen, d.h. der Reafferenzen, und zu Grundideen der Kybernetik. Er schuf die Lehre von der Physiologie der Aktivität, bei der das probabilistische Modell des Künftigen durch zentral-periphere Kontrollmechanismen realisiert wird. Aufgrund kritischer Bemerkungen zu Gedanken I.P. Pawlows wurde er vor der Pawlow-Konferenz 1950 entlassen, schrieb aber bis zu seinem Tode noch wichtige theoretische Arbeiten. Werke (Auswahl): "Allgemeine Biomechanik" (russ., 1926), "Über den Aufbau der Bewegungen" (russ., 1947), "Grundzüge der Physiologie der Bewegungen und der Physiologie der Aktivität" (russ. 1966; deutsch "Bewegungsphysiologie" 1975).
N.A. Bernstein
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